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Jobst, Werner; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die Hanghäuser des Embolos — Forschungen in Ephesos, Band 8,2: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.52050#0021
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EINLEITUNG

Die Veröffentlichung der vorliegenden Mosaikdenkmäler aus den beiden Hanghäuser genannten Insulae an der Kureten-
straße erfolgt ungefähr parallel zu den in FiE VIII/1 von V. M. Strocka behandelten Wandmalereien. Die umfangreichen
Neufunde aus Hanghaus 1 und 2 erlangen immer größere Bedeutung für unsere Vorstellungen von der spätrömischen Kunst-
entwicklung des 4. und 5. Jh. n. Chr. in Anatolien. Sie geben unter anderem eine überraschend klare Vorstellung vom Ver-
hältnis der Fresken- und Mosaikkunst zwischen der westlichen und der östlichen Reichshälfte. Die sinkende Führungs-
position Roms und Italiens, ja des Westens allgemein gegenüber dem Osten, das heißt gegenüber Anatolien, führt man ja viel-
fach auf die Gründung Konstantinopels und auf die damit anscheinend verbundene politische wie kulturelle Schwerpunkt-
verlagerung zurück. Indessen konnten die immer noch mächtigen alten und die aus dem aufstrebenden Christentum hervor-
gehenden neuen Strömungen Roms, der Einfluß der altrömischen Aristokratie auf der einen und des jungen Papsttums auf der
anderen Seite selbst nach der Verwüstung der Stadt im Jahre 410 durch Alarich nicht spurlos vorübergehen, und in manchen
Zweigen der Kunst - Sarkophagplastik, Malerei, Mosaik - kommt es in der alten Hauptstadt geradezu zu einer Hochblüte.
Wir wissen zwar mancherlei über die Rolle Konstantinopels und Anatoliens als Ausgangspunkt von kunstgeschichtlichen
Impulsen während des Altertums, sind aber dennoch nur beschränkt und äußerst schwankend in der Lage, ein scharf umris-
senes Bild der spätantiken Kunstproduktion zu zeichnen. F. W. Deichmann hat wohl als einer der besten Kenner der spät-
römischen und frühchristlichen Kunst des Abendlandes in seinem beispielhaften Monumentalwerk über Ravenna wiederholt
auf die unzureichende Forschungslage in diesen Belangen hingewiesen. So sei als Beispiel der Hinweis auf die immer noch sehr
unterschiedliche Beurteilung der Palastmosaiken von Konstantinopel gestattet, deren detaillierte stilistische und ikonographi-
sche Untersuchung trotz der Publikation durch D. T. Rice Aufklärung bringen könnte.
Mit den Neufunden in den ephesischen Hanghäusern werden innerhalb Anatoliens die ersten größeren Komplexe an Wand-
malereien und Mosaiken untersucht und ihre Position im Rahmen der kaiserzeitlichen Kunst unter Heranziehung möglichst
zahlreicher Vergleiche bestimmt.
Im Zusammenhang mit der Bearbeitung dieser Mosaiken bin ich vom Direktor des Österreichischen Archäologischen
Institutes, Herrn Univ.-Prof. Dr. Hermann Vetters, zur Untersuchung sämtlicher in Ephesos seit J. T. Wood gefundener
Mosaiken angeregt und zur Publikation in den FiE beauftragt worden. Ihm erlaube ich mir daher an erster Stelle für die
Aufnahme in den ephesischen Grabungsstab und für die Freizügigkeit in allen Belangen der Arbeit zu danken, ohne welche
dieser Band nicht hätte so schnell entstehen können.
Das umfangreiche, aus nicht weniger als 22 Gebäuden bekannte Material in Ephesos habe ich auf zwei Bände verteilt, weil
die wissenschaftliche Bearbeitung der Hanghäuser in einem eigenen Band der FiE mit mehreren Faszikeln geschlossen er-
folgen soll und hier außerdem ein Fundkomplex vorliegt, dessen Umfang allein die selbständige Bearbeitung rechtfertigt.
Zwischen 1958 und 1975 sind in den beiden Insulae 39 mit Boden- und Wand- bzw. Gewölbemosaiken ausgestattete Räume
aufgedeckt worden, welche den Charakter ephesischer Mosaikdekorationen in Privathäusern wenigstens für einen bestimmten
Zeitraum der Spätantike deutlich vor Augen führen. Der hier besprochene Teil umfaßt ungefähr ein Viertel der bisher in
Ephesos bekannten Gesamtfläche. Die großen Mosaikböden der ephesischen Kirchenbauten, der öffentlichen Gebäude und
aller anderen privaten Wohnbezirke habe ich vollständig aufgearbeitet. Sie werden als „Römische Mosaiken aus Ephesos II“
ebenfalls in den FiE 1978 bis 1979 erscheinen.
In der Behandlungsweise der Hanghausmosaiken hat sich der von V. M. Strocka bei der Wandmalerei eingeschlagene Weg
bewährt. Er besteht 1. in der selbständigen Behandlung jedes einzelnen Raumes und Denkmales in Form einer deskriptiven
Analyse der wichtigsten Baumerkmale und des jeweiligen Kunstdenkmales, 2. in der stilistischen und ikonographischen Behand-
lung seiner Dekorationen, 3. in der Datierung. Ich bin dieser Behandlungsweise schon deshalb gefolgt, weil die hier praktizierte Be-
arbeitungsform ein Vorschlag zu einem Muster für das geplante Corpus der antiken Mosaiken in der Türkei sein soll, wozu Ephe-
sos hiermit den ersten Band dieser Reihe präsentiert. Dieses Unternehmen wurde anläßlich des X. Internationalen Kongresses
für Klassische Archäologie von E. Alföldi-Rosenbaum und vom Verfasser dieses Buches mit Unterstützung von E. Akurgal
zur Diskussion gestellt und ist inzwischen, wenigstens von kanadischer und von österreichischer Seite, in ein arbeitsfähiges Sta-
dium getreten. Wir möchten als besonders dankenswert und beispielgebend hervorheben, daß die Österreichische Akademie der
Wissenschaften sich noch während des Kongresses durch ihren Vertreter, Univ.-Prof. Dr. M. Mayrhofer, für eine tatkräf-
tige Unterstützung ausgesprochen und schon kurz darauf eine entsprechende Forschungskommission mit H. Vetters als
Obmann begründet hat.
Das hier befolgte Schema ist unter Berücksichtigung der in Griechenland, Italien, Frankreich, Schweiz und Tunesien bisher
veröffentlichten Corpus-Arbeiten über antike Mosaiken entstanden und kann für den Fall einer Publikation des türkischen
Sammelwerkes, lediglich um die hier einem jeden Mosaik angeschlossene Auswertung verkürzt, übernommen werden.

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