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Die Rose van Empfingen.
(Fortsetzung.)
Daheim auf seiner Stammveste zu Limburg weilte, in ein-
sames Sinnen verloren, des deutschen Reiches Mundschenk,
Graf Heinrich. Ein nagend Herzeleid mußte des greisen Ritters
Inneres erfüllen, da er, das sorgenschwere Haupt auf den
nervigen Arm gestützt, in dem eichenen Lehnsessel saß.
Die Sonne warf ihre letzten Strahlen durch die Rund-
scheiben, ohne daß der Greis darauf achtete, wie der Tag sich
bereits zur Rüste neigte, als ein Reiter in ritterlichem Gewände
sein Rößlein den Burgpfad hinauf lenkte. Unter buschigen
Brauen schauten mit freundlichem Ernste ein paar hellgraue
Augen hervor. Wer indeß in des Ritters Antlitz näher
hineinschaute, fühlte sich unwillkürlich hingezogen von dem Aus-
druck des frohen Jugcndmuthes und der Treue, so sich auf
demselben ansprägte. Am Ledergehäng klirrte ein langes Schwert;
ein hinter dem Sattel aufgeschnallter Reisesack, über dem unter
schützender Hülle eine Fiedel ruhte, barg des Reiters geringe
Bedürfnisse, der fest und aufrecht in den Bügeln saß, die über
eine, mit dem Bilde eines Vogels geschmückte Satteldecke herab-
hingen.
Der Ankömmling mußte auf des Limburgers Veste ein
wohlbekannter, gerngesehener Gast sein, denn auf des Thurm-
warts schmetternden Gruß rasselte schon die gewaltige Zug-
brücke herab, da sein Rößlein noch eine gute Länge davon
war. Frisch und rüstig sprang er im Burghofe aus dem
Sattel, und schritt, nachdem er dem herzueilenden Stall-
buben die Zügel zugeworfen, auch nicht vergessen hatte,
demselben seines Thieres sorgliche Pflege anzucinpfehlen, klirren-
den Schrittes zur Vorhalle, wo seiner bereits des Limburgers
alter Diener harrte. „Gott zum Gruße, Freund Burchardt,
seid ja, wie ich sehe, noch so leidlich auf den Beinen, — ist Euer
edler Herr daheim?" „Seid willkommen, Herr Ritter, der
Heiland selbst hat Euren Weg zu der Limburger Veste ge-
lenkt; schon seit drei Tagen weilt der Graf, von des Kaisers
Pfalz heimwärtsgekehrt, in seiner Väter Hallen, nie eines
wackeren Freundes bedürftiger, denn jetzt; doch tretet näher,
und schauet selbst, welch' bitt'rer Harm meines Herrn graues
Haupt umwölkt!"
Herr Walther von der Vogelwcide, der zarten Minne und
der deutschen Sitte ruhmgekrönter Sänger, —■ er war es, der
durch die Burgpforte gezogen — folgte dem Alten durch die
wohlbekannten Gänge und Stiegen. Mit Erschütterung blickte
er auf seinen alten, vom Grame gebeugten Gastfreund, der
bei seinem Gruße aus dumpfem Brüten erwachend, ihm mit
trübem Lächeln die nervige Rechte darbot. „Kommst zu einer
Stunde, Freund Walther, da Leid und Trübsal aus der Limburg
ihre Stätte genommen; doch sei mir herzlich willkommen, und
sage, was Dich in meine Veste führt!"
„Habe zu Weinsberg bei dem Hohensteiner, meinem alten
Jugendgenossen, ein paar Tage gehauset, und denke nun, von
meinem fahrenden Leben eine Spanne bei Dir der Rast zu
pflegen, Freund Heinz", erwiederte Jener, des Freundes Rechte
herzlich schüttelnd, „doch sag' an, was Deines Herzens sonst so
frohen Math bedrückt, vielleicht vermag eines Freundes tröstend
Wort und rathende Hülfe der Sorge Last zu erleichtern."
Der alte Burchardt hatte mittlerweile einen Krug alten
Weins herbeigeholt, und während Herr Walther dem edlen
Tranke tapfer zusprach, vernahm er des greisen Limburgers
Bericht. Des Grafen Sohn, Walthers Schüler in der Sanges-
kunst, der junge Albrecht, war von des Kaisers Hofe, allwo er,
höfische Zucht und Sitte zu erlernen, bisher geweilct, seit Mon-
den verschwunden, ohne jegliche Spur zu hinterlassen. Des
Reiches Botschaft hatte den Greis gen Welschland geführt, und
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Die Rose van Empfingen.
(Fortsetzung.)
Daheim auf seiner Stammveste zu Limburg weilte, in ein-
sames Sinnen verloren, des deutschen Reiches Mundschenk,
Graf Heinrich. Ein nagend Herzeleid mußte des greisen Ritters
Inneres erfüllen, da er, das sorgenschwere Haupt auf den
nervigen Arm gestützt, in dem eichenen Lehnsessel saß.
Die Sonne warf ihre letzten Strahlen durch die Rund-
scheiben, ohne daß der Greis darauf achtete, wie der Tag sich
bereits zur Rüste neigte, als ein Reiter in ritterlichem Gewände
sein Rößlein den Burgpfad hinauf lenkte. Unter buschigen
Brauen schauten mit freundlichem Ernste ein paar hellgraue
Augen hervor. Wer indeß in des Ritters Antlitz näher
hineinschaute, fühlte sich unwillkürlich hingezogen von dem Aus-
druck des frohen Jugcndmuthes und der Treue, so sich auf
demselben ansprägte. Am Ledergehäng klirrte ein langes Schwert;
ein hinter dem Sattel aufgeschnallter Reisesack, über dem unter
schützender Hülle eine Fiedel ruhte, barg des Reiters geringe
Bedürfnisse, der fest und aufrecht in den Bügeln saß, die über
eine, mit dem Bilde eines Vogels geschmückte Satteldecke herab-
hingen.
Der Ankömmling mußte auf des Limburgers Veste ein
wohlbekannter, gerngesehener Gast sein, denn auf des Thurm-
warts schmetternden Gruß rasselte schon die gewaltige Zug-
brücke herab, da sein Rößlein noch eine gute Länge davon
war. Frisch und rüstig sprang er im Burghofe aus dem
Sattel, und schritt, nachdem er dem herzueilenden Stall-
buben die Zügel zugeworfen, auch nicht vergessen hatte,
demselben seines Thieres sorgliche Pflege anzucinpfehlen, klirren-
den Schrittes zur Vorhalle, wo seiner bereits des Limburgers
alter Diener harrte. „Gott zum Gruße, Freund Burchardt,
seid ja, wie ich sehe, noch so leidlich auf den Beinen, — ist Euer
edler Herr daheim?" „Seid willkommen, Herr Ritter, der
Heiland selbst hat Euren Weg zu der Limburger Veste ge-
lenkt; schon seit drei Tagen weilt der Graf, von des Kaisers
Pfalz heimwärtsgekehrt, in seiner Väter Hallen, nie eines
wackeren Freundes bedürftiger, denn jetzt; doch tretet näher,
und schauet selbst, welch' bitt'rer Harm meines Herrn graues
Haupt umwölkt!"
Herr Walther von der Vogelwcide, der zarten Minne und
der deutschen Sitte ruhmgekrönter Sänger, —■ er war es, der
durch die Burgpforte gezogen — folgte dem Alten durch die
wohlbekannten Gänge und Stiegen. Mit Erschütterung blickte
er auf seinen alten, vom Grame gebeugten Gastfreund, der
bei seinem Gruße aus dumpfem Brüten erwachend, ihm mit
trübem Lächeln die nervige Rechte darbot. „Kommst zu einer
Stunde, Freund Walther, da Leid und Trübsal aus der Limburg
ihre Stätte genommen; doch sei mir herzlich willkommen, und
sage, was Dich in meine Veste führt!"
„Habe zu Weinsberg bei dem Hohensteiner, meinem alten
Jugendgenossen, ein paar Tage gehauset, und denke nun, von
meinem fahrenden Leben eine Spanne bei Dir der Rast zu
pflegen, Freund Heinz", erwiederte Jener, des Freundes Rechte
herzlich schüttelnd, „doch sag' an, was Deines Herzens sonst so
frohen Math bedrückt, vielleicht vermag eines Freundes tröstend
Wort und rathende Hülfe der Sorge Last zu erleichtern."
Der alte Burchardt hatte mittlerweile einen Krug alten
Weins herbeigeholt, und während Herr Walther dem edlen
Tranke tapfer zusprach, vernahm er des greisen Limburgers
Bericht. Des Grafen Sohn, Walthers Schüler in der Sanges-
kunst, der junge Albrecht, war von des Kaisers Hofe, allwo er,
höfische Zucht und Sitte zu erlernen, bisher geweilct, seit Mon-
den verschwunden, ohne jegliche Spur zu hinterlassen. Des
Reiches Botschaft hatte den Greis gen Welschland geführt, und
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