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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 12.1904(1905)

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Koch, David: Neuere keltische und römische Funde im Illertal
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https://doi.org/10.11588/diglit.42298#0062
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Anfang dieser Blütezeit viel weiter zurück, weil Coelio schon nach
der berühmten Seeschlacht im Bodensee von Römerhand erobert
wurde. Im 4. Jahrhundert begannen die unruhigen Zeiten und
der Verfall der Kultur. Da und dort war die Zivilsiedlung auf-
gegeben. Im Jahre 297 n. Chr. bringen die Römer bei Guntia den
Germanen eine schwere Niederlage bei. Um 400, zur Zeit als die
ungarische Cohors Herculea in Coelio stand, war auch der Tempel
noch da. Bis dahin also dauerte die Glanzperiode und Coelio war
bei seiner vorgeschobenen Lage nahe der Illermündung ein besonderer
Stützpunkt. Später aber gelang den Alemannen ein Handstreich und
der Tempel fiel. Noch einmal zogen später die Römer ein und
schufen das Castrum zu einer starken Bergfeste um, unter Zuhilfe-
nahme alles Steinmaterials, das in der Gegend des kargen Molasse-
sandsteins so wertvoll war. Und da goß man denn auch die Tempel-
trümmer in die riesige Grundmauer ein, die einen starken Turm zu
tragen hatte. Diese zweite Zeit aber blieb eine Zeit des ununter-
brochenen Kampfes. 465 bekommen die Alemannen die Burghalde
von Campodunum in die Hand. Das ist die Zeit des Untergangs,
in der die vor 6 Jahren ausgegrabene Mansio bei Unterbalzheim an
der Iller in Trümmer geschlagen wurde und auch Coelio Monte auf-
hörte, römisches Castrum zu sein.
Es ist aber auch schon die Vermutung aufgetaucht, ob der
Heidentempel nicht dem Christentum weichen mußte und daher
seine Vergrabung in die Erde herzuleiten ist. Es finden sich allerdings
sehr frühe christliche Spuren im Illertal. Die Kellmünzer Kirche ist
eine Martinuskirche. Die Legende setzt um . 316 schon in Campo-
dunum eine christliche Kirche des Nikolaus an. Als einziges Be-
weismittel ist freilich nur der Kemptener Fund einer Haken-Fibula
gelten zu lassen. Es ist dies eine crux gammata, die in die Reihe
der cruces dissimulatae gehört, der heimlichen Erkennungszeichen
der ersten Christen. In Augsburg, wohin Coelio lebhaften Verkehr
hatte, lebte zwischen 285 und 308 n. Chr. die h. Afra; 302 fand
eine Christenverfolgung statt, wie jetzt als historisch sicher fest-
gestellt ist. Die militärischen und kommerziellen Beziehungen aber
zwischen Bodensee und Augsburg liefen direkt großenteils über
Coelio Monte.
Wir sehen, es ist hier interessanter Kulturboden und vielleicht
noch mancher wertvolle Beitrag zur römischen Geschichte
des östlichen Bayerns aus den Trümmern von Coelio Monte
zu holen. Der Kreis der Fragen erweitert sich, wenn wir das Mauer-
werk selbst und die Kastellanlage ins Auge fassen. Man hat seither
bezweifelt, ob diese Mauer mit ihren Trümmern einer vergangenen
Römerkultur auch von späteren Römerhänden aufgeführt worden sei
und ob es nicht vielmehr Germanen- oder Alemannenarbeit sei? Es sind
nun aber seither Gußstücke aus weißem Kalk und feinem Kies in einer
Festigkeit und Verbindungsart herausgemeißelt worden, daß Zweifel
an spezifisch römische Mauertechnik ausgeschlossen erschienen. Es
scheint mir aber noch ein anderer Beweis für die Römerhand zu
 
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