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202 Weihnacht.

Vom Christbaum hach aus hoffnungsreicher Fern',

In der erfüllten Wünsche vollem Kranz.

Nickt Goldnuß. Marzipan und Mandelstern
Herunter aus der Lichter weh'nvem Glanz.

Die Eltern. Hand in Hand verschlungen, steh'n,

In Liebesfest-Frcud' küssen sie ihr Kind.

Und flüstern: Ehre sei Gott in den Höh'n.

Dm Menschen Fried', die guten Willens sind! —

Doch ausgeträumt bald ist der Jugendtraum,

Der Knabe wird zum Jüngling, wird zum Manne.

Und mit ihm wächst das Christbäumlein zum Baum
Des Lebens auf, zur starken, grünen Tanne.

Zu Nutz und Freude, zu Genuß und Naschen.

Beut uns auch sie viel reicher Gaben Zier,

Nach denen wieder, wie als Kinder wir

Voll Lust und Ernst, voll Gier und Sehnsucht Haschen.

Da lockt auch wieder manche Nuß uns wohl.

Bon Außen goldig und im Innern hohl;

Die Gaben sind die nämlichen geblieben. —

Sie wurden größer nur mit unfern Trieben.

Es wuchs, wie es das Christkind einst bescheert,

Derweil mit uns nur unser Steckenpferd.

Nur schärfer ward der Säbel, den wir führen.

Die Trommel lauter nur. die jetzt wir rühren,

Der süße Mandelstern ist nur zum Orden.

Die Fibel uns zur Dienstpflicht nur geworden.

So Haschen und so naschen um die Wette
Wir von der Lebenstann', so lang Gott lvill,

Bis. abgeklaubt und welk, sie einst uns still
Die Bretter beut zur letzten Ruhestätte.

Wohl uns, wenn nach des Erdenschlafcs Nacht
Auch dort ein schön'rer Christbaum dann uns lacht.

In unvergänglich ewiger Liebes-Zier,

Von Vaterhand geschmückt mit lichten Gaben.

Die hier in Fleiß und Schweiß und Mühen wir
Als Erdenkinder uns errungen haben.

So sei begrüßt, du sinnig holdes Fest.

D'rinn sich das Göttliche in uus'rer Brust,

— Des Wohlthun's schöne, schenkensfrohe Lust, —

Dem Heiland gleich, vermenschlicht niederlüßt
In Saal und Hütte, wie's das Loos beschieden:

Preis Gott dem Herrn, den Menschen Freud' und Frieden!

<s. §.

Die Kaltwasserkur.

Herr Alois Wüsserlich verspürte seit längerer Zeit ein
jämmerliches Gliederreißen. Alles Schmieren mit Opodeldoc,
Chloroform, Franzbranntwein und wie das Teufelszeug weiter
heißt, wollte nicht helfen; er war so steif am ganzen Leibe wie
ein altgebackencs Salzstangl; da rüth ihm der Arzt als letztes

Die Kaltwasserkur.

Rettungsmittcl, sich einer Kaltwasserheilanstalt zur Heilung an-
zuvertraucn.

Wüsserlich ist aber ein ungemein vorsichtiger Mann; er
verschafft sich von einigen dieser Orte die Speisezettel, und
findet darauf alles Mögliche, nur das nicht, was er gerne sich
zu Gemülhe führt; da auch von Wein. Bier und Kaffee in

ihnen keine Spur zu finden ist, so beschließt er. zu Hause zu
bleiben und ferner seinem Wahlspruche nachzuleben, der da
lautet: Lieber gut essen und trinken mit Schmerzen, als am
Ende doch Schmerzen ohne gutem Essen und Trinken.

Aber durch einen glücklichen Zufall erfährt er. daß sich
ein mit dieser Behandlung vollkommen vertrauter Mann in
der Stadt befinde; dieser wird alsogleich berufen, die nöthigen
Vorkehrungen werden getroffen und schon am nächsten Morgen
beginnt das Verfahren in seiner eigenen Wohnung.

Von nun an mag er selbst sprechen, wie er seine Schick-
sale der Abendgesellschaft, welcher er schon seit Jahren ange-
hört. zum Besten gab:

„Also zu allererst, wenn man sich auf den eiskaltnassen
Leintüchern hinstreckt, ist das ei» Gefühl als wenn man sich
auf einem glühenden Sparhcrd uiederlegtc; man möchte im
nämlichen Augenblick in die Höh' schnellen wie ein Spring-
käfer; das geht aber nicht, weil schon der Badwaschl Einem
die Leintücher über der Brust zusammenschlägt; sobald aber
das geschehen ist. wird's Einem auch ganz behaglich warm,

! und liegt man erst in die Kotzen eingcwickclt da, wie ein zum
Backen in Mchltcig hergerichteter Schinken, so ist man förm-
lich vergnügt und verlangt sich's gar nicht besser.

Darauf geht der Wärter fort und nimmt den Schlüssel
zur Wohnung mit.

Mir ist's wirklich ungemein wohlig — eine äußerst an-
genehme Mattigkeit kommt über mich und eben bin ich im
Begriffe einzuschlummern, da setzt sich mir so ein nichtsnutziges
Vieh von einer Fliege auf die Stirn!

Krcuzdonncrwctter! ob's d' weggehst! Ich will mit der
Hand nach dem Kopfe fahren — oho — nichts da — die
Arme sind so eng an den Leib geschlossen, daß von einer Be-
wegung gar keine Möglichkeit; was bleibt also übrig, als durch
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Kaltwasserkur"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 57.1872, Nr. 1432, S. 202
 
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