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Fenger, Ludvig Peter
Dorische Polychromie: Untersuchungen über die Anwendung der Farbe auf dem dorischen Tempel (Text) — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.3957#0042
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bis zu einem neueren schön proportionirten, mit weissen oder farbigen Figuren auf einem farbigen, z. B.
rothen, Hintergrund zu denken, aber man scheint billigerweise gleichzeitig von uns verlangen zu können,
dass da, wo wir oligochrome Bilder voraussetzen wollen, auch die Möglichkeit hiervon nachgewiesen
wird, und dass, wo eine reichere Bemalung wie an den G-rabgemälden oder den attischen Lekythen
vorauszusetzen sein möchte, wir entweder einen weissen Hintergrund nachweisen müssen, oder einen
noch dunkleren als die auf den Figuren angewandten Farben, damit entweder die nothwendige Haltung
und Harmonie oder derjenige Contrast erreicht werde, dessen Erreichung sich freilich Kugler auf andere
"Weise dachte. Es hat aber der von Kugler vorausgesetzte starkgefärbte Grund in den Metopen den
kräftigblauen Triglyphen gegenüber den Uebelstand, dass das dorische Gebälk, besonders wenn die Figuren
mehr oder weniger bemalt vorauszusetzen sind, horizontal getheilt wird, so dass die Farbenpracht über
der Tänia in den schroffsten Gegensatz zu der Farblosigkeit unter derselben tritt, und dass ferner die
tragende "Wirkung, welche das dorische Gebälk auch ohne Farben durch die senkrechten Tlieilungen der
Triglyphen und Metopen erreicht, verloren geht und jede Verbindung zwischen Architrav und Geison
aufgehoben wird. Erforderten die Sculpturen der Metopen einen gefärbten Grund, z. B. Roth, darf man
meiner Ansicht nach jedenfalls hierfür nicht dasselbe Roth wie für die Tänia verwenden. Wenn die
Figuren ganz weiss gelassen werden, vermitteln sie bis zu einem gewissen Grade den Uebergang von
Architrav zum Geison, gefärbt nicht, und ein Drittes giebt es kaum, denn fleckig dürfen sie jedenfalls
nicht aussehen, wie auf Starks und Kuglers kleinem Farbendruck.

Man wird verschiedene Auswege versuchen können, das Geison färben, wie es Paccard unverbürgt
versucht hat, — umsonst! Das Dorische Gebälk hat Etwas an Charakter, an Einfachheit verloren.

Vielleicht wird man mir gestehen, dass diese Bedenken nicht ganz aus der Luft gegriffen sind,
aber gleichzeitig bemerken, dass die ältesten dorischen Metopen, die wir kennen, die vom Tempel des
Herakles zu Selinunt, wo wir am meisten die älteste Decorationsart angewendet erwarten sollten, einen
rothen Grund und zwar, wie es scheint, einen ziemlich kräftigen Bolus haben. Ich gebe das Gewicht
dieser Einwendung zu, gestehe aber, dass meiner Meinung nach dies einzelne Beispiel nicht genüge, um
meine Argumentation umzustossen. Wie waren diese ältesten selinuntischen Metopen überhaupt bemalt:
polychrom, oligochrom oder monochrom? Jetzt ist fast nur die rothe Farbe erhalten und diese scheint an
dem Hintergrund und an den Figuren dieselbe zu sein. Dass Herakles mit dem schwarzen Hintern nicht
gut weiss wie ein Müller dastehen kann, ohne dass die Erzählung an Deutlichkeit verliere, ist einleuchtend.
Auf der anderen Seite würde sich eine Decoration mit wenigen Farben in Vasenstil schwerlich durchführen
lassen, wenn auch andere Farben für die colores austeri eingesetzt werden. An den älteren Vasen ist die
gelbe Farbe dem lichten Hintergrund vorbehalten, an den Metopen haben wir eine rothe. Mag diese
auch sehr hell gewesen sein, so geht es doch nicht an, hiergegen eine dunklere zu setzen, wie die z. B.,
welche für die männlichen ägyptischen Figuren angewandt ist. Wir würden eher an schwarze Figuren
wie die der Vasen denken müssen; aber wie würden solche rabenschwarze Figuren zwischen den blauen
Triglyphen aussehen ? Nicht wahr, es hält schwer zwischen Müllerburschen und Schornsteinfegern eine Wahl
zu treffen? Und eine eigentlich polychrome Decoration ist bei Herakles und den Kerkopen nahezu unmöglich.
Eine solche lässt sich besser denken bei dem Perseus nebst der Medusa und bei der Quadriga, aber nach
den erhaltenen Farbenspuren standen die Figuren doch wohl am wahrscheinlichsten schwarz, blau und
roth staflirt auf dem rothen Hintergrund in der Farbe des Steins. Der Riemen über den Metopen scheint
einen rothen Mäander auf weissem Grunde gehabt zu haben, im Gegensatz zu Athen, wo die Riemen
wie die Triglyphen blau sind. Ob die Metopen roth angestrichen waren auch da, wo der Grund nicht
 
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