196
Der Lindebaum.
(Schwäbisch.)
Gegenüber haut se g'wohnet,
Send jung g'wese und derzua
'S Mädle au a blitznett's Mädle
Und der Bua a Dondersbua.
Und so wär's gradzua a Wunder,
Gradzua a Mirakel g'wea,
Hättet net dia beide Leutle
Bald a Liebespaar agea.
Wie lang deß dös Glück häb' dauret?
G'rad sechs Monat und drei Tag!
No hat's g'heiße: „Schnür' dein Ränzle,
Morgen ist dein Wandertag!"
Auf der Höhe vor em Städtle,
Wo man übersieht de Ort,
Ist domols a schöne Linde,
Aber jung no, g'stande dort.
Dohin zeit em Buabe 's Mädle,
Wia-n-er fort muaß, jetzt a's Gleit,
Beide hant koin Wort net g'sproche,
Thränen, dia hant alles g'seit.
Aber wo ihr schattig's Laubdach
Selle Linde spreitet aus,
Hant se Halt g'macht und der Bua zieht
Aus der Hos' sein Messer raus:
Wo derzua? — Er hat in d' Rinde
G'schnitte 'nein a's Wörtle TREU'
Und zwei Flammeherzle druntert
Nau, daß g'wiß nex fehl' derbei.
Auf dös nan viel taused Küß no,
Und viel taused Ach und Weh,
Und auf einmal hat de Buabe
'S Mädle g'sea und nimme meh.
Seit der Zeit ist feiler Linde
Manches Jahr vorüberg'rauscht,
Und sc hat von Welt und Lebe
Viel Erfahringe eintauscht.
Manches hat se kenne lerne,
Gnetes viel, doch Böses meh.
Und vom Böse thuet ihr Ebbes
Meh als alles andre weh:
Wo a's Wörtle TREU' ist g'stande,
Steht blos no a's Wörtle REU',
Und anstatt der Flammeherzle
Send's zerriss'ne Herzle zwei.
Wer von Beide schuld ist g'wese,
Weiß er net, der Lindebaum;
Dös, dös wisset no die Beide,
Und die wisset'? vielleicht kaum.
©. 5
r.
Der Lindebaum.
(Schwäbisch.)
Gegenüber haut se g'wohnet,
Send jung g'wese und derzua
'S Mädle au a blitznett's Mädle
Und der Bua a Dondersbua.
Und so wär's gradzua a Wunder,
Gradzua a Mirakel g'wea,
Hättet net dia beide Leutle
Bald a Liebespaar agea.
Wie lang deß dös Glück häb' dauret?
G'rad sechs Monat und drei Tag!
No hat's g'heiße: „Schnür' dein Ränzle,
Morgen ist dein Wandertag!"
Auf der Höhe vor em Städtle,
Wo man übersieht de Ort,
Ist domols a schöne Linde,
Aber jung no, g'stande dort.
Dohin zeit em Buabe 's Mädle,
Wia-n-er fort muaß, jetzt a's Gleit,
Beide hant koin Wort net g'sproche,
Thränen, dia hant alles g'seit.
Aber wo ihr schattig's Laubdach
Selle Linde spreitet aus,
Hant se Halt g'macht und der Bua zieht
Aus der Hos' sein Messer raus:
Wo derzua? — Er hat in d' Rinde
G'schnitte 'nein a's Wörtle TREU'
Und zwei Flammeherzle druntert
Nau, daß g'wiß nex fehl' derbei.
Auf dös nan viel taused Küß no,
Und viel taused Ach und Weh,
Und auf einmal hat de Buabe
'S Mädle g'sea und nimme meh.
Seit der Zeit ist feiler Linde
Manches Jahr vorüberg'rauscht,
Und sc hat von Welt und Lebe
Viel Erfahringe eintauscht.
Manches hat se kenne lerne,
Gnetes viel, doch Böses meh.
Und vom Böse thuet ihr Ebbes
Meh als alles andre weh:
Wo a's Wörtle TREU' ist g'stande,
Steht blos no a's Wörtle REU',
Und anstatt der Flammeherzle
Send's zerriss'ne Herzle zwei.
Wer von Beide schuld ist g'wese,
Weiß er net, der Lindebaum;
Dös, dös wisset no die Beide,
Und die wisset'? vielleicht kaum.
©. 5
r.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Lindebaum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 58.1873, Nr. 1457, S. 196
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg