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Die Miinzanhänger aus dem Frauengrab Heilbronn-Böckingen
Von Maria R. Alföldi, Frankfurt a. M.
Mit Tafel F—J
Die bescheidenen Silbermünzen, die die Halskette der Frau im Böckinger
Grab1 zierten, bilden anscheinend eine eigene Gruppe unter den Prägungen
der Völkerwanderungszeit. Sie sind zweifellos selten, doch wurden im Laufe
der Zeit einige mehr oder minder ähnliche Stücke schon veröffentlicht.2
Von numismatischer Sicht wurden sie allerdings vorerst nicht erfaßt, mit
Absicht, wie W. Bader dies feststellt,3 denn: „Die wenigen, dazu zer-
brochenen und teilweise oxydierten Silbermünzen lassen weder eine ge-
naue Wiegung zu, noch sind die Fundorte zahlreich genug, um Sicheres
über die Münzwerkstätten und die Münzwerte, endlich über die privaten
Hersteller, oder den germanischen Einzelstamm oder anderen Münzherrn,
der sie schlagen ließ, auszusagen.“ Der Böckinger Grabfund liefert nun eine
ganze Serie dieser Münzen, so daß man die berechtigte Hoffnung hat, einen
Schritt in der nicht ganz leichten Frage ihrer Beurteilung weiterzukommen.
Es ist freilich notwendig, zunächst einmal die numismatischen Eigenarten
der Münzen festzustellen, gleichsam eine in philologischem Sinne strenge
Quellenkritik durchzuführen, ohne die eine sachliche Beurteilung undenk-
bar ist. Anschließend müssen die oft nur wenig bekannten Fundumstände
hinzugezogen werden, um die auf numismatischer Basis gewonnene Zeit-
stellung zu überprüfen. Erst dann, in der Zusammenschau, nachdem Ver-
breitung und Brauchtum möglichst geklärt worden sind, wird man den
Versuch wagen, sie in die Geschichte der Zeit, die sie hervorgebracht hat,
einzuordnen. An dieser Stelle sollen die zwei ersten Phasen durchgearbeitet
werden, die Frage der numismatischen Quellenkritik und die Durchsicht
der bekannten Fundumstände. Die Klärung von Verbreitung, Brauchtum
und der geschichtlichen Rolle der Böckinger Münzen sei einer späteren
Untersuchung in möglichst breitem Rahmen vorbehalten.
Die erste Aufgabe hier ist also die Klärung der numismatischen Eigen-
arten der Böckinger Münzen. Mit wenigen Ausnahmen sind sie alle letzt-
lich Nachahmungen bekannter römisch-kaiserzeitlicher Typen. Daher emp-
fiehlt es sich, die Gattung selbst4 kurz zu charakterisieren.
Nachahmungen sind, von römischer Sicht aus, wohl kaum als offizielle
Umlaufsmünzen anerkannt, trotzdem wird man sie nicht unbedingt zu den
Falschmünzen rechnen.5 Falschmünzen werden zu allen Zeiten mit dem
Ziel verfertigt, sie trotz minderen Wertes als vollwertige Stücke in Umlauf
zu bringen. Die Fälscher müssen daher zwangsläufig die höchstmögliche
Ähnlichkeit mit den Originalen anstreben. Bei den Nachahmungen ist dem
aber niemals so; sie sind mit ihrer ungelenken Machart mit einem Blick
aus dem guten Kurant auszuscheiden. Dies besagt freilich nicht, daß solche
Nachahmungen gar nicht kursieren konnten; in speziellen Notlagen,6 wegen
1 Vgl. in diesem Band: R. Roeren, 119 ff.
2 W. Bader, Germania 27, 1943, 35 ff.; K. Regling, Der Dortmunder Fund römischer
Goldmünzen (1908) 6; 22; 39 bzw. (Nachtrag) 44. Dazu W. Kubitschek, Numism. Zeitschr.
42, 1909, 273 ff. Bei Regling und Bader auch die frühere Bit., vgl. H. A. Cahn, Schweiz.
Numism. Rundschau 27, 1938, 427 f.
3 W. Bader, Germania 27, 1943, 35.
4 Vgl. die knappe Zusammenfassung von K. Regling, in: Schrötter’s Handbuch d.
Münzkde. (1930) 56 f.
5 Zu römischen Fälschergesetzen zuletzt: Ph. Grierson, Mattingly-Festschr. (1956) 240ff.
9 Ein Beispiel aus Gallien: Kölner Jahrb. 5, 1960/61, 80 ff.
Die Miinzanhänger aus dem Frauengrab Heilbronn-Böckingen
Von Maria R. Alföldi, Frankfurt a. M.
Mit Tafel F—J
Die bescheidenen Silbermünzen, die die Halskette der Frau im Böckinger
Grab1 zierten, bilden anscheinend eine eigene Gruppe unter den Prägungen
der Völkerwanderungszeit. Sie sind zweifellos selten, doch wurden im Laufe
der Zeit einige mehr oder minder ähnliche Stücke schon veröffentlicht.2
Von numismatischer Sicht wurden sie allerdings vorerst nicht erfaßt, mit
Absicht, wie W. Bader dies feststellt,3 denn: „Die wenigen, dazu zer-
brochenen und teilweise oxydierten Silbermünzen lassen weder eine ge-
naue Wiegung zu, noch sind die Fundorte zahlreich genug, um Sicheres
über die Münzwerkstätten und die Münzwerte, endlich über die privaten
Hersteller, oder den germanischen Einzelstamm oder anderen Münzherrn,
der sie schlagen ließ, auszusagen.“ Der Böckinger Grabfund liefert nun eine
ganze Serie dieser Münzen, so daß man die berechtigte Hoffnung hat, einen
Schritt in der nicht ganz leichten Frage ihrer Beurteilung weiterzukommen.
Es ist freilich notwendig, zunächst einmal die numismatischen Eigenarten
der Münzen festzustellen, gleichsam eine in philologischem Sinne strenge
Quellenkritik durchzuführen, ohne die eine sachliche Beurteilung undenk-
bar ist. Anschließend müssen die oft nur wenig bekannten Fundumstände
hinzugezogen werden, um die auf numismatischer Basis gewonnene Zeit-
stellung zu überprüfen. Erst dann, in der Zusammenschau, nachdem Ver-
breitung und Brauchtum möglichst geklärt worden sind, wird man den
Versuch wagen, sie in die Geschichte der Zeit, die sie hervorgebracht hat,
einzuordnen. An dieser Stelle sollen die zwei ersten Phasen durchgearbeitet
werden, die Frage der numismatischen Quellenkritik und die Durchsicht
der bekannten Fundumstände. Die Klärung von Verbreitung, Brauchtum
und der geschichtlichen Rolle der Böckinger Münzen sei einer späteren
Untersuchung in möglichst breitem Rahmen vorbehalten.
Die erste Aufgabe hier ist also die Klärung der numismatischen Eigen-
arten der Böckinger Münzen. Mit wenigen Ausnahmen sind sie alle letzt-
lich Nachahmungen bekannter römisch-kaiserzeitlicher Typen. Daher emp-
fiehlt es sich, die Gattung selbst4 kurz zu charakterisieren.
Nachahmungen sind, von römischer Sicht aus, wohl kaum als offizielle
Umlaufsmünzen anerkannt, trotzdem wird man sie nicht unbedingt zu den
Falschmünzen rechnen.5 Falschmünzen werden zu allen Zeiten mit dem
Ziel verfertigt, sie trotz minderen Wertes als vollwertige Stücke in Umlauf
zu bringen. Die Fälscher müssen daher zwangsläufig die höchstmögliche
Ähnlichkeit mit den Originalen anstreben. Bei den Nachahmungen ist dem
aber niemals so; sie sind mit ihrer ungelenken Machart mit einem Blick
aus dem guten Kurant auszuscheiden. Dies besagt freilich nicht, daß solche
Nachahmungen gar nicht kursieren konnten; in speziellen Notlagen,6 wegen
1 Vgl. in diesem Band: R. Roeren, 119 ff.
2 W. Bader, Germania 27, 1943, 35 ff.; K. Regling, Der Dortmunder Fund römischer
Goldmünzen (1908) 6; 22; 39 bzw. (Nachtrag) 44. Dazu W. Kubitschek, Numism. Zeitschr.
42, 1909, 273 ff. Bei Regling und Bader auch die frühere Bit., vgl. H. A. Cahn, Schweiz.
Numism. Rundschau 27, 1938, 427 f.
3 W. Bader, Germania 27, 1943, 35.
4 Vgl. die knappe Zusammenfassung von K. Regling, in: Schrötter’s Handbuch d.
Münzkde. (1930) 56 f.
5 Zu römischen Fälschergesetzen zuletzt: Ph. Grierson, Mattingly-Festschr. (1956) 240ff.
9 Ein Beispiel aus Gallien: Kölner Jahrb. 5, 1960/61, 80 ff.