Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 13.1911

DOI Artikel:
Gradmann, ...: Gartenkunst und Denkmalpflege, [1]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0019

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XIII, 1

DIE GARTENKUNST.

11

Villa d'Este zu Tivoli:!Wasserfall im Badegarten. Zeichnung von W. Arntz.

Hauptsache ist immer die formale Anpassung sind auf die zurückgezogene Lage, auf den Sockel-

der Grünanlage an die Komposition der Fassade oder schirm der Ringmauer oder Hecke und den Wand-

- für die Fernwirkung - der Silhouette. Vor einer schirm der Bäume oder Schlingpflanzen angewiesen,

symmetrischen Fassade erwartet man, wenn überhaupt ja darauf berechnet; ihr Außeres ist eben nur als

eine, dann eine regelmäßige Grünanlage, mit Betonung Kehrseite des Inneren behandelt, ohne b assaden-

der Hauptachsen; Bäume nur in symmetrischer An- architektur und Gleichmaß der Fensterachsen. Der

Ordnung, und wenn die Fassade schmuckreich ist, gar Rankenvorhang vor den Fenstern ersetzt ihnen auch die

keine. Die Portale und die wichtigen Schmuckteile schönste alte Glasmalerei. Efeu gibt den Gebäuden

sollen immer freigehalten sein. Einem Gebäude mit etwas ausgesprochen Ländliches oder Altertümliches,

unregelmäßigen Vor- und Rücksprüngen im Grundriß Die Zeit der Renaissance und Reformation, nicht

und mit lebhaftem Dachumriß kann dagegen malerisch minder die des Barock und der Gegenreformation des

reicher Baumschlag kaum schaden. Klassizismus und Rationalismus verzichten in der Stadt

Die meisten Kirchen standen im Mittelalter frei und dann auch auf dem Land grundsätzlich auf den
auf dem Kirchhof. Später wurden die Kirchhöfe ver- Kirchhof und damit auf den Vorgarten und stellen die
baut, und so sind wir heute gewohnt, die alten Kirchen Kirche unmittelbar an die Straße,
in der Stadt eng umbaut zu sehen, wodurch ihre Die Monumente im engeren Sinne, die Ehren-
Höhenwirkung eigentlich erst recht zur Geltung kommt, denkm äler, stellen wir heute mit einer Vorhebe, die
Oder wir sehen sie mit Bäumen sozusagen verbaut, fast auschließliches Gesetz ist, ins Grüne. Entweder
und verdecken die allzuweit freigelegten Kirchen gern in die freie, unbegrenzte Landschaft, wo sie lurmgroße
wieder mit Bäumen. Der Freilegungswahn der Spieß- haben müssen, um sich auf die Ferne zu behaupten,
bürger, der noch auf dem Lande wütet, richtet sich Oder in einen Raum, der durch Bäume und Gebüsch
auch gegen die Bäume des Kirchplatzes. Man spricht begrenzt ist. Selbst auf Architekturplätzen glauben
vom Schaden, den sie dem Bauwerk tun und vom wir ihnen eine grüne Umrahmung geben zu müssen.
Licht, das sie dem Innern wegnehmen, meint aber Und selbst im Garten noch einen besonderen Garten,
meist die saubere Fassade, die nicht verdeckt werden ein Rondell mit Blumen oder eine Ruckwand von
soll. Die alten Dorfkirchen bedürfen meist des Vor- Gebüsch, oder ein Wasserbecken als Vorplatz. Hübsches
gartens, den sie am Kirch- und Friedhof haben. Sie und Sinniges ist so geschaffen worden, öfter aber wird
 
Annotationen