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Die Gartenkunst — 13.1911

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Gradmann, ...: Gartenkunst und Denkmalpflege, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0038

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DIE GARTENKUNST.

XIII, 2

und Winkeln, am Brunnen oder Bildstock, Überbleibsel Wegen und den willkürlich verteilten Büschen und
eines Kirchhofes oder Hausgartens. Und es gab Gärten, Bäumen wirken weder als Oberflächenlinien noch als
die der Überbauung harrten, abgeschlossen hinter perspektivische Marken klar genug. Sie heben im Gegen-
Mauern. Das alles war zufällig oder vorläufig, wie teil die Raumwirkung des Platzes auf, indem sie ihn
im Dorfe. Dort gab es regellose Baumreihen auf dem zerschneiden oder verstellen. Sie verdecken die Denk-
Anger und zu Seiten der Dorfgasse oder des Dorfbaches, mäler und Fassaden. Sie geben einem altertümlichen
in den Vorgärten und auf den Höfen. So mögen auch Architekturplatz das Gepräge der Modernisierung oder
in Städten, namentlich in niederdeutschen, schon Bäume der Verwilderung. Sie gefährden auch die öffentliche
hier und da einen Vorplatz beschattet oder einen Kanal Sicherheit. Und sie gedeihen auch nicht recht, da sie
eingefaßt haben. Die öffentlichen Plätze aber schmückte schutzlos dem Wind und Staub und Ruß ausgesetzt sind,
man mit laufenden Brunnen und mit Bildwerken statt Wo Bäume erwünscht sind, ist oft das Gebüsch und
des lebendigen Grüns, das wir pflegen. der Rasen überflüssig. Sie hindern Durchsicht und

Die regelrechten Alleenstraßen sind wohl in der Durchgang und hemmen einander im Wachstum.
Barockzeit aufgekommen, indem alte Festungswälle in Wenn alles, was der Mensch anpflanzt, planvoll,

regelmäßig begrenzt und im
Gegenstand einheitlich sein
muß, so gilt das doppelt und
dreifach von Gartenanlagen
auf architektonischen Plätzen.
Einfache Mittel geben die
stärksten, geschlossenen Wir-
kungen.

Auf den modernen Riesen-
plätzen, wo die meiste Archi-
tektur der Platzwände doch
nicht mehr zurGeltung kommt,
ist durch Pflanzungen freilich
nicht viel zu verderben. Dann
soll die Grünanlage wenig-
stens raumkünstlerischen Wert
haben. Bei einem richtigen
Platze sind die Wände ebenso
dem Anblick freizuhalten, wie
der freie Raum inmitten, wenn
auch die Mitte durch ein Flä-

BHS^HHRHBHHin^BHHSSH^^^HI oder

Aus der Gönner-Anlage in Baden-Baden. Banknische in der Heckenwand hinter dem tetes Mal bezeichnet sein darf.

Josephinenbrunnen. Architekt: Prof. Max Läuger, Karlsruhe. Blick 5. Bei der gärtnerischen Be-
handlung einer Ruine, die

Promenaden verwandelt und später als Wohnstraßen aus- einsam im Freien liegt,^muß man unbedingt von der
gebaut wurden. Das Barock zog wohl auch einmal den Natur ausgehen. Im deutschen Waldklima gehören
Baumgarten in die Stadt herein, in Gestalt einer Allee, bei einer Ruine die Flechten und Kräuter, Sträucher
die auf das Schloß hinführt. Dann sind oder waren aber und Bäume fast zum Begriff. Ohne sie würde die
meist die Anlagen verwahrt mit Brüstungen, wie z. B. Ruine von einem unfertig abgerüsteten Neubau kaum
in Nancy, oder doch mit Prellsteinen und Ketten, wie zu unterscheiden sein. Das Zeitalter der Romantik,
noch in der napoleonischen Zeit allgemein üblich. Das das mit den Ruinen einen Kultus trieb, setzt die Er-
erste Beispiel eines städtischen Architekturplatzes mit haltung des Gesträuches und Baumwuchses bei der
Grünanlagen ist der alte Königsplatz in Paris (1610). Erschließung einer Waldruine voraus. Aber es gibt
Dort war es eine vierteilige Rasenfläche mit zwei sich Ruinen, bei denen das Bauwerk wichtiger ist als das
kreuzenden Kieswegen und einem Reiterstandbild in Gewächs. Und es gibt andere. Die Pflege schönbe-
der Mitte, eingefaßt von einem schmiedeisernen Prunk- wachsener Ruinen ist ein Stück Landschaftsgärtnerei,
gitter, einer Straße und geschlossenen Platzwänden. Man darf grundsätzlich fordern, daß dort keine gärt-
Es war eine Art von öffentlichem Gartenhof, und es nerische Künstelei angewandt werde. Nichts soll dort
blieb ohne unmittelbare Nachfolge. wachsen, als was von selbst erwachsen könnte. Oder
In unseren Städten sind heute nicht nur die was verwildert wachsen könnte, wie so manche Garten-
Schmuckplätze mit Grünanlagen besetzt, sondern sogar flüchtlinge bei Wüstungen. Oder was der ländlichen
auf den Verkehrsplätzen haben sie Fuß gefaßt. Aber Bodenkultur angehören könnte. Eine Ruine soll mi-
die naturalistischen Anlagen mit den geschlängelten gepflegt erscheinen. Sie darf zugänglich gemacht sein,
 
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