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Zabrana, Lilli; Aurenhammer, Maria; Dorner, Julia; Forstenpointner, Gerhard; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Das Odeion im Artemision von Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 12,6: Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.46299#0206
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204

VIII BAUPHASEN UND CHRONOLOGIE (Lilli Zabrana)

Wandmalerei (Taf. 23,3-5), die eine bauliche Ausgestaltung der Vorgängerbauten an dieser Stelle
wahrscheinlich machen. Aufgrund des kleinen Ausschnitts kann keine Aussage darüber getroffen
werden, ob es sich bei dieser Vorgängerbebauung um Gebäude handelte, die dem heiligen Bezirk
zugerechnet werden können, wenn auch mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden kann.
VIII.3 BAUPHASE 1: ERRICHTUNG (2. HÄLFTE 1. JH. N. CHR.)
Die Errichtungszeit des Odeions konnte anhand diagnostischer Keramikfragmente aus dem Fun-
damentbereich des Gebäudes, der in zwei Sondagen erreicht wurde, gesichert bestimmt werden.
In Sondage 1/2010 enthielten jene Schichten unter dem bauzeitlichen Nutzungsniveau, das
durch den massiven Schwellenblock des Zugangs zu Kammer 8 vorgegeben ist, datierende Ke-
ramikfragmente, die eine Errichtung in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. belegen
(Abb. 14 Taf. 45, 3. 4; Plan 15)484.
Diese Datierung wird durch Fundmaterial aus der Fundamenthinterfüllung von Kammer 5a in
Sondage 5/2010 gestützt485. Das bauzeitliche Laufniveau konnte in diesem Fall durch einen erhal-
tenen Verbindungsgang von Kammer 5a zu 5b identifiziert werden (Taf. 47; Plan 11. 12. 18, 2).
Innerhalb von Kammer 5a lässt der Einbau des späteren Latrinenkanals (s. Bauphase 2) auf die-
sem Niveau keine Schlüsse auf die Gestaltung des bauzeitlichen Kammerbodens mehr zu. Unter
den Aufschüttungen für die Latrine kamen zunächst fundleere Schichten zum Vorschein, deren
Zusammensetzung diese als Bauhorizonte ausweist (Mörtel-Bruchstein-Schicht mit Marmorab-
schlag, Ziegelschrot sowie reines Kalkmehl). Die jüngsten Keramikfragmente der direkt darun-
terliegenden Schichten, die als Fundamenthinterfüllung identifiziert werden können, datieren in
das 1. Jahrhundert n. Chr., womit die keramische Analyse von Sondage 1/2010 bestätigt wird.
Die Auswertung des stratigrafisehen Befunds belegt somit eine Errichtung des Odeions im
Artemision in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Zu dieser Zeit war das größte Bau-
projekt in der Stadt Ephesos die Errichtung eines großen Kaiserkulttempels auf der sog. Domi-
tiansterrasse486. Mit dem Bemühen um den Titel des Neokoros, der neben der Errichtung eines
Kaiserkulttempels auch die Ausrichtung von Kaiseragonen beinhaltete, wurde oftmals von einem
Bedeutungsverlust der traditionellen Agone zu Ehren der Artemis ausgegangen. Die Errichtung
eines Odeions im Artemision zeigt jedoch, dass die Artemisia in der zweiten Hälfte des 1. Jahr-
hunderts n. Chr. sehr wohl eine wichtige Rolle übernahmen, die durch den Neubau eines Odeions
hervorgehoben wurde (Taf. 97. 98).
VIII.4 BAUPHASE 2: UMBAUMASSNAHMEN (MITTE 2./ANFANG 3. JH. N. CHR.)
Belege für eine bauliche Umgestaltung innerhalb des Gebäudes fanden sich in Kammer 5a in Son-
dage 5/2010. Hier wurde eine Latrine freigelegt, deren späterer Einbau durch die Abmauerung
des bauzeitlichen schmalen Gangs in der Südostecke dokumentiert ist (Taf. 47; Plan 11. 12. 18,
2). Jene Schichten, die mit dem Bauvorgang der Latrine in Zusammenhang gebracht werden kön-
nen, ergaben eine Errichtung am Ende des 2./Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr. Das keramische
Fundmaterial aus der Verfüllung des umlaufenden Latrinenkanals datiert in das 3. Jahrhundert n.
Chr. Es bleibt zu bemerken, dass der homogenen keramischen Datierung des 3. Jahrhunderts n.
Chr. eine Münzdatierung des 4./5. Jahrhunderts n.Chr. aus derselben Schicht entgegensteht, wes-
halb die Latrine zum Deponierungszeitpunkt der Münze vermutlich nicht mehr aktiv in Nutzung,
jedoch noch sichtbar und zugänglich war.
Zwei Schichten in Sondage 1/2010 (SE 252. SE 253) können durch ihr keramische Fundma-
terial ebenso in das 2. Jahrhundert n. Chr. datiert werden und korrespondieren mit einer Mörtel-
bettung auf dem Schwellenblock zu Kammer 8. Beides könnte ebenso mit der in Sondage 5/2010
belegten Neuaustattungsphase in Zusammenhang gebracht werden.

484 Vgl. Kap. VI.2.
485 Vgl. Kap. VI.3.
486 Die Zuschreibung des Tempels an Kaiser Domitian ist nach jüngsten Forschungsergebnissen in Zweifel zu ziehen.
Der Baubeginn könnte auch schon in neronischer Zeit erfolgt sein.
 
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