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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

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Römische Zeit
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Sontheimer, Ludwig: Winterlingen OA. Balingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0096
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heißenamts Winterlingen handelte es sich hier um ein brunnenartiges
Loch, das schon vorher von Ortseinwohnern teilweise ausgeräumt worden
war. Von dem K. Landeskonservatorium zu näherer Untersuchung
entsandt, fand Schreiber dieses folgenden Tatbestand:
Am Fuße des Hungerbergs links der Chaussee Winterlingen—
Benzingen fand sich eine römische Zisterne, oben kreisrund, den Rand
mit Feldsteinen ausgelegt bis in eine Tiefe von 1,30 m unter der römi-
schen Oberfläche, soweit der zähe Letten reichte; oberer Durchmesser
der Grube 1,90—2 m. Von hier ab war sie mit Brettern viereckig ver-
schalt; vier Eichenholzpfosten (Dicke 15 cm) steckten noch gut er-
halten in den vier Ecken der Zisterne. Gewöhnlicher Steinsatz hätte
nicht genügt, weil von 1,30 m Tiefe an der lockere, dort anstehende
Tertiärsand beginnt. In einer Tiefe von 3 m hörte die trichterförmige
Tiefe auf. (Sohlenbreite nur 65 cm.)
Neben der Zisterne mußten sich Holzbaracken befunden haben;
tatsächlich stieß ich auch einige Meter von der Zisterne südlich auf
Reste von vergangenem Holz und auf eiserne Nägel, sowie auf kleine
Abfälle von Bronzeblech, offenbar im Feuer geschmolzen. Weitere
Spuren, etwa solche von Pfostenlöchern, hatten sich bei solch geringer
Tiefe (etwa 20 cm) unmöglich erhalten können. Nur noch ein Krug-
hals der gewöhnlichen späten Limesform wurde gefunden. Schon
nach 3 m hörten die Spuren auf.
Ebenso hatte man beim Drainieren der Acher etwa 100 m süd-
westlich, 200 Schritt von der Straße entfernt, Scherben gefunden;
und tatsächlich kamen auch an der bezeichneten Stelle in einer Tiefe
von 1,5 m in der Anschwemmung schwarzer Ackererde einige Splitter
von Terra sigillata zum Vorschein, offenbar von den höher gelegenen
Punkten angeschwemmt. Ein Stückchen stellt das besonders bei den
Rheinzaberner Töpfern beliebte Motiv eines gegen einen aufrecht
stehenden Menschen anstehenden Löwen dar (gleiche Technik und
gleiche Figuren aus der Terra sigillata von Cannstatt); dazu Ludowici,
Urnengräber römischer Töpfer S. 226 T. 13.
Wichtiger sind die Fundstücke aus der Grube selbst: sie war
unten mit einer Menge Knochen (hauptsächlich von Rind) gefüllt,
dazu Asche von Holzkohlen und Torf, der sich von späterem Stein-
geschiebe überdeckt in nächster Nähe findet. Unter den Bruchstücken
verschiedener großer Reibschalen gewöhnlicher Form aus gelblichem
Tön befanden sich auf dem Grund der Zisterne zwei Bruchstücke von
verzierter Sigillata Dragendorff 37; die Glasur erinnert noch an die
bessere Zeit der Terra sigillata-Industrie, wie auch die Verzierungsart:
langgezogene Ranken mit gezackten Streifen dazwischen, unterhalb
des Eierstabs kleine Stäbe auf Säulchen aufgelegt und von diesen
Gewinde herabhängend, zwischen diesen ,,Halbmedaillons“ etwas wie
Brustbilder. Auf dem andern Stück bei gleicher Dekorationsmanier:
krähenartiger, nach rechts blickender Vogel in Halbmedaillon, Widder,
der mit Früchten beladen nicht von der Stelle gehen will. Die ganze
Art ist bis auf den Eierstab gleich mit den von Knorr Terra-
Sigillata-Gefäße von Rottweil Taf. XVIII, 2 und 4 veröffentlichten
 
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