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Die Gartenkunst — 13.1911

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Arntz, Wilhelm: Italienische Renaissance-Gärten, [7], Tivoli, Bagnaia, Caprarola
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0024

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IG

DIE GARTENKUNST.

XIII, 1

ist der Besitzer einer der reichsten Männer Europas, der ehrwürdigen Stätte unendlicher Menschheits-
der österreichische Thronfolger. Zwar muß jeder Be- erinnerungen und Schönheitsschätze an einem der herr-
sucher ohne alle üblichen Ausnahmen einen Lire beim liebsten Orte der Welt unter der glühenden Kraft süd-
Eintritt bezahlen, aber drinnen gewahrt er nach dem lieber Sonne und in der strahlenden Weihe südlicher
ersten Entzücken allüberall den Verfall. Das klassische Sternennächte die Freude am Dasein neu bejahen?
Meisterwerk der Gartenkunst so trostlos verlassen, dem Wenn Leute die heutige Verwilderung dieses Be-
gänzlichen Verderb anheimgegeben! sitztumes als einen der Ausgänge für eine künftige
Viele Leute sagen zwar, auf diesem romantischen Gartengestaltung hinstellen, so unterliegen sie einem
Zerfall beruhe die Schönheit des Ganzen (Abb. Seite I 5). Trugschlüsse, von der Macht der Stimmung des Augen-

Laubengang als Eingang zu einem Obstgärtchen. Motiv aus dem Obstgarten von Franz Hohm Söhne, Gelnhausen,
auf der Nassauischen Landes-Obst- und Gartenbau-Ausstellung zu Frankfurt a. M.

Man hat eine gewisse Vorliebe des Decadent für das
„Abandon", das Verwahrloste. Ach ja, es ist recht
romantisch und voller Weltschmerz und Einsamkeits-
stimmung. Aber darüber sind wir doch Gott sei Dank
hinaus, — unsere junge "Welt, deren Schläfen von rastlos
drängendem Leben hämmern. Nur unter einem Ge-
sichtswinkel läßt sich jener Zustand der Verlassenheit
rechtfertigen: Die Tage, da sinnenfrohes Leben gleich
den Wassern durch die Villa d'Este schäumte, sind
versunken. Sie ist sein einsames Grabmal, wie die
Campagna das des alten Rom. Der Geist des Todes,
des Vergehens, geht hier um, und den sollte man nicht
vertreiben. Aber andererseits könnte nicht eine nahe
Zukunft wieder all die Lust wecken, die hier zu Grabe
ging? Könnten nicht einst wieder fröhliche Menschen
hier hausen und lachen und singen und im Anblick

blickes überwältigt. Sie vergessen, daß sie nur als
Fremde zum einmaligen Beschauen hierhergekommen
sind, vergessen, daß sie nur betrachten, träumen, die
machtvollen Eindrücke genießen. Ein Garten für Le-
bende, zum Wohnen und Fröhlichsein, zum Heran-
wachsen einer gesunden Generation ist das in diesem
Zustande nicht. Es ist nicht so, als ob er einst weniger
schön gewesen wäre. Der Reiz der freier gewordenen
üppigen Vegetation (noch ist sie nicht ganz frei und
das Hackmesser macht Eselfutter, Streu und Brenn-
holz) ist nicht der einzige. Gesunde, frohe Menschen
würden hier nicht lange aushalten oder würden bald
tun, was notwendig ist: Den Garten wieder säubern,
ordnen und pflegen. Sie könnten dies erreichen, ohne
auf die ehrwürdigen, prachtvollen Cypressen, auf die
grünen Dickichte mit ihrer reichen Vogelwelt, auf die
 
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