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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Editor]; Württembergischer Altertumsverein [Editor]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Editor]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Editor]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

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Römische Zeit
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Paradeis, Franz Josef: Rottenburg: Funde bei dem Neubau des Buchhändlers Adolf Bader und im Anwesen des Franz Birlinger gegenüber der städtischen Turnhalle, ca. 17m über dem Neckar
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0084
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denen in der ..Senkgrube“. Die Wandungen der „Stollen“ im Quer-
durchmesser, auch etwas in schräger Richtung verlaufend, trafen die
Stollenwandungen im Längsdurchmesser im rechten Winkel. Hier
waren somit Winkel zu Vierecken aus braunem Humuslehme.
Auch in Birlingers Bauplatz schnitt ich die Kiesschicht in
ihrem Querdurchmesser an. Der schon genannte Schnitt a—b geht
durch die untere Hälfte ihres Querdurchmessers; aa, a und a'a' stellt
das obere (nordwestliche, bergwärts gelegene) Ende des gezogenen
Grabens dar, bbb ist die (süd)östliche, ccc die (siid)westliche Seiten-
wand desselben. Man sieht, auf der Seitenwand bbb ist von
unten auf brauner Humuslehm in der Höhe von 75 cm (bb), auf der
gegenüberliegenden Seitenwand ccc ist aber Kies von unten auf
in einer Höhe von 1,10 m (cc), und am bergwärts gelegenen Ende des
Grabens a, aa und a'a' erscheint auffallenderweise eine senkrechte Trennung
zwischen Humuslehm a'a' und Kies aa. Beim Weitergraben am Ende des
Grabens verschwindet der Kies aa, der mit dem danebenstehenden
Humuslehm a'a' linear scharf abschneidet. An seiner Stelle erscheint
auch Humuslehm, so daß das Ende des Grabens von unten auf in einer
Höhe von 75 cm in seiner ganzen Breite lauter braunen Humuslehm
aufweist, wie bei der Humuslehm-Seitenwand bb. Nur darüber kommt
noch ein Streifen Kies, 38 cm breit, wie über bb. Die glatte Humuslehm-
fläche am Ende des Grabens verläuft nun seitlich etwas schräg hinter
dem Kies der Seitenwand cc des Grabens, so daß sie mit der braunen
Humuslehmwand bb einen rechten Winkel, d. i. die Ecke einer Grube,
bildet. Wir haben somit in und unter der langen Kiesschicht in Bir-
lingers wie in Baders Anwesen Winkel zu Gruben.
Nach einer photographischen Aufnahme aus einem Graben, der durch
den Längsdurchmesser der gleichen Kiesschicht in Birlingers An-
wesen in einer Länge von 11 m gezogen wurde, haben die „Stollen“
und Wandungen der Gruben unten eine Art Eüße, wie zum Sitzen
hergerichtet; vergl. Abb. 10.
Der „Stollen“ , der hier in seiner Breite angeschnitten ist, ist seitlich
mit seinem östlichen Rande (rechts vom Bilde) von der Mitte des Graben-
endes aa, a'a' in Schnitt a—b 5,50 m entfernt. Der „Stollen“ verläuft
in seinem Längsdurchmesser als Wand aus braunem Humuslehm ganz
parallel zur Humuslehmwand bb in Schnitt a—b und bildet, wie die
Humuslehmwand bb mit der Humuslehmfläche am Grabenende und
ihrer seitlichen Fortsetzung hinter dem Kiese einen rechten Winkel,
so daß wir das offene Viereck einer Wohngrube haben.
Dr. GoESSLER, der die Freundlichkeit hatte, mir mit seiner Er-
fahrung zur Seite zu stehen, erklärte diese „Stollen“ und Wände, die
viereckige Gruben bilden, für Wohngruben (Erdwohnungen), die mit
Kies verschüttet sind; er bezeichnet sie speziell als „Barbarenwoh-
nungen“ der Spät-La-Tene- oder auch römischen Zeit; ich möchte sie
in die nachrömische Zeit, etwa das 4. Jahrhundert n. Chr., verlegen.
Über ihnen war natürlich noch ein Aufbau aus Fach, Flechtwerk
und Lehm, wie erhaltene Abdrücke aus dickem gebranntem Lehme
in der Nähe beweisen.
 
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