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Stadtarchäologie in Braunschweig — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 3: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.57459#0192
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mentbereich zwei holzverzimmerte Gerbergruben ein-
getieft.
5 Fundstellen erschließen Kemenaten, von denen eine
bis dahin nicht bekannt war11.
13 Fundstellen beziehen sich auf Wasserläufe, z.T. ab-
weichend von dem bisher bekannten System (Abb. 1).
Die Fundstellen ergeben insgesamt, daß sie nur Teil-
aspekte der Stadtentwicklung erhellen können, dennoch
vermitteln sie neue Erkenntnisse12. Beispielsweise er-
schloß eine Kirchengrabung ein frühes vorstädtisches
Zentrum: Die Grabung in der Jakobskapelle13, deren
Ergebnisse die Ausgräber damals bis in die Karolinger-
zeit glaubten zurückverfolgen zu können. Hinzu tritt
jetzt die St.-Ulrici-Kirche auf dem Kohlmarkt14, die
nun mit im Blickpunkt der frühen Entwicklung der
Stadt steht.
Die Datierung der Jakobskapelle nach der Grabung
von 1954 erfolgte aufgrund der spärlich vorhandenen
Keramik, die aber bisher nicht publiziert wurde und
jetzt im Zusammenhang mit den Funden aus der neuen
Grabung zu bewerten sein wird. Ihr zeitlicher Ansatz
vor 1000 ist unzweifelhaft.
Die wenigen älteren Funde aus der Grabung am Acker-
hof haben besonders aus dem Bereich des Brunnens ei-
nige Scherben geliefert, die/7. Niquet in das 10. und ei-
nige vielleicht sogar in das 9.Jh. stellte15.
Man möchte jedoch in der Beurteilung dieser Keramik-
funde mit sehr kleinen Beständen solange noch zurück-
haltend sein, bis größere Komplexe, wie etwa die Ke-
ramik der Pfalz Werla oder des Klosters Brunshausen,
wo am ehesten schlüssige Datierungen zu erwarten
sind, abschließend bearbeitet sind.
Die anderen, zahlenmäßig überwiegenden Befunde aus
der Altstadt Braunschweigs, sind eher spärlich in ihren
Ergebnissen zu bewerten. Hie und da ist ein Brunnen,
eine Kloake oder ein verlandeter Wasserlauf überlie-
fert. Die Fundbergungen boten nur sehr beschränkte
Einblicke in die Entwicklung der jeweiligen Fundsta-
tion. Wesentliche Befunde eröffneten sie nicht, eher ei-
nen Zugriff auf Fundmaterialien aus verschiedenen
Jahrhunderten. Dominieren solche des späten Mittelal-
ters und der frühen Neuzeit, lassen sie zumindest
Rückschlüsse auf den Hausrat in Braunschweig in den
betreffenden Zeitabschnitten zu.
Dies ist besonders in solchen Fällen möglich, wo Be-
funde eine zeitliche Begrenzung erlauben. Als Beispiel
kann die Fundstelle Schuhstraße 24 dienen, die 1950 er-
schlossen wurde. In der Baugrube wurde eine Senk-
grube festgestellt, die teilweise durch eine jüngere
Grundmauer gestört war. Die Abfallgrube wurde nur

noch in ihren unteren Partien erfaßt. Sie war ohne Ein-
bauten unregelmäßig tief in den gewachsenen Boden
eingegraben, im Grundriß aber ursprünglich annä-
hernd rechteckig. Ihre Einfüllung war durch eine Sand-
füllung untergliedert und an einer Stelle fand sich der
Teil eines Holzgeflechtes.
Da nur ein unterer Teil der Senkgrube intakt angetrof-
fen wurde, kann das Fundmaterial daraus nur als zeit-
gleich angesehen werden. Es fanden sich Lederreste
von Schuhen, zahlreiche Teile von Daubenschalen,
Holzschalen, anderem Holzgerät und Keramik. Signi-
fikant sind zwei Kugeltöpfe aus blaugrauer Irdenware
ohne oder mit nur schwach angedeuteten Gurtfurchen
(Abb. 4, 2-3), die den Fundkomplex datieren. Nach
anderen Funden aus Braunschweig und durch Parallel-
funde gehören diese in die Zeit um 120016.
Entsprechend sind die Holzgeräte einzustufen. Es han-
delt sich um Schalen, die innen gedrechselt, außen aber
nur behauen sind (Abb. 4,1). Andere sind beiderseitig
gedrechselt (Abb. 4,7). In einem Fall ist auch ein Holz-
teller mit gezacktem Rand belegt. Schon aus älteren
Fundkomplexen sind die hier umschriebenen Formen
bekannt17 und belegen damit die Langlebigkeit von
Holzgerätformen, die sich der hier auswahlweise vor-
gelegten Keramik anschließen.
Bemerkenswert ist ferner, daß auf den Böden z.T.
Marken erkennbar sind, teilweise geschnitzt (Abb. 4,
7), eingebrannt und eingeritzt. Zusätzlich weisen einige
Teller Spuren von Brandeinwirkung auf. Eine abschlie-
ßende Deutung der Markierungen bietet sich bisher
nicht an (vgl. auf Abb. 5).
Außerdem gibt es aus der Fundstelle einige Geräte,
z.B. einen Kochlöffel (Abb. 4,5), ein Rührholz (Abb.
4,6) und einen Kreisel (Abb. 4,4).
Aus dem Fundverband stammt auch ein Scheuer (Ku-
gelbecher mit Hohlfuß), der einen jüngeren Eindruck
vermittelt18, allerdings eine sehr seltene Form belegt,
die daher chronologisch nur schwer einzuordnen ist
(Abb. 4,8). Neuerdings ist dieser aber aus dem 13.
Jahrhundert bekannt19.
Von anderen Fundstellen stammen z.T. wesentlich
kompliziertere, chronologisch aber auch besser aus-
wertbare Befunde, die noch nicht abschließend bear-
beitet sind. Nur ein Beispiel wird noch angeführt, von
der Fundstelle Gördelingerstraße 49 (Baustellenunter-
suchung 1953). Hier wurden u.a. Kellerwände von
Vorgängerbauten freigelegt, wobei an zwei Stellen je-
weils zwei eingemauerte Grapen mit Innenglasur (des
17. Jahrhunderts) beobachtet wurden (Abb. 6). Sie wa-
ren mit der Öffnung in den Kellerraum gerichtet und
dürften nach Beurteilung des Ausgräbers A. Tode zur
Ablage gedient haben, also nicht in Verbindung mit der

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