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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0239
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ORIGINALE FARBFASSUNG

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auf sie treffende Licht reflektieren. Ähnlich wurde
am Schwert der Justitia und beim Anker der zwei-
ten weiblichen Figur mit Bleiglanz verfahren.
An anderer Stelle mengte man extrem fein gerie-
benes oder im anderen Falle gestoßenes Glas oder
Calcit bei, um die Farben so noch transparenter zu
machen. Durch diese unterschiedlichen Zuschlag-
stoffe konnten auch unterschiedliche Reflexionen
erreicht werden, mit denen reizvolle Effekte erzielt
wurden. So hat man den Diamanten unterhalb des
Kriegers mit feingemahlenem Glas und Schwarz
gefaßt, wodurch ein steinähnlicher Charakter ent-
stand. Die Haare der Maske dagegen, auf der Vor-
derseite des Schaftes, enthalten gröber gestoßenes
Glas, um das Tiefenlicht zu steigern.
Auf dieser Untersuchung fußend war man be-
müht, die originale Polychromie mit den damals
angewandten Materialien und Techniken wieder
herzustellen, um dem Betrachter die Figuren und
Ornamente in der vom Künstler gewollten Farbig-
keit wieder vor Augen führen zu können. Noch
während der laufenden, oben geschilderten Unter-
suchung wurde mit den Freilegungsarbeiten vor
Ort begonnen. Die Bemalung, die 1968 aufgebracht
worden war, galt es zu entfernen. Immer mit der
Hoffnung, bei großflächigem Vorgehen auch an-
sehnlichere Reste der originalen Farbigkeit zu
finden, führte man dies sehr behutsam auf chemi-
schem Wege durch. Allerdings bewahrheitete sich,
daß in früheren Zeiten wirklich sehr gründlich alle
Farbschichten entfernt worden waren.
Statt dessen konnten lediglich zwei Arten der
Holzbehandlung nachgewiesen werden. Bei der äl-
teren handelt es sich wohl um eine Imprägnierung
mit Leinöl. Darüber lag eine, besonders an ge-
schützten Stellen sehr dicke Schicht Teeröl, wie es
etwa auch zur Konservierung von Eisenbahn-
schwellen lange Zeit verwandt wurde. Es fiel als
Nebenprodukt in Kokereien und Gaswerken bei
der Destillation von Steinkohle an. Dieser Anstrich
hatte den Figuren das oben erwähnte dunkelbraune
bis schwarze Aussehen verliehen. Der Teer muß da-
mals, um eine größere Eindringtiefe zu erlangen, in
sehr heißem Zustand aufgebracht worden sein, wie
sich an der mit kleinen Bläschen durchsetzten
Oberfläche zeigte. Um ein späteres Durchschlagen
dieses dunklen Teerstoffes durch die anzulegende
Fassung zu verhindern und um einer Rißbildung in
den neuen Farben vorzubeugen, mußte jetzt bei der
Restaurierung auch diese Schicht unter hohem
Zeitaufwand entfernt werden, zumal sie die Fein-
heiten der Schnitzarbeiten an vielen Stellen voll-
kommen überdeckte.
Erst nach der vollständigen Beseitigung dieser
Schichten zeigte sich, in welch schlechtem Zustand
die Holzteile sich befanden und wie dringend not-
wendig eine konservatorische Behandlung anstand,

243 Spes-Caritas, Endzustand.


um dieses Objekt in seiner Substanz weiter zu er-
halten.
Jetzt erst traten die zahlreichen alten, inzwischen
versprödeten Kittungen zu Tage. An vielen Stellen,
wo das Holz zum Teil starke Risse gebildet hatte,
waren bei früheren Maßnahmen Holzergänzungen
in Form von Ausspanungen eingeleimt worden, die
man mit dem Schnitzmesser plastisch der Umge-
bung angepaßt hatte. Durch das Arbeiten des Hol-
zes waren diese Keile zum größten Teil inzwischen
gelockert. Sämtliche alte Kittungen und Ausspa-
nungen wurden entfernt.
Durch ein Reißen des Holzes war der Krieger am 239
schwersten in Mitleidenschaft gezogen. An seiner
rechten Seite hatte sich vom Rankenfeld über dem
Kapitell bis hin zum unteren Rand seines Gewan-
des das Holz aufgespalten. Die Figur war vom
Künstler damals aus Kernholz geschnitzt worden,
das sich nun dreiecksförmig von der Oberfläche bis
zum Mittelpunkt des Stammes geöffnet hatte. Hier
fehlten also keine Originalteile, sondern sie klafften
bis zu 8 cm auseinander. Dieser Riß und alle Fehl-
stellen wurden mit einer Holzergänzungsmasse auf 240
Epoxidharzbasis ausgefüllt. Dabei hat man die 241
jeweiligen Anschlüsse an das Original vorher mit
Injektionsharz als Haftvermittler behandelt. Beson-

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