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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Editor]; Württembergischer Altertumsverein [Editor]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Editor]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Editor]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

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Kapff, Ernst: Funde aus frühmittelalterlicher und mittelalterlicher Zeit in Ulm
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Paradeis, Franz Josef: Anhang. Massenfund von Eisengeräten
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0112
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106

In den folgenden Monaten wurden unweit der Hechtbrauerei,
in der „Sterngasse“, und vor allem im „Neuen Graben“, wiederum
Grabungen, diesmal zum Zweck der Gasröhrenlegung, vorgenommen.
Hiebei stieß man abermals auf zahlreiche Scherben von derselben Be-
schaffenheit — fast durchweg grau, teilweise mit Graphitüberzug,
meist dünnwandig —, die in einer Brandschicht von verschiedener
Stärke, von einer Dicke von einigen Zentimetern bis zu einer solchen
von ca. 80 cm, staken. Als hernach die Grabungen in der Ulmergasse
fortgesetzt wurden, ließ sich auch hier dieselbe Erscheinung, die Über-
reste verbrannter Holzgebäude mit zahlreichen Tonscherben der ge-
schilderten Art in gewissen, von Brandschutt freien Abständen, fest-
stellen. Auch ein Pferdeschädel wurde dieser Brandschicht entnommen.
Nach der von Inspektor Kerz vom Naturalienkabinett in Stutt-
gart dem Landeskonservatorium gemachten Mitteilung gehörte der
Schädel einem kleinrassigen, in hohem Alter gestorbenen Tier an.
Durch Vergleich mit in der Staatssammlung in Stuttgart be-
findlichen, zeitlich sehr gut bezeugten Tonscherben von der Burgruine
Hundersingen OA. Münsingen konnte Dr. GoesshER feststellen,
. daß das gesamte Scherbenmaterial — den eingesandten Auswahl-
stücken nach — in die Zeit des 12.—14. Jahrhunderts zu setzen ist.
Die Brandschicht würde also wohl auf eine innerhalb dieses Zeitraums
erfolgte gewaltsame Zerstörung der suburbia (wie die Bezeichnung des
Chronisten lautet) außerhalb der damaligen Stadtmauer hinweisen,
und es ist nunmehr Sache der ulmischen Lokalforschung, die archäo-
logischen Bunde mit der geschichtlichen Überlieferung in Einklang
zu bringen. Sicher festgestellt ist nach dem Obigen, daß die durch
Feuer zerstörte Siedlung von der Hechtbrauerei bis zur Deinselgasse
einerseits und zum Wengenkloster (Front nach der Ulmergasse) ander-
seits reichte.
Die ausgegrabenen Scherben befinden sich in der Sammlung des
Ulmer Altertumsvereins, die Metallfundstücke sind im Besitze des
Besitzers der Hechtbrauerei, Herrn Nathan.

Anhang.
Massenfund von Eisengeräten im Bache der Niedermühle (früher
Klostermühle) bei Niedernau im Sommer 1908.
„Beim Bau einer Turbine wurden in ungefähr Manneshöhe unter
der Bachsohle 31 Geräte dicht beieinander gefunden; darunter sind
20 Beile, in ihrer Form z. T. an die altfränkischen Streitäxte erinnernd,
weiter Meißel, Hammer, Hufeisen, Astdegen, Schlüssel mit gotischer
Form. Eine Speerspitze konnte ich nicht in den Besitz bekommen;
ebenso gehören zum Funde noch einige eiserne Klammern, an deren
Spitzen noch Blei haftete. Im Helm der Beile und Äxte steckte z. T.
noch das im Wasser schwarz gewordene Holz.
 
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