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Jobst, Werner; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die Hanghäuser des Embolos — Forschungen in Ephesos, Band 8,2: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.52050#0023
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ZUR BAUGESCHICHTE DER HANGHÄUSER
VON H. VETTERS
Die hier von Werner Jobst vorgelegten und behandelten Mosaiken wurden im Zentrum der antiken Großstadt Ephesos in
zwei mehrgeschossigen, reich ausgestatteten Insulae gefunden (Abb. 1-3). Beide weisen eine verwickelte und schwierig zu
deutende Baugeschichte auf.
Obwohl diese zwei Komplexe noch nicht gänzlich freigelegt und erforscht sind, soll hier neuerlich versucht werden, die bau-
geschichtliche Entwicklung der Anlagen, so weit sie bis jetzt bekannt und für das Verständnis der Mosaiken notwendig ist,
vorzulegen. Die baugeschichtlichen Erkenntnisse sind ja zum Teil auch für die Datierungen maßgebend gewesen.
Gegenüber der Scholastikiatherme und dem Tempel des Hadrian hat bereits Franz Miltner in den Jahren 1957-1958 Teile
des Erdgeschosses und des zweiten Stockes zweier großer Mietshäuser freizulegen begonnen (Abb. 1, Plan). Hanghaus 1
wurde in den Jahren 1960-1967 gänzlich freigelegt, im westlich anschließenden Hanghaus 2 wurde erstmals in den Jahren
1962-1963 gearbeitet, die systematische Ausgrabung begann 19671 (Abb. 3). Es handelt sich um mehrgeschossige Bauten, die
am Nordhang des Bülbül-Dag errichtet sind. Mit ihrer Nordfront liegen sie an der Kuretenstraße (Plan, Abb. 2). Dieser
Straßenzug verläuft NW-SO, also schräg durch das ansonsten vorherrschende hippodamische Straßensystem, und hat daher
in der Antike den Namen MgßoXo? = Keil geführt2. Die Südfront dieser Häuser folgt dem System der senkrecht sich schnei-
denden Straßen, wir gaben ihr den Namen „Hanghausstraße“ (Plan). Sie mündet nach dem sogenannten spätantiken Tor-
bau nahe dem Memmiusdenkmal in die Kuretenstraße ein.
Normal (im 90°igen Winkel) zu dieser, dem vorher genannten System folgend, verlaufen steile, mit Treppen versehene, meist
nur 3 m breite Wege, denen wir den Namen „Stiegengasse“ gegeben haben. Stiegengasse 1 verläuft zwischen Hanghaus 1
und 2, jenseits der Kuretenstraße mündet sie in den überwölbten Gang westlich der Scholastikiatherme, der anschließen-
den Wohnhäuser und der Latrine. Hanghaus 2 begrenzt im Westen die Stiegengasse 3, welche sich in der breiten, spätantik
restaurierten „Marmorstraße“ östlich der Tetragonos Agora fortsetzt. Im Osten begrenzt Stiegengasse 2 das Hanghaus 1. Ihre
Verlängerung im Norden ist die steil den Panayir-Dag hinaufführende „Badgasse“, die oberhalb des großen Theaters ihren
weiteren Verlauf nimmt3 (Abb. 2).
Die schrägverlaufende Kuretenstraße hat bewirkt, daß alle zwischen den beiden Straßenzügen liegenden großen Häuser -
der antike Name lautete „insulae“4 - trapezförmige Grundrisse erhielten (Abb. 2). Vollständig freigelegt ist bisher Hang-
haus 1 (Plan). Seine Maße sind beträchtlich: An der Hanghausstraße mißt die Breite 46,50 m5. Die Längsseiten sind, der Grund-
form eines Trapezes entsprechend, nicht gleich lang. Die Westseite (= Stiegengasse 1) mißt 74,70 m, die Ostfront (an der
Stiegengasse 2) 54,60 m. Diesem trapezförmigen Grundriß entsprechend beträgt die Breite des Hanghauses 1 an der Kureten-
straße 50,10 m. Insgesamt ist eine Fläche von 2540 m2 am ansteigenden Hang verbaut. Der Höhenunterschied von der Kureten-
straße zur Hanghausstraße beträgt 23,06 m6.
Hanghaus 2 liegt westlich von Hanghaus 1 und ist erst zur Hälfte freigelegt, doch dürfte die Größe ungefähr der des Hang-
hauses 1 entsprechen. Das Verbauungsschema der beiden Komplexe ist nicht gleich. Im Hanghaus 1 dominiert eine überaus
große domus im dritten Geschoß, ansonsten sind Mittel- und Kleinwohnungen festzustellen. Hanghaus 2 zeigte bisher im
Südteil Nobelwohnungen, die jeweils um einen Mittelhof (Peristyl) angeordnet sind (Plan).
HANGHAUS 1 (Plan, Abb. 1-27):
Die systematische Freilegung hat bei dieser Insula insgesamt 15 Baustraten ergeben (Abb. 6). Für die Stadtgeschichte inter-
essant ist die Tatsache, daß nach einem verheerenden Erdbeben während der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers
Heraklius (610-641 n. Chr.), das vermutlich zwischen 612 und 616 (nach Münzfunden) anzusetzen ist, beide Insulae zuge-

1 ÖJh 44, 1959, Beibl. 273; ebd. 44, 1959, Beibl. 325; ebd. 45,
1960, 13 ff. Vorbericht v. F. Eichler im AnzWien 98, 1961,
69 ff.; 99, 1962, 43 ff; 100, 1963, 51 ff; 101, 1964, 42ff; 102,
1965, 98 ff; 103, 1966, 13 ff; 105, 1968, 84 ff; 106, 1970, 85 ff;
H. Vetters, ebd. 107, 1971, 110 ff.; 108, 1971, 85 ff; 109, 1972, 95 ff;
110, 1973, 186 ff.; 111, 1974, 211 ff; 113, 1976,-So. 15. Der Text
schließt sich eng an den in FiE VIII/1 (1977) 12 ff. verfaßten an, doch
wurden die Erkenntnisse der Grabungen 1975/76 eingearbeitet.
2 A. Bammer, ÖJh 46, 1961-1963, 136 ff. Es handelt sich um eine alte,
heilige Straße. AnzWien J05, 1968, 83. G. Langmann, Festschrift f.
F. Eichler (1967) 104 ff. Zum Namen vgl. J. Keil, ÖJh 29, 1935, 89ff.

3 Bammer, a. O. 136 ff.
4 Dazu Vetters, Zum Stockwerkbau in Ephesos, Melanges Mansel I,
1974, 69; Ders., ÖJh 50, 1972-1975, Beibl. 331 ff.
5 Das ist etwas größer als die von A. Bammer errechnete, 140 Fuß
messende Insulabreite, a. O. 154, die er mit 41,46 m feststellte. Eher
entspricht das Maß von 75 bzw. 150 Fuß = 44,10 m. Es fällt auf,
daß das Maß durch Jahrhunderte gleich blieb.
6 Auch hier variieren die Maße entsprechend dem ansteigenden Ver-
lauf der Kuretenstraße. Die Koten betragen auf der Kuretenstraße
vor Einmündung der Stiegengasse 1 17,26 m über O-Normal,
40,32 m an der Kreuzung mit der Hanghausstraße.

1-3
Plan. 1
3
Plan. 2
Plan

2
2
Plan

Plan
6

17
 
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