Vom Michel und sein' großen Herzen,
narrisch's Weiberl war's immer, die Trudel und niemals nit
is man so recht g'scheidt worden aus ihr.
„Hörst, Michel," hebt's jetzt an, ,,i' glaub'. Du bist
verrückt? Hast D' denn auf d' reiche Braut vergessen, die i'
Dir aus'n Karten heraus prophezeit Hab?"
„Laßt's mi' aus mit die Karten, Trudel-Mahm!" brummt
der Michel, „die Bucklete Hab' i' abg'speist, meine Schlag Hab'
i' 'kriegt, und nach'm andern g'lüst's mi' nimmer. Sagt's
Enkern Freiwerber nur g'rad' heraus, mit der Lenerl wär's
nix, die g'haltet i' für mich selber und kein And'rer kricgct's,
dös schwör i' auf's Kruzifix!"
Die Alte schaut'n jetzt pfiffig von der Seiten an und fragt,
nur so wie nebenbei:
„Weißt D' denn aber auch, ob Dich d' Lenerl haben
möcht' zum Mann? I' mein just nit. Sie hat ja nit einmal
'tanzt mit Dir aus'm letzten Kirchtag."
Da wird der Michel giftig und sagt: „Laßt's mich aus
mit die Flausen, Trudel-Mahm! Dös war nur Enkcr Werk.
Ihr habt's dem Lenerl verboten, mit mir z'tanzen und i'
weiß auch z'wegen was. Aber — b'halt's Enk die g'wiße
Herzdam' mit sammt ihr'm Geldsack, i' pfeif' d'rauf! I' bin
g'sund und stark — an weh! — Hab' meine g'raden Glieder
und kann also arbeiten für Weib und Kind, so daß die kein'
Hunger z'leidcn brauch'«. Mir is auf einmal der Knopf auf-
'gangen im Hirn und darum Punktum und Streusand d'rauf!"
_ _ (Schluß folgt.)
Chri stbau m.
Verborgen stand ich, von Schnee bedeckt.
Vom Sturme gebeugt in der Nacht,
Ich habe sehnend die Arme gestreckt
Und des kommenden Frühlings gedacht.
Nun haben sie mich mit der Axt gefällt.
Zerstört meinen einsamen Traum,
Sie haben mich hieher gestellt
In den warmen, lichtstrahlcnden Raum.
Wohl wollt' ich ihm zürnen im dunklen Tann,
Vor dessen Hieb ich sank.
Jetzt aber sag' ich dem armen Mann,
Der mich verkaufte. Dank;
Denn reich mit Früchten steh' ich geschmückt.
Mit Lichtern und farbigem Band,
Und Kinder, von seliger Lust entzückt.
Sie strecken nach mir die Hand.
Was still ich träumte von Lenz und Licht,
Zur Wahrheit geworden ist's heut' —
Denn seliger nichts, als ein Kindergesicht,
Das des leuchtenden Christbaum's sich freut.
u. piiris.
Künstlerische Anlagen. 199
„Könnten Sie mir keinen Rath geben, Herr Präceptor,
was ich aus meinen! Sohn machen soll?" — „Warum nicht,
machen Sie einen Thiermaler aus ihm!" — „Wie, was,
einen Thiermaler? Haben Sie an ihm besonders künstlerische
Anlagen entdeckt?" — „Nun, das gerade nicht! Aber so oft
er eine Feder in die Hand nimmt, macht er eine Sau!"
Grobe Höflichkeit.
Hauptmann (einen Avantageur dem Unteroffizier zur Ab-
richtung übergebend): „Behandeln Sic ihn anständig — der
Kerl ist ein Baron!"
Nachtgedanken.
Die Schule des Lebens spendet
Reifster Erfahrung Ernte,
Doch wo wird einst verwendet,
Was ich in ihr erlernte?
Wann bin einmal ich fertig,
Kann ausgebildet heißen,
Wie viele Hosen werd' ich
Ans der Bank noch zerreißen?
Doch macht für all dieß Wissen
Der Preis mir stille Qualen,
Ich werd' als Schulgeld müssen
Das Leben selbst bezahlen. Craffus.
Eingegange n.
Er: „Liebes Kind, thu' doch in Zukunft etwas Eichorie in
den Kaffee!" — Sie: „Aber lieber Mann, ich habe ja heute
ein großes Stück hineingethan!" — Er: „So so, nun weiß
ich doch, woher der Kaffee immer so miserabel schmeckt!"
M e t a m o r p h o s e.
„Es ist merkwürdig, wie die modernen Meubel schwinden!
Kauf' ich mir da kürzlich einen ganz neuen, polirtcn, einthürigen
Kleiderkasten, und als ich ihn einige Tage nachher wieder an-
schau', war er ein — Nachtkttstch en."
25*
narrisch's Weiberl war's immer, die Trudel und niemals nit
is man so recht g'scheidt worden aus ihr.
„Hörst, Michel," hebt's jetzt an, ,,i' glaub'. Du bist
verrückt? Hast D' denn auf d' reiche Braut vergessen, die i'
Dir aus'n Karten heraus prophezeit Hab?"
„Laßt's mi' aus mit die Karten, Trudel-Mahm!" brummt
der Michel, „die Bucklete Hab' i' abg'speist, meine Schlag Hab'
i' 'kriegt, und nach'm andern g'lüst's mi' nimmer. Sagt's
Enkern Freiwerber nur g'rad' heraus, mit der Lenerl wär's
nix, die g'haltet i' für mich selber und kein And'rer kricgct's,
dös schwör i' auf's Kruzifix!"
Die Alte schaut'n jetzt pfiffig von der Seiten an und fragt,
nur so wie nebenbei:
„Weißt D' denn aber auch, ob Dich d' Lenerl haben
möcht' zum Mann? I' mein just nit. Sie hat ja nit einmal
'tanzt mit Dir aus'm letzten Kirchtag."
Da wird der Michel giftig und sagt: „Laßt's mich aus
mit die Flausen, Trudel-Mahm! Dös war nur Enkcr Werk.
Ihr habt's dem Lenerl verboten, mit mir z'tanzen und i'
weiß auch z'wegen was. Aber — b'halt's Enk die g'wiße
Herzdam' mit sammt ihr'm Geldsack, i' pfeif' d'rauf! I' bin
g'sund und stark — an weh! — Hab' meine g'raden Glieder
und kann also arbeiten für Weib und Kind, so daß die kein'
Hunger z'leidcn brauch'«. Mir is auf einmal der Knopf auf-
'gangen im Hirn und darum Punktum und Streusand d'rauf!"
_ _ (Schluß folgt.)
Chri stbau m.
Verborgen stand ich, von Schnee bedeckt.
Vom Sturme gebeugt in der Nacht,
Ich habe sehnend die Arme gestreckt
Und des kommenden Frühlings gedacht.
Nun haben sie mich mit der Axt gefällt.
Zerstört meinen einsamen Traum,
Sie haben mich hieher gestellt
In den warmen, lichtstrahlcnden Raum.
Wohl wollt' ich ihm zürnen im dunklen Tann,
Vor dessen Hieb ich sank.
Jetzt aber sag' ich dem armen Mann,
Der mich verkaufte. Dank;
Denn reich mit Früchten steh' ich geschmückt.
Mit Lichtern und farbigem Band,
Und Kinder, von seliger Lust entzückt.
Sie strecken nach mir die Hand.
Was still ich träumte von Lenz und Licht,
Zur Wahrheit geworden ist's heut' —
Denn seliger nichts, als ein Kindergesicht,
Das des leuchtenden Christbaum's sich freut.
u. piiris.
Künstlerische Anlagen. 199
„Könnten Sie mir keinen Rath geben, Herr Präceptor,
was ich aus meinen! Sohn machen soll?" — „Warum nicht,
machen Sie einen Thiermaler aus ihm!" — „Wie, was,
einen Thiermaler? Haben Sie an ihm besonders künstlerische
Anlagen entdeckt?" — „Nun, das gerade nicht! Aber so oft
er eine Feder in die Hand nimmt, macht er eine Sau!"
Grobe Höflichkeit.
Hauptmann (einen Avantageur dem Unteroffizier zur Ab-
richtung übergebend): „Behandeln Sic ihn anständig — der
Kerl ist ein Baron!"
Nachtgedanken.
Die Schule des Lebens spendet
Reifster Erfahrung Ernte,
Doch wo wird einst verwendet,
Was ich in ihr erlernte?
Wann bin einmal ich fertig,
Kann ausgebildet heißen,
Wie viele Hosen werd' ich
Ans der Bank noch zerreißen?
Doch macht für all dieß Wissen
Der Preis mir stille Qualen,
Ich werd' als Schulgeld müssen
Das Leben selbst bezahlen. Craffus.
Eingegange n.
Er: „Liebes Kind, thu' doch in Zukunft etwas Eichorie in
den Kaffee!" — Sie: „Aber lieber Mann, ich habe ja heute
ein großes Stück hineingethan!" — Er: „So so, nun weiß
ich doch, woher der Kaffee immer so miserabel schmeckt!"
M e t a m o r p h o s e.
„Es ist merkwürdig, wie die modernen Meubel schwinden!
Kauf' ich mir da kürzlich einen ganz neuen, polirtcn, einthürigen
Kleiderkasten, und als ich ihn einige Tage nachher wieder an-
schau', war er ein — Nachtkttstch en."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eingegangen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1883
Entstehungsdatum (normiert)
1878 - 1888
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 79.1883, Nr. 2004, S. 199
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg