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DIE GARTENKUNST.
XIII, 1
scheinbar willkürlich in einen scheinbar
unbegrenzten Raum und ihre Ehrendenk-
mäler nach guter alter Überlieferung frei
auf geschlossene Architekturplätze, so
daß man hinzutreten, die Inschriften lesen
und auf den Stufen Blumen niederlegen
kann. Wir lassen durch den Gärtner
allerlei Annäherungshindernisse schaffen.
Diese haben allerdings das Gute, daß sie
dem Beschauer den oder die richtigen
Standpunkte anweisen können. Auch
binden sie das Mal ästhetisch an den
Boden, was die Alten mit straßenbau-
lichen Mitteln, wie Aufwölbung der Platz-
fläche und Buntpflasterung, zu bewirken
hier und da für nötig hielten. Der Gärtner
kann mit seinen Mitteln unter Umständen
auch die Wirkung eines Denkmales
steigern und sein räumliches Verhältnis
zu dem Platze verbessern. Was ersteigern
und verbessern kann, das kann er auch
vermindern und verpfuschen. Er kann
mit Rück- und Seitenwänden, Laub-
dächern und Ausschnitten eine Licht-
führung bewirken, die den Eindruck des
Bildwerkes überraschend steigert. Er kann
verschiedene Durchblicke auf das Bild-
werk — oder Bauwerk — eröffnen, die
dasselbe gewissermaßen vervielfältigen.
Leicht wird aber durch den Baumschlag
und den Schatten auch das Bildwerk ver-
deckt oder verdunkelt. Eine Rückwand
kommt den Bildwerken zu, die reliefmäßig,
auf eine einzige Ansicht komponiert sind,
und das sind die meisten. Die beste
Villa d'Este zu Tivoli. Hauptachse mit Palazzo. Photogr. Brogi, Rom. Rückwand, die der Gärtner schaffen kann,
ist eine geschorene Hecke von dunklem
durch die vegetabilischen Zutaten die formale Wirkung Laub, von der das in hellem Stein geschaffte Bild-
des Aufbaues und die Bildwirkung des Bildwerkes werk losgeht. Eine Nische gibt ihm noch tieferen
beeinträchtigt. Schattenraum und ästhetischen Spielraum nach hinten.
Daß wirkliche, zumal lebendige Naturgebilde nicht Alten, verwitterten Gartenfiguren tut der Zufallshinter-
in die Scheihwelt des Kunstwerkes hineinpassen, war grund eines Gebüsches keinen Eintrag mehr, sie werden
sogar dem Spätbarock noch bewußt. Nur mit dem eben gleich Ruinen malerisch, wie Teile der Natur be-
Wasser hat es schon das klassische Altertum nicht trachtet. Vollplastisch komponierten Bildwerken, die
streng genommen. Natürliche oder naturalistisch nach- von verschiedenen Seiten betrachtet sein wollen, schafft
gebildete Felsen als Postament von Stein- oder Erz- der Gärtner einen Räum, etwa ein Heckenrondell, der
figuren mögen im Barock zulässig erscheinen. Leben- ihren Wirkungen, besonders auch ihrer Größe und
dige Pflanzen mit dem Bildwerk zu vermischen, war ihrem inneren Maßstab, entspricht. Reiterfiguren gibt
dem 19. Jahrhundert vorbehalten. Wenn die Sockel- er etwa den für sie besonders günstigen Platz auf
platte einer ehernen Tierfigur im Park mit Efeu über- spitzwickliger Ecke; Riesenbildsäulen, die in der Haupt-
zogen wird, ist das eine naturalistische Verirrung in sache gegen die Luft stehen sollen, die unter Umständen
der Richtung auf die Tonfiguren, die man ins Gras doch nötige Rückwand um den Sockel, die Störendes
stellt. Und wenn gar die Porträtfigur eines Ehren- in der Umgebung verdeckt. Eine ferne Landschaft,
denkmals von Weinranken übersponnen ist, wirkt das die durch seitliche Kulissen oder auch nur durch eine
nicht wie ein sinniges Idyll, sondern als das, was es Brüstung zurückgedrängt wird, schadet mit ihren feinen
ist, als mangelhafte Denkmalpflege im buchstäblichsten Formen und zarten Farben einem Bildwerk, das auf
Sinne des Wortes. Silhouette und in dunklem Material wie der Bronze
Die Romanen stellen ihre Parkdenkmäler heute geformt ist, nicht; sie wirkt als Hintergrund gleich
DIE GARTENKUNST.
XIII, 1
scheinbar willkürlich in einen scheinbar
unbegrenzten Raum und ihre Ehrendenk-
mäler nach guter alter Überlieferung frei
auf geschlossene Architekturplätze, so
daß man hinzutreten, die Inschriften lesen
und auf den Stufen Blumen niederlegen
kann. Wir lassen durch den Gärtner
allerlei Annäherungshindernisse schaffen.
Diese haben allerdings das Gute, daß sie
dem Beschauer den oder die richtigen
Standpunkte anweisen können. Auch
binden sie das Mal ästhetisch an den
Boden, was die Alten mit straßenbau-
lichen Mitteln, wie Aufwölbung der Platz-
fläche und Buntpflasterung, zu bewirken
hier und da für nötig hielten. Der Gärtner
kann mit seinen Mitteln unter Umständen
auch die Wirkung eines Denkmales
steigern und sein räumliches Verhältnis
zu dem Platze verbessern. Was ersteigern
und verbessern kann, das kann er auch
vermindern und verpfuschen. Er kann
mit Rück- und Seitenwänden, Laub-
dächern und Ausschnitten eine Licht-
führung bewirken, die den Eindruck des
Bildwerkes überraschend steigert. Er kann
verschiedene Durchblicke auf das Bild-
werk — oder Bauwerk — eröffnen, die
dasselbe gewissermaßen vervielfältigen.
Leicht wird aber durch den Baumschlag
und den Schatten auch das Bildwerk ver-
deckt oder verdunkelt. Eine Rückwand
kommt den Bildwerken zu, die reliefmäßig,
auf eine einzige Ansicht komponiert sind,
und das sind die meisten. Die beste
Villa d'Este zu Tivoli. Hauptachse mit Palazzo. Photogr. Brogi, Rom. Rückwand, die der Gärtner schaffen kann,
ist eine geschorene Hecke von dunklem
durch die vegetabilischen Zutaten die formale Wirkung Laub, von der das in hellem Stein geschaffte Bild-
des Aufbaues und die Bildwirkung des Bildwerkes werk losgeht. Eine Nische gibt ihm noch tieferen
beeinträchtigt. Schattenraum und ästhetischen Spielraum nach hinten.
Daß wirkliche, zumal lebendige Naturgebilde nicht Alten, verwitterten Gartenfiguren tut der Zufallshinter-
in die Scheihwelt des Kunstwerkes hineinpassen, war grund eines Gebüsches keinen Eintrag mehr, sie werden
sogar dem Spätbarock noch bewußt. Nur mit dem eben gleich Ruinen malerisch, wie Teile der Natur be-
Wasser hat es schon das klassische Altertum nicht trachtet. Vollplastisch komponierten Bildwerken, die
streng genommen. Natürliche oder naturalistisch nach- von verschiedenen Seiten betrachtet sein wollen, schafft
gebildete Felsen als Postament von Stein- oder Erz- der Gärtner einen Räum, etwa ein Heckenrondell, der
figuren mögen im Barock zulässig erscheinen. Leben- ihren Wirkungen, besonders auch ihrer Größe und
dige Pflanzen mit dem Bildwerk zu vermischen, war ihrem inneren Maßstab, entspricht. Reiterfiguren gibt
dem 19. Jahrhundert vorbehalten. Wenn die Sockel- er etwa den für sie besonders günstigen Platz auf
platte einer ehernen Tierfigur im Park mit Efeu über- spitzwickliger Ecke; Riesenbildsäulen, die in der Haupt-
zogen wird, ist das eine naturalistische Verirrung in sache gegen die Luft stehen sollen, die unter Umständen
der Richtung auf die Tonfiguren, die man ins Gras doch nötige Rückwand um den Sockel, die Störendes
stellt. Und wenn gar die Porträtfigur eines Ehren- in der Umgebung verdeckt. Eine ferne Landschaft,
denkmals von Weinranken übersponnen ist, wirkt das die durch seitliche Kulissen oder auch nur durch eine
nicht wie ein sinniges Idyll, sondern als das, was es Brüstung zurückgedrängt wird, schadet mit ihren feinen
ist, als mangelhafte Denkmalpflege im buchstäblichsten Formen und zarten Farben einem Bildwerk, das auf
Sinne des Wortes. Silhouette und in dunklem Material wie der Bronze
Die Romanen stellen ihre Parkdenkmäler heute geformt ist, nicht; sie wirkt als Hintergrund gleich