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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Wittwer, Bernhard: Einige neurobiologische Aspekte der Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0127
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weitverbreitete Theorie geht von einer Einteilung in intellektu-
elle, moralische und ästhetische Gefühle aus und nimmt bei einer
entsprechenden Verursachung die gemäße Gefühlsauslösung an,

Aber schon D e r i schreibt; "Da es nun einerseits bisher
noch niemals gelungen ist, die spezifische Definition dieses
ästhetischen Gefühls einwandfrei zu geben; und da andererseits
die Theorie an Einfachheit gewinnen würde, ... sei die fol-

gende Anschauung der Nachprüfung ... empfohlen. Diese Anschauung
behauptet; es gibt überhaupt kein spezifisches ästhetisches Ge-
fühl,” /20/ Und M e u m a n n charakterisiert in folgender
Weise; “Eine ... Gruppe von Ästhetikern nimmt ein spezifisches
ästhetisches Gefü’nl an, und man geht dabei vielfach noch weiter
... Der Nachweis dafür, ... ist bisher noch von niemandem er-
bracht worden, solange das aber nicht der Fall ist, sind solche
Annahmen ein bloßes Konstruieren von Gefühlen mit Worten. J /21/
Ungeachtet vieler verschiedener Anschauungen ist dieses Problem
auch in der Gegenwart noch nicht gelÖ3t. E n g 1 e r fordert
auf, “endlich zu überlegen, ob in ästhetischer und psychologi-
scher Forschung ästhetische Gefühle zu unterscheiden sind, die
dann schnell als eben besondere, von der alltäglichen Praxis der
Individuen abgehobene Gefühle erscheinen, oder ob nicht vom ästhe-
tischen Aspekt menschlichen Fühlens überhaupt gesprochan werden
sollte’* /22/. Mit dieser Tendenz der Fragestellungen kreuzen sich
die bereits dargestellten neueren neurobiologischen Erkenntnisse.
Sie bestehen in der Oberzeugung, daß alle Gefühle, so verschie-
denartig sie auch sein mögen, sich als Gefühle in nichts weiter
unterscheiden als darin, daß sie entweder positiv oder negativ,
intensiv oder weniger intensiv, andauernd oder weniger andauernd
sind. Größere Unterschiede bestehen sicherlich in den Verschie-
denheiten, auf die sich diese Gefühle beziehen. So ist es wohl
ziemlich aussichtslos, das Substrat von ästhetischen Gefühlen zu
ermitteln. Leonhard muß darum betonen: “Ästhetische
Gefühle im engeren Sinne kann ich nicht finden. Man wird, wenn
man biologisch denkt, auch nicht lange danach suchen, denn es
ist ja nicht zu erwarten, daß die Natur eigene Gefühle ... ge-
schaffen hat. Der Mensch mit seiner vielseitigen Begabung hat
nur den Weg gefunden, Gefühle, die sonst einem biologischen
Zweck dienen, in der Kunst (Ästhetik, B. W.) so zusammenzuführen,

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