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Unser Landsturm im Hennegau — 1.März 1916 - Februar 1917

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Hefte 49-52, Februar 1917
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Aaser LaydßrrrrL

tm Serraeaarr

R««»er 4»

«fS Bitten, es hilft nichrs; da nährrt sich ein Offizier und fragt mich
«ch meine.m Reisrjiel; er oerlangte auch meine Papiere. Rach kurzer
»nsforschung gibt er mir den Weg nach Bauffioul? frei.

Saidnle» vom 3S. Jnfanterie-Regiment haltm die Ueberfahrt nach
Ormont beseht; mu Erd« beladcne Wagen oersperren die Straße nach
Ac»j, Fubrikmauern find umgelcgt und gesprengt, ein Haus zeigte durch-
gebrochene Schießscharten, wo eben Soldaten Maschinen zcivehre in
Etellung bringen; Melderriter kommcn im gestreckten Galopp, arme
Verwundeten sihen auf dem Trottoir und, umwickeln ibre verletzten
Glirder mit Gasrbiyden.

Malerische BiwakplLhe, improvifierte Schuhhütten, das ganzc Lager-
leden entrollt sich oor unsern Blickrn entlang dcr Straße; Soldatenwitze,
«uotere Zurufe tSnen uns entgegen, fröhliches Lachcn oom MilitSr zum
Zivil.

Plöhlich sieht'alles in die HSHe, eine schwarze .Taubc" hebt sich ab
oom Azurblau des strahlenden Morgenhimmels. Znm Kuckuk, was soll
da» heihen, Flintenschüffe und Kanonendonner. Man fühlt den Ernst
der Siunde und die Nähe des gcfürchteten Krieges. Niemand zweifelt,
daß Morgen eine blutige Schlacht geschlagen wird.

Ueberall haben sich französische Batterien eingegrabrn, zu Brinont, zu
Presles, im BZalde oon Malagnes, gegen Mchmittag mischen sic sich ins
Echlachtenkonzert und dic Granaten hageln nachLambusart und Farciennes.
2« Waldc oon Midiöres, an der Dierwcgegabel, zwischen den Höfen
»vn Blanchc-Borne und Gomborgniau werden SchützengrLben vom
11S Jnfanteric Rrgimcnt ausgehoben und die Geschütze brüllcn unauf-
HLrlich weiter, hegleüet vom Gegacker der Maschinengewehre, welche die
deutschen Taubcn beschießen.

Die Artillrrie fLhrt auf am WaldeSsaum auf der Straße oon Couillet
nach Acoz, 'U'iterstützungstrupps liegen bei Lausprelle, Joncret, bis nach
SerpimmeS und FareieüneS. ,

Der Oberstleutnant oom 3S. Regiment hat sich im Rathause von
Bouffioulx einhuarkitrt, und der großc Platz vorm Rathaus ist ooll von
Feldlazaretten. KriegSgeräte und einer Keldschlächterei. Auch ein Dete-
rinär hat seine Ärbeitsstäkte dasclbst aufgeschlagen, ein blutjunger Kerl,
«drnfo geschickt, wie elegatrt.

Grgen 6 Nhr konimen dic ersten vcrwundeten Franzosen, der Korporal
Auzon mit 8 Mann. Doch kaum auf der Mitte der Brücke von Pont-
« Loup anapkommen, hat sir der Hagel der Maschinengewehre hingestreckl.
Nun widmet ihnen der Arzt Desmannet alle Sotgfalt. Älles steht um
die Krankenträger und fragt ste aus

»Wo flnd die Deutschen? Sind'S viel? Rücken sie vor

,Ja, es stimmt, sie sind da, und in großer Zahl, aber sie werdcn zu-
rückg.-schlagen."

Jn der folgenden Nacht nur wenig« Stunden Ruhc, und die noch ge»
st-rt vom Durchzug der Truppen, der Patouillen, dcr KrankentrSger, denn
die ganzc Nacht kommen Verwundete.

Samstag, den 22. August.

Seit gestcrn Abend dauert der Auszug der Einwohner. Flüchtlinge
>»n Lambüsart, Rosclies, TonnieS usw- flnd schon hicr durch und-haben
Schrecken und Enksetzen durch ihre ErzShlungen oerbreitet.

llm sich zu rctten wird alles hervorgezogen, Wagcn und WSgelchen,
zwei- und vierräderigc Karren, alles muß herhaltcn. Arbeitcr laden ihre
wertvvllste und notwendigste Habe auf den breitcn Buckel und machen fich
so auf deii Deg. Hinter ihnen trollt die arme Mutter und schiebt einen
Kinderwagen vor sich her und trerbt ihre verstörten Kindcr zur Eile an.

Dcr ketzlc von Florennes angekommene Zug ist im Bahnhof steckeu
gebliebcn üiid konnte Chatelineaux nicht mehr crieichen, welches schon die
feindlichen Granaten bedrohen. Nun wird man^hn nach Gioet abfer-
tigen, und im Nu ist er von der halbwahnsinnigen Bcvölkerung erstürmt
and mit den gerctteten Sachcn gefüllt.

So oollzicht sich bcim Donner der Geschütze die Flucht und fchon er-
. schcinen dic rrsten dcutschcn Soldaten obcrhalb Blanchc-Borne, während
«uch schon das Kleingewrhrfeuer näher rückt.

^ Seir 5 Uhr läuft alles durcheinander, die einen suchen ihrr Eltern,
andrrr ihre Frcunde, ihre Kinder; Ärbeiter dic schon zur Nachtschicht nach
Eouillet und Montigny waren kommen wieder in größter Eile, und findm
ihr Haus leer, die Frau parti, die Kinder vcrschwunden.

(Fortsetzung folgt.)

Das Lied vo» Etappens. ....

Man munkclt davon, daß es böse Menschen grbrn
soll, die auf ihre in der Etappe stchrndeu Kamerade«
mit einem gewissen Hochmut herabsehen. Daß
letztere sich dort aber trotzdem wohlfühlen, ergibt fich
aus nachstehendcm, anläßlich einer Kaisersgeburts-
tagsfeier entstandenen und nach der Weise „tzin
JSger auS Kurpfalz' gesungenen Liedchen:

Dezember ging zu End,

Da wurden plötzlich wir getrennt;

Wer vor Etappe bang,

Eilt' zum Gouverncmang,

Hurrah, Hurrah!

Wie lebt sich's doch in Mons sck fein
So alS „btappens. . . . . " !

Es liefert uns der Staat

Brot, Butter, KSs' und Marmelad',

Konserven, Fleisch und Wurst, . L ' ^

Tee, Kaffee für den Durst.

Was man gekocht uns hat,

Schmeckt gut, und's wird ein jeder satt ;

WaS es auch immer sei,

Kohlrüben find dabei.

Wenn wir uns dann aufS best'

Ein BSuchlcin habcn angemäst't
— Jch ahn' eS ganz genau —

Dann schreibt man uns »k. v.*

W. «b. i ' , -

Was einem deutschen Seemann i« Amerika paffiere» kan»,

darüber gibt dir Abschrift folgenden Briefes ein kleine
' Vorstellung. ,

New York, 17. Juni 1914. ü
An Bord S. S. »Georgina".

Lieber Freund und Kamcrad! '

Du wirst es mir hoffentlich nicht übel genommen haben, daß ich Dich
bei meiner lehten Anwesenhcit in Hamburg nicht aüfgesucht habe; die
ÜmstSnde gestatteten cs nicht. Unscre Heimfahrt oon Teneriffa war
glücklich; ich hatte die ehrenvoll« Aufgabe, dcn KapitSn einige Zeit ver
treten zu müffcn, da er sich einen Fuß oerknaxt hattc und deswegen in der
Kojc bleiben mußte. Jn Hamburg soüten wir 3 Wochen liegen bleibrn,
aber schon nach 5 Tagcn bekam ich oon der Reederei Befehl, nach Amster-
dam zu reisen um dort den Dicnst dcs 1. Offiziers auf der „Georgina"
zu übernehmcn; die Reise solltc über Liverpool nach Ncw Aork und von
da nach La Guaira gehen. Nun, Du kannst Dir denkeu, daß ich übcr die
rasche Beförderung nicht böse war; mcin bisheriger KapitSn hat mich
wegen der Vertretung gut herausgcstrichen.

Am3. Oktober in der Frühe ging's von Amsterdam ab, wo e« übrigens
ganz tadellos war; viel habe ich in den wenigen Stunden, die ich an Land
sein konnte, ja nicht gesehen, aber doch allerlei Jntereffantes. Na, münd-
lich mehr davon! —

Jn Liorrpool blieben wir zwei Tage, dann steamerten wir mit großer
Fahrt und bei glatter Sec qucr über den großen Teich ; am 14. deS mor-
gens fichteten wir New York, wo in Anbetracht dcr beoorstehenden großen
Reise längs der Ostküste etwas Rast gemacht werden soll.

Seit drei Tagen nchmen wir Kohlen ein, so daß oon unS Offizieren
immer nur einer an Bord zu sein braucht, wShrend die andern zwei fich
bummelnderweise an Land herumtreiben. Jch war ja schon öfter in Ne»

»S» —
 
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