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Unser Landsturm im Hennegau — 1.März 1916 - Februar 1917

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Hefte 18-22, Juli 1916
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-Uns-. e-ndft°r» W Im s-n°-.



Nun ab«r 'ran an d-n Feind! Nein, noch nicht!

Wir fahren nach Longcrich, sollen dort verpfiegt werden. Rund g-hts
um die Neustadt. Da halten wir kurz vor der Einfahrt zum Westbahn-
hof. Aus den Häusrrn, dem Bahndamm gegenüber Tüch-rschwenken,
Winken, Rufen. Ein AuSsteigen ist streng verbotcn. Patrouillen gehen
am Zug entlang. Aber da kommen schon die kleine», kölschen Bengels
«it Liebesgaben den Damm hinauf, laufen am Zuge vorbei und reichen
Eigarren, Cigarettcn, Chokolade. Da langen die Händc der Land-
stürmer zu, denn so was kann gebraucht werden. Nach ungefähr einer
Liertelstundr geht'S weiter. Recht so, cs wird kein Halt mchr gemacht.

1L Uhr treffen wir in Longerich ein. Hier dampfen schon die Kesscl.
Aussteigen heißt's. Wir treten mit Kochgeschirr an, um daS „lcckere
Züppche", wie ein Kamerad es immcr scherzhaft nennt und cin Paar
Bockwürstc in Empfang zu nehmen. Danach gibts noch Bier. Wo
kommt's hcr? Eine feuchte Spende ist's von einem lieben Kameraden.

Eine Flicgertaube kreist über uns. Sie ist ungefährlich, macht nur
Probeflüge vom nahen Butzwciler-Hof aus. 1,30 Uhr Abfahrt nach
Herbesthal. Daher zurück über Ehrenfeld. Zum letzten Male nehmen wir
das Weichbild unserer gcliebten Vaterstadt, den Dom, alle die andcrnTürme
»«d Kirchen in unS auf.

Mit einem letzten, anstrcngenden Seufzer zicht dic Maschine den
langen Zug durch dic scharfe Kurve. An den Bahnübergängcn in Ehren-
feld haben sich noch Bekannte eingefundcn. Flüchtigc Grüße werden
«usgetauscht.

Nun geht'S über den hohen Damm bei Lovenich und bald kündet ein
Pfifs der Lokomotive den KönigSdorfer Tunnel an. Da umfängt uns
schon ägyptische Finsternis. Oualm dringt durch die offcnen Fenster in
den Wagen. Es wird wieder hcll. Abcr bald senkt stch der Abend auf
di« Fluren. Vorwärts geht's, doch langsam, sehr langsam. An Düren,
Gschweilcr, Rothe Erde vorbei. Jn Aacheu umfängt uns schon die Nacht.

Jch lchnc mich zum Fcnster hinaus. Wenig Lebcn. Einige Mädchcn
»om „Rotcn Kreuz" kommen mit dampfendem Kaffce, um ihn den wenigen,
«och wachrndcn Kamcraden anzubieten. Auf dcm andern Gleise ein
TruppentranSport zur Front. Alles junge Leuie. Sie singeu noch,
licgen dichtgcdrängt in den Fenstern. Fahren vor uns ab.

Endlich geht'S auch mit unS weitcr. Schnaubcnd zieht die Lokomotivc
«n. Sie kommt nicht v»n der Stclle. D»ch am Schlusse dcs Zuges
drückt die Hilfsmaschine. Hintcr Aachen gewaltigc Steigung bis Herbcs-
thal. Langsam keuchen die Lokomotiocn den Berg hinan.

Jm Wagen schläft allcs. Unser Kamerad Sägebock hat einen mäch-
tigen Stamm in Arbeit. Für dcn Untcrstand bestimmt. Aechzend fährt
die Säge durch den Balkcn. Dic Spänc fliegen. Auch ich vcrsinke bald in
Schlummcr, schlafe bald s» fest, daß ich erst bci Hellwcrden crwache. Da
läuft dcr Zug schon in Herbesthal ein.

Es ist 7 Uhr vormittags am 8. Oktober.

Nun wird'S aber lebcndig. Kaffee gibts und ein großeS Stück Fleisch-
«urst. Auch bietct sich Gelegcuheit, den äußeren Menschen einmal zu re-
gieren. Handtuch und Scife heraus und dann zu den großen Bütten mit
Wasser. O, wie erquickl das kühle Naß Stirne und Augen. Nach cin-
stündigcm Aufenthalt weiter. Jetzt wird die Situation ernst.

Die Gewehre werdcn gcladen und mit einem drcifachen Hurra pas-
fieren «ir die Brückc in Welkenraedt. Wir sind auf feindlichem Boden.
Jn Bclgien. „Deutschland, Teutschland üb-r Alles" stimmen wir an.
Es geht Lüttich entgegcn. Durch romantische Gegcndcn, an Vervicrs «nd
Pepiuster mit früher lohendcn Effen vorüber. Sie licgen jetzt still. Kcin
Schlot raucht. Ein Tunnel folgt nach dcm andcrn. Es sollen 11 scin.
Ein zerschoffenes Schl»ß «uf einem Bergesabhang.

C'est la guerre.

Nun kommt Lüttich.

Das Bild deS Generals von Emmich, des tapfcren Er»berers steigt
»or mir auf. Hinter Lüttich, rechts von mir, ziehrn sich noch Drahtver-
haue hin. Jn der Ferne ein Fort. Vernichtet. Sonst nichts, waS
an den Krieg erinnert. Am Nachmittag trcssen wir in Landen ein. Hier
gibt's Berpflegung. Aber wir sind von dcr Suppe nicht sehr erbaut.

ll« 8 Uhr geht'S weitcr über Tirlemont. Hier sehen wir die ersten,
grißern Anzeichen de» Kampfes. Deutlich erkcnnen »ir, welche Straße der
Giegcr gezogen. Niedergcbraunte Häuscr, Einzcl- «nd Maffengräber
»on Grfallencn.

Um 6 Uhr läuft der Zug in Löwen cin. Ein Spruch der Schrift
kommt mir in den Sinn. Jch habe ihir irgendwo gelesen:

« lnciicsbit in ncltionibus, implebit ruinss, »
Lonquasssbit capitn in terrn multorum.

Er wird richten unter den Dölkcrn und sie mit Ruinen füllen
Und die HSuptcr vieler zu Bodcn schmettcrn".

Rund um den Bahnhof alles in Trümmer. Neben dem herrlichen
Rathause, das wie ein Wunder noch steht, die zcrschossene Kathcdrale.
Blinde Bolkswut trägt die Schuld.

Ansichtskartenverkäufcr laufen den Zug entlang. Jch kaufe wclchc.
Schreibe einige Zeilen an die Licben zu Hausc. Nach kurzem Aufent-
halt geht's wcitcr. Dic Abenddämmerung kommt. Unterwegs hält
der Zug noch verschiedene Male. Da kommen Belgier auS den am
Bahndamm licgendcn Gärten. Sic bicten Traubcn an. Brüffelcr
Trauben. Jch erstcigcre eine für 50 CcntimeS. Herrliche Erfrischung.
Abends 10 Uhr sind wir am Bahnhof Schacrbeck bei Brüffel. E» gibt
heißen Kaffce. Der Kopagnieführer versammelt die Kopagnic und gibt
bekannt, daß Franktircurbanden gemeldet sind. Lichter seicn während der
Fahrt zu löschen.

Da noch ein Unglück. Ein Kamerad meiner Korporalschaft verst«ucht
sich den Fuß. Er muß zurückbleiben. Unter uns herrscht ziemliche Auf-
regung. Der Schlaf will nicht kommen. Fest umfaßt die Faust das
Gewchr. ' (Schluß folgt.)

Die Teeschlacht am Skagerrak den S1. Mai 1V16.

Von Leo Meyer.

Old England ! Jung Deutschland! Das ist der Tag.

Da Jhr Euch maßet am Skagerra k
An Jütlandküstc da trafet Jhr Euch
„Klar zum Gcfecht" hieß Parole zugleich.

Der Fcind in Sicht „Klar zum Gefecht"

Da freuten fich unsere Blaujacken recht
Dcnn heute galt's, dem Fcind zu zeigen
WaS Deutschland ist, auf allen Breiten

Gepanzcrte Krcuzcr zich'n kühn einher
U — Boote flitzen kreuz und quer
Es folgt ein Kampf wie nie zuvor
Wo England, seinen Ruhm verlor.

Schwer schlagen die deutschen Geschoffe cin
Torpedos schwirren hinterdrein
Vicl Feindesschisic sinken ins Meer
Stolz wchcn die dcutschen Flaggeu cinher.

Furchtbarcn Verlust hat dic Feindesmacht
Eins wie zu Drci ; so stand dic Schlacht
Old England bald die Flucht crgriff
Es denkt noch oft an Hornsriff.

ES sank ins naffe kühlc Grab
Gar manchcr Held der scin Lcben gab
Mit goldnen Lettern man später wird lescn
Wcr Siegcr und Hclden oom Skagcrrak gcwesen.

Feldgrane Turuer in Feiude-land.

Wie ich eineS Morgcns durch die Straßcn oon Lille wandere, endrcke
ich überall kleine rote Plakate. Ncuc Bekanntmachungcn des Gouverne-
ments an die Zioilbevölkerung? Neugierig trete ich hcrin und lese:
Deutscher Turnabend im Pal«is Rameau. AuS-
kunst wird im Soldatenheim erteilt. Hirr angekommen treffe ich dcn Leitcr
de» HeimS, der, v»llcr Fcuereifer zu mir mcint: „Sie müffen auf jrde«
Fall kommen und sich daS ansehen!" Und so «andere ich an einem
herrlichen Sommerabcnd den Boulevard entlang hin zu« P«lais Dauban
 
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