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Furtwängler, Adolf
Neuere Fälschungen von Antiken — Berlin [u.a.], 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.822#0026
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Zeit überhaupt erhalten ist. Alle Stücke waren in Technik und Stil so echt wie nur
möglich, teilweise sogar mit den unnachahmlichen Wurzelfaserspuren versehen.

Schliesslich sei noch ein vereinzeltes Beispiel einer Terrakottafälschung in
monumentaler Grösse erwähnt. Es ist der Kopf eines gehörnten bärtigen Satyrs
in der früheren Sammlung Greau (Fröhner, terres cuites Greau pl. i—3; catal. de
la vente 1891, pl. 59), der 1891 für 10 000 fr. versteigert worden ist. Er ist massiv
frei aus Thon modelliert, der dunkelrot und sehr hart gebrannt ist; er ist nach
Technik und Stil modern; er ist eine freie Nachbildung des Kopfes des berühmten
tanzenden Faun in Neapel, und der Fälscher war gewiss ein Neapolitaner Künstler.
Der Kopf war mit grauer Oelfarbe überschmiert; er war lange im Besitze eines
Herrn Philippucci in Smyrna, der behauptete, dass er aus den Ruinen von Tralles
stamme. Ergötzlich ist der Hymnus, den Fröhner, der begeisterte Lobredner aller
gefälschten Terrakotten, auch diesem "Werke gesungen.

III.

Ungleich weniger gefährlich als die Terrakottenfälschungen sind gegenwärtig
die der Bronzen, d. h. der Statuetten und Reliefs1; denn Münzen in diesem Materiale
werden allerdings ganz vorzüglich gefälscht.2 Allein was unser Gebiet, die Plastik
betrifft, so sind wirklich gute, feine, griechische Bronzen nachzuahmen eminent
schwierig. Die glatte glänzende Patina, die den Figuren erst den rechten Wert
giebt, ist in ihrer echten unendlich schönen Gestalt überhaupt unnachahmlich;
die rauhe kann doch nicht so nachgeahmt werden, dass nicht ein wirklich geübtes
Auge die künstlich aufgetragene Patina von der echten meist unschwer unterscheiden
könnte. Versuche, die so wertvollen kleinen archaischen griechischen Bronzen
nachzuahmen, kommen zwar vor, aber sie sind selten und nicht gelungen. In
Italien ist man geschickter in Fälschung von Bronzen, aber nur in relativ gering-
wertigen Stücken. Ein einigermassen Erfahrener wird sich durch sie nicht täuschen
lassen.

In früherer Zeit wurde in Bronzeplastik mehr und geschickter gefälscht. Ich
habe im Berliner Antiquarium eine grosse Anzahl von Bronzefiguren, die Friederichs
meist noch als echt beschrieben hatte, in eine Sammlung älterer Fälschungen
vereinigt.3 Darunter befinden sich z. B. die zwei Asklepiosstatuetten Friederichs
No. 1846 und 1846a, deren eine in Müller-Wieseler's Denkm. II, 772 und in
Roscher's Lexikon I, 636 als wichtiger Typus des Gottes abgebildet ist; die Figuren
stammen aus dem 16.—17. Jahrhundert (vgl. Meisterwerke S. 398, Anm. 4). Eben

1 So befand sich z. B. in der grossen Sammlung der Bronzen des trefflichen Sammlers J. Greau, die 1885 in
Paris versteigert wurde, kaum ein einziges gefälschtes Stück; aber unter den 1891 versteigerten Terrakotten desselben
Sammlers war eine grosse Anzahl von Fälschungen.

2 Vgl. was Graf Tyszkiewicz in Revue arch. 1897, vol. 31, p. 308 bemerkte.

3 Die Sammlung der Bronzen in Berlin fand ich nach Friederichs Nummern aufgestellt vor; die von Friederichs
nicht aufgenommenen zahlreichen Stücke waren magaziniert. Ich habe im Laufe der Jahre eine vollständige wissenschaft-
liche Neuordnung der gesamten Bronzen durchgeführt, die neuerdings freilich wieder zum grossen Teil zerstört worden ist.
Hat man doch selbst die so wichtigen Grabfunde, einen Hauptschatz des Antiquariums, neuerdings auseinandergerissen.

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