Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

DOI Artikel:
Letsch, Herbert: Subjektorientierte Ästhetik als philosophische Disziplin und einige Fragen des ästhetischen Gebrauchs
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0156
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
prozesses, der prinzipiellen Zielstellung des Sozialismus aus-
gehen. Diese besteht - philosophisch gesprochen - in der massen-
haften Herausbildung der Subjektivität, wozu noch näheres gesagt
wird. Die Welt der von den Menschen hervorgebrachten Dinge und
Gegenstände - Technik, industrielle Gebrauchsgüter, Nahrungs-
mittel, Architektur, Kunst - funktioniert als Vermittlung dieses
Prozesses, einen anderen Sinn hat das Ganze letztlich nicht .

Das bedeutet, es geht um eine subjektorientierte allgemeine
ästhetische Theorie, und diese kann weder kunst-noch technik-
zentristisch ausgelegt sein. Denn es ist völlig klar, daß die
Herausbildung der Subjektivität der Individuen weder durch Kunst
noch durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt geleistet
werden kann. Dazu bedarf es eines ganzen Beziehungsgefüges von
objektiven Bedingungen, in dss Kunst und Technik zwar integriert
sind, in dem sie eine entscheidende Rolle spielen, das aber
weitaus umfassender ist und als Determinationsfeld komplexer
Funktionalität ästhetisch gestalteter gegenständlicher Umwelt,
gerichtet auf die Ausbildung der Subjektivität, gefaßt werden
muß.

Daher ist auch die noch verbreitete Neigung, alle ästhetische
Gestaltung müsse unbedingt mit dem Wort "künstlerisch" belegt
werden, grundlos. Der Formgestalter hat es beispielsweise über-
haupt nicht nötig, sein Tun und dessen Resultate als "Kunst" zu
bezeichnen, um es sozusagen moralisch zu legitimieren, Gleiches
gilt für den Gebrauchsgrafiker, der der Verpackung von Waren des
täglichen Bedarf die gebotene ästhetische Attraktivität ver-
leiht oder im Bereich der visuellen Kommunikation tätig ist .

Zudem ist diese totale verbale Verkunstung auch theoretisch
äußerst anfechtbar. Denn, wäre sie berechtigt, so müßte unter-
stellt werden, der gesamtgesellschaftliche Lebensprozeß (bzw.
seine Vollzugsbedingungen) sei etwas in sich Unterschiedsloses,
Amorphes, Ungegliedertes, das nach der Seite der ästhetischen
Signifikanz seiner gegenständlichen Vermittlungen mit einem
Begriff, dem der "Kunst” adäquat erfaßbar wäre.

Ein weiterer Gesichtsounkt , der für eine subjektorientierte
allgemeine ästhetische Theorie bedeutsam ist, ist folgender:

Eine solche Theorie faßt das gegenständliche ästhetische Poten-
tial nicht , um es erkenntnistheoretisch zu formulieren, unter
154
 
Annotationen