Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Furtwängler, Adolf
Neuere Fälschungen von Antiken — Berlin [u.a.], 1899

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.822#0032
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Louvre sind. In neuerer Zeit kamen kleinere Goldarbeiten namentlich von der
Form etruskischer Bullen mit getriebenen oder gepressten mythologischen Figuren
und etwas Granulierung öfter aus Florenz.1 Aber auch aus Griechenland kommen
neuerdings gefälschte getriebene Goldreliefs, besonders Diademe mit Göttern und
Helden in ungeschicktem modernem Stile. Immer wird dabei durch reichlich auf-
getragene Erde und durch allerlei Flecken, die man dem Golde zu geben sucht, ein
antiker Eindruck erstrebt, so dass diese neueren Fälschungen regelmässig viel
schmutziger und fleckiger aussehen als dies je bei echten Goldsachen der Fall ist
All diese Fälschungen werden indes übertroffen, nicht durch Güte der Arbeit, wohl
aber durch Menge und Kühnheit von den neuerdings in Odessa fabrizierten Gold-
sachen, deren Krone die berüchtigte Tiara des Saitaphernes im Louvre ist

Um die Aufdeckung des ganzen Treibens der Fälscherbande von Odessa hat
der Direktor des dortigen Museums E. v. Stern das grösste Verdienst. Ich brauche
nur auf die Ausführungen in der Berliner philol. Wochenschrift 1897, S. 764—768
zu verweisen.2 Hier ist die im Laufe der Jahre allmählich immer steigende und
wachsende Geschicklichkeit und Kühnheit jener Fälscher genau nachgewiesen.
Eine Menge von Goldarbeiten, die vielfach mit Inschriften ausgestattet sind, rühren
von ihnen her. Die mir bekannten Stücke zeigen, dass auch diese Fälscher dem
Golde gerne durch Erde und künstliche rote Flecken ein antikes Ansehen zu ver-
schaffen suchen; einen gewissen rotbraunen Belag indes, der echten Goldsachen
oft eigen ist, haben die Fälscher bisher nirgends nachahmen können. Gern ver-
wenden sie kleine antike Teile, Medaillons, Glaspasten, Steine, Bronzenägel u. a.,
um die falschen Goldsachen durch diese Zuthaten glaubhafter zu machen. Die
Goldarbeiten selbst zeigen sehr geringes Stilgefühl und völligen Mangel kunst-
historischer Kenntnisse; denn sie mischen Motive der verschiedensten Epochen
durcheinander und ihre Figuren sind gänzlich stillos, ungeschickt und meist wider-
wärtig modern in der Bewegung. Sie stehen also künstlerisch auf einer viel tieferen
Stufe als die griechischen Terrakottafälschungen, und ihr ungeheurer Erfolg ist wohl
nur der hypnotisierenden Wirkung zu danken, die das Gold auf die Menschen zu
haben pflegt.

Ein Hauptstück dieser Fälscher, das im Sommer 1895 auftauchte, war eine
grosse goldene Krone mit einer am unteren Teile ganz wie an der „Tiara" an-
gebrachten Weihinschrift an Achilleus Pontarches, den Heros von Olbia, am Haupt-
teile mit Guirlanden im Empirestile und mit zusammenhanglosen, gänzlich stillosen,
einzelnen Bildern nach Vorbildern verschiedenster Zeiten und darunter auch nach
einer gefälschten Silbermünze; ein Zinnenkranz krönte das Ganze. Weiteres da-
rüber vgl. bei v. Stern a. a. O. Diese Krone ward nun nicht von den Fälschern,
die das nicht gewagt hätten — denn bisher hatten sie nur bei unerfahrenen
Sammlern Käufer gesucht —, sondern von einem harmlosen früheren Käufer dem
Berliner Museum angeboten und ward dort in der That mit Begeisterung auf-
genommen; ja der Kauf wäre perfekt geworden, wenn nicht im letzten Momente

1 Vgl. Tyszkiewicz in Revue arch. 1897, vol. 31, p. 168.

2 Vgl. auch was Graf Tyszkiewicz in Revue arch. 1897, vol. 31, p. i6gff. über südrussische Gold- und Silber-
fälschungen erzählt.

29
 
Annotationen