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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Letsch, Herbert: Subjektorientierte Ästhetik als philosophische Disziplin und einige Fragen des ästhetischen Gebrauchs
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0160
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zu sich selbst nicht reflektieren und ihre eigene Subjektivität
aus dem Prozeß des ständigen Werdens heraushalten möchten, als
“schmerzlich" empfunden.

Ein weiteres Problem, das für die Erarbeitung einer subjekt-
orientierten allgemeinen ästhetischen Theorie von großer metho-
dologischer Bedeutung ist: Wenn wir als Determinationsfeld kom-
plexer ästhetischer Gestaltung der gegenständlichen Umwelt die
grundlegenden Erfordernisse des gesellschaftlichen Lebensprozes-
ses fassen, die Gestaltung selbst bzw. das Gestaltete als seine
gegenständliche Vermittlung, die auf die Entwicklung der Sub-
jektivität orientiert ist, so müssen wir die dialektische Bezie-
hung von Vergesellschaftung und Individuation in dieses metho-
dologische Kalkül integrieren. Mit der weiteren Entwicklung
unserer Gesellschaft setzt sich als historisch neue Gesetzmäßig-
keit das Wirken der Subjektivität im Spannungsfeld der dialek-
tischen Beziehung der Vergesellschaftung und der Individustion
des Subjekts immer mehr durch.

Wenn wir von der sozialistischen Vergesellschaftung der Indivi-
duen sprechen, so ist damit nicht einfach die massenhafte Einbe-
ziehung der Menschen in den gesellschaftlichen Produktions- und
Reproduktionsprozeß gemeint. Sondern es geht da um die dadurch
möglichst werdende massenhafte Entwicklung der Subjektivität
der Individuen, also ihres Vermögens, die sozialen Beziehungen
zu beherrschen, an der Gestaltung der gesellschaftlichen Ver-
hältnisse bewußt und mit Sachkenntnis teilzuhaben. Es geht also,
und das ist eine wichtige Bedingung des Werdens des Kommunis-
mus, darum, daß sozialistische Gesellschaftlichkeit immer mehr
81s Eigenschaft der Individuslität selbst zu wirken beginnt,
die Menschen sozialistische Gesellschaftlichkeit als Eigenschaft
ihrer Individualität wissen, erleben, betätigen, assimilieren.

Diese "Assimilierung" ihrer Gesellschaftlichkeit durch die
Individuen, wobei es sich selbstredend um einen langfristigen
Prozeß handelt , hat nichts zu tun mit jenen kleinbürgerlich-
scheinrevolutionären Vorstellungen eines korporativen Kollek-
tivismus, einer («Collekt ivität unterschiedsloser, undi f f e renzie r-
ter, nivellierter Individuen, also des Aufgehens der Individuen
in der Gesellschaftlichkeit. Für uns ist das prozeßhafte
durchzusetzende Ziel sozialistisch-kommunistischer Vergesell-

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