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Die Gartenkunst — 13.1911

DOI Artikel:
Gradmann, ...: Gartenkunst und Denkmalpflege, [2]
DOI Artikel:
Nußbaum, Theo: Gartenbetrachtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0041

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XIII, 2

DIE GARTENKUNST.

33

Denkmalstätte und Garten zugleich soll nach mo-
dernen Begriffen der Friedhof sein. Das Grün zwi-
schen den Denkmälern ist eine künstlerische Wohltat,
das Grün und die Blumen auf den Gräbern eine Wohl-
tat für das Gemüt. Schöne alte Motive für Friedhof-
architektur sind die Mauernischen und die Säulengänge,
der schönste bildnerische Schmuck ein großes Kreuz-
bild. Zur Schönheit des Friedhofes gehören Bäume,
insbesondere an den Hauptwegen und den Grenzen,
und die besondere Üppigkeit des ganzen Pflanzen-
wuchses in dem viel umgegrabenen Boden.

Schön und poetisch ist ein Friedhof am Waldrande
oder auch in Waldesmitte. So abgeschlossen und ruhe-
voll kann keiner im offenen Felde sein. Aber der
moderne Waldfriedhof, wo die Gräber verstreut und
halb versteckt in Waldpartien liegen, kann doch nicht
das Rechte sein. Solche Absonderung des einzelnen
und Heimlichkeit ist ein Abfall von der christlichen
Idee des Friedhofs.

Verlassene Friedhöfe mögen als Volksgärten ge-
öffnet, aber im Charakter des alten Friedhofes erhalten
werden, sowohl aus künstlerischen wie aus ethischen
Gründen. Dazu gehört die alte Einteilung mit den
sich kreuzenden Hauptwegen, und von den Gräbern
und Denkmälern die namhaften und künstlerisch wert-
vollen. Dann die alten Trauerbäume und das dichte
dunkle Gebüsch der Gräber, aufgelichtet durch einige
Birken, Lärchen, Farnbüsche und Schlingreben. Efeu
und Immergrün mögen wuchern. Stehen die Grab-
steine vom Weg abseits im Rasen, so schadet es auch
nicht, wenn sie schief stehen, bemoost und verrostet
sind. Aber so wenig als möglich neue Spazierwege,
Laternen und Leitungen. Keine Gastwirtschaft, beschei-
dene Spielplätze und Gartenbeete. Bei den Judenfried-
höfen ist das, was die Denkmalpflege erstreben muß, ge-
sichert durch religiöse Pietät und kirchliche Vorschriften.

Eine Art von Kunstdenkmälern sind alte Gärten.
Dazu gehören schon manche von den bescheidenen
Bürgergärten mit ihren Hecken und Kleinbauwerken,
Brunnen und Gießwasserbecken und den alten Bäumen
und Schlingpflanzenstöcken. Der Schloßgärten im
Barockstil sind es nicht mehr allzuviele. Manche sind
zerstört, in englische Anlagen oder in Obstgärten ver-
wandelt. Es bedarf nur geringer Pflege, um sie so zu
erhalten, daß sie künstlerisch und historisch gleicher-
maßen ansprechen. Ein Anfang von Verwilderung und
Verfall gehört zu ihrer Schönheit. Die Bäume werden
von selbst immer schöner. Hier bedarf es keiner
Blumen und Zierstauden, keiner tadellosen Rasenflächen
und sauber abgestochenen Kanten. Die Wege sollen
fest sein, müssen aber nicht von Moos und Gras frei
sein. Die steinerne Gartenarchitektur darf verwittert
und bemoost sein. Es ist kein Schönheitsfehler, wenn
aus den Fugen der Treppen und Steinplatten Gras und
Kräuter sprießen. Auch die Figuren dürfen, wenn es
nicht anspruchsvollere Kunstwerke sind, die Schön-
heiten der Ruine annehmen. Doch sei man auch mit
dem Reinigen nicht allzu ängstlich. Marmorfiguren

müssen gereinigt werden, sie werden sonst schwarz von
Algen. Fortwährender Unterhaltung bedürfen die
Lattengitter der Lauben, wenn sie nicht durch eiserne
ersetzt werden. Die Hecken müssen unter der Schere
gehalten werden. Durchblicke sind freizuhalten, ab-
gegangene Bäume zu ersetzen. Den Rasen erhält man
bekanntlich durch fleißiges Abmähen. Es schadet aber
nichts, wenn er an entfernteren Parkorten zur blumigen
Wiese verwildert. Die Wasserleitungen sollten im Gang,
die Teiche und Wasserläufe sauber gehalten werden.
Vertrocknete Wasserkünste sind ein trauriger Anblick,
besonders wenn Figuren dazu gehören, deren Mimik
sich auf das lebendige Wasser bezieht. Eine regel-
mäßige Wasserfläche mag in unregelmäßig malerischer
Fülle mit Wasser- und Uferpflanzen besetzt sein, die
Einfassungen und Postamente mit üppigen Moos-
polstern. Verkehrt wäre es, auf alte Stilgärten den
Grundsatz zu übertragen, daß Erneuerungen in moder-
nem Stil gehalten werden, so, wie es zu Anfang des
vorigen Jahrhunderts mit Gärten der Barockzeit ge-
schehen ist. Wir haben heute zu viel historischen Sinn
auch den Gärten gegenüber, und die wenigen Beispiele,
die uns geblieben, sind uns zu kostbar, als daß wir sie
modernisieren möchten.

Denkmäler sind aber auch die landschaftlichen
Gärten alten Bestandes; ja auch außerhalb des Garten-
oder Parkbereichs die alten Alleen, Baumgruppen und
Einzelbäume. Die Allee ist für manche Barockfassade
noch wichtiger, als die hinzuführende Gasse für ein mittel-
alterliches Münster. Und für manches Ortsbild sind die
alten Bäume unentbehrlich zu seiner gefeierten Schön-
heit. Was w ären die westfälischen Höfe ohne ihre Eichen,
die rheinischen ohne ihre Nußbäume? Und selbst man-
ches Städtchen ohne seine Pappelreihen und Alleen auf
dem Wörth. Von ähnlicher Bedeutung sind die Gärten
und Weinberge an den Hängen, die unregelmäßigen
Baumreihen an den Wasserläufen.

Manches volkstümliche Kleinbauwerk in freier Flur
verdankt seinen künstlerischen Reiz einem Baume oder
einer Gruppe. Man sorge für seine Erhaltung durch
Nachwuchs und vergesse diesen Schmuck auch bei
Neubauten solcher Art nicht. Alte Bäume sind Denk-
mäler, und einen Baum von langlebiger Art zu setzen
ist besser, als ein Denkmal ohne künstlerische Qualität.

Eine Art von Denkmalschutz und Denkmalpflege
ist ihnen allen zu wünschen. Denn je mehr die Natur
in unserem Vaterlande der Kultur weicht, je mehr
diese uns die Natur ersetzen muss, um so wichtiger
werden biologisch und ästhetisch für die ganze Nation
die Gärten und Baumpflanzungen, namentlich die alten.

Gartenbetrachtungen.

Von Theo Nußbaum, N.-Breisig.
Die künstlerische Bewegung der letzten Jahre hat
auf dem Gebiete der Gartengestaltung ein interessantes
Arbeitsfeld gefunden, und die Jahre kritischer Ent-
 
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