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Furtwängler, Adolf
Neuere Fälschungen von Antiken — Berlin [u.a.], 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.822#0004
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DEM Wetteifer, den die verschiedenen Nationen in Ausgrabungen auf dem
klassischen Boden gegenwärtig bethätigen, entspricht der nicht minder rege
Eifer, den die grossen Museen und Sammler entwickeln, um käufliche Alter-
tümer zu erwerben. Aber Manchem sind die Antiken nicht recht, wie sie der Boden
immer noch in wunderbarer Fülle liefert, die schlichten edlen, oft unscheinbaren und
verletzten Werke. Sie wollen aufregende neue, sogenannte „exceptionelle Prachtstücke",
die auch durch vollständige Erhaltung „ästhetisch befriedigen" sollen. Es wäre ein
Wunder, wenn dieser Nachfrage nicht auch ein Angebot entgegenkäme. Denn
wenn der Boden sie nicht hergeben will — warum sollte man sie nicht neu machen
können, diese begehrten „ästhetisch befriedigenden Prachtstücke"?!

Nun, sie werden auch gemacht, und sie werden verkauft, letzteres freilich nur
da, wo jenes Verständnis als der schützende Panzer fehlt, das nur durch geduldig liebe-
volles Versenken in die tiefe Fülle der verstümmelten Antike erworben wird, und das
auch die dürftigsten Reste der alten Herrlichkeit wieder zu beleben weiss. Nicht
selten wird da, wo dieses lebendige Wissen mangelt, die echte Antike, wenn sie
anklopft, die köstlich reinen Glieder von bescheidenem zerrissenem Gewände ver-
hüllt, als das Aschenbrödel abgewiesen, Verstössen, und die Gunst fällt den ge-
schminkten Gesichtern und ausgestopften Leibern ihrer schlechten Schwestern, den
modernen Fälschungen zu. Es mag sich darum der Mühe lohnen auf einige der
wichtigsten Arten dieser widerlichen Produkte jenes Aufschwunges der Antiken-
fälschung in der Neuzeit, soweit sie mir jüngst entgegengetreten sind, etwas näher
einzugehen.1

Wir beginnen mit den Arbeiten in Marmor.

Da mag ein Stück voranstehen, dem die Ehre zu teil geworden ist neuestens
in der Antikenabteilung des Berliner Museums in besonders anspruchsvoller Weise
an einem Ehrenplatze aufgestellt zu werden; denn erst in achtunggebietender Ent-
fernung sind andere ausgewählte Stücke der Sammlung angeordnet, während einige

1 Das Folgende wurde vom Verfasser in der Novembersitzung (1898) der philol.-philosoph. Klasse der königl. bayer.
Akademie der Wissenschaften zu München vorgetragen; da sich der Druck in den Sitzungsberichten verzögert haben und
der Raum für die Abbildungen beschränkter gewesen sein würde, so erscheint der Vortrag hier selbständig.

Furtwängler, Neuere Fälschungen von Antiken
 
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