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Die Gartenkunst — 13.1911

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Fischer, Rudolf: Der Schillerpark in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0048

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40

DIE GARTENKUNST.

XIII, 2

Schutze des Publikums empfohlen", sondern ein Schild mit
der Aufforderung: ,,Bürger, schützt Euere Anlagen!" —

Die den Doppelhügel im südöstlichen Parkteil krö-
nenden Terrassen haben im zweiten Projekt der Kosten
wegen etwas verkürzt und um I m tiefer gesetzt werden
müssen; aus demselben Grunde wurde als Baumaterial
statt märkischer Findlinge Rüdersdorfer Kalkstein ge-
wählt. In dem Gewölbe unter den Zugangstreppen
werden Räume für Turngeräte, Kleiderablage für die
Kinder, Aborte usw. geschaffen; die an den Terrassen-
mauern befindlichen Laufbrunnen bieten Trinkwasser
und bleiben zu diesem Zweck auch im Winter während
der Eislaufzeit in Betrieb. Die Achse der die Terrasse
bedachenden sechsreihigen Kastanienallee weist auf den
Gipfel des Hügels an der Barfusstraße, wo ein Wasser-
turm für eine eigene Bewässerungsanlage als point de
vue Aufstellung finden soll.

Auch der östlich der Terrasse liegende Bergkegel
(+ 48) ist im zweiten Projekt einer Umarbeitung unter-
zogen worden und bereits ausgeführt. In der Achse
des Laufbrunnens an der östlichen Mauer führt an einem
großen Kinderspielplatz vorbei ein gerader, von Rot-
dornstämmen besäumter Weg auf den Gipfel zu einem
Aussichts- und Ruheplatz, der mit einer Brüstungs-
mauer aus Bruchsteinen gefaßt ist. Die steilen zur
Straße abfallenden Hänge des Hügels (Steigung I: 2,5)
werden ausschließlich mit Flieder in wenigen erlesenen
Sorten bepflanzt werden.

Die Pflanzung im Park trägt mit wenigen Aus-
nahmen heimischen Charakter. Nur an architektonisch
betonten Stellen, wie Spiel- und Sitzplätze, Straßenzu-
gänge und Aussichtspunkte, finden fremde Gehölze
Platz. Bunt- oder geschlitztblätterige Gartenformen
unserer heimischen Gehölze sollen nicht verwendet
werden. Die breite Grenzpflanzung, welche den Park
gegen die ihn rings umgebenden Straßen abschließt,
besteht aus Hölzern der Pflanzengesellschaft des Misch-
waldes, hauptsächlich Eichen und Buchen, teils hain-
artig gestellt mit Waldstauden und -Kräutern darunter,
teils mit Unterholz. Der sich zwanglos zwischen Bürger-
wiese und Grenzpflanzung hinziehende Umgangsweg
wird von lockergestellten Lindenbäumen begleitet. Die
Baum- und Buschgruppen im Innern des Parkes sind
einheitlich mit wenigen Arten bepflanzt, diese aber in
Massen zu wirksamen Bildern vereinigt.

Die Wege werden mit Ausnahme eines schmalen
Pfades in der Ostecke des Geländes mit parallelen
Kanten ordnungsmäßig gebaut und stark befestigt, wie
es sich für den voraussichtlich starken Verkehr in dem
Volkspark eines dicht bevölkerten Stadtteils empfiehlt.
Einfriedigungen sind nur an der Straße, nicht aber an
den Parkwegen vorgesehen, dagegen wird man die
Rasenkanten in den regelmäßigen Teilen durch Band-
eisen schützen müssen. An Sandspielplätzen für die
Kinder sind neun in verschiedenen Größen vorhanden,
die über das ganze Parkgelände verteilt sind. In ihrer
Nähe aufgestellte Bänke ermöglichen eine Beaufsichti-
gung der Kinder durch ihre Angehörigen.

Als es sich um die Aufstellung von Bänken han-
delte, hat die städtische Parkdeputation sich dadurch
sehr verdient gemacht, daß sie die unsterblich scheinende
gußeiserne Parkbank mit birkenartigem Anstrich end-
lich auf den Aussterbeetat setzte und sich für drei
neue Modelle schlichter, hölzerner Gebrauchsbänke ent-
schied, von denen eines durch Herrn Bauer, die beiden
anderen im Schillerparkbureau entworfen worden sind.

Einer erst in den letzten Jahren auch in öffent-
lichen Parks wieder mehr beachteten Abteilung der
Parkpflege, der Fürsorge für die heimische Vogelwelt
wird auch im Schillerpark große Aufmerksamkeit ge-
widmet. Nach den vorbildlichen Bestimmungen des
um die Singvogelpflege hochverdienten Freiherrn von
Berlepsch ist hinreichend für Nistgelegenheit gesorgt,
Futterplätze sind angelegt, Futterglocken aufgehängt,
und Sommer wie Winter finden die gefiederten Sänger
frisches Wasser zum Trinken und Baden in zahlreichen
hübschen Näpfen aus Kunstsandstein. —

Es sei erlaubt, an dieser Stelle darauf hinzuweisen,
daß das Tränken der Vögel gerade im Winter hoch-
wichtig ist und ihnen das Überstehen der schweren
Zeit wesentlich erleichtert. Es gehen viel mehr Vögel
in langen schneelosen Frostperioden an Durst als an
Hunger zugrunde. Darum lasse man sich ein zwei-
maliges Tränken am Tage mit warmem Wasser, das
dem Gefrieren einen längeren Widerstand entgegen-
setzt, nicht verdrießen! —

Erwähnt sei noch, daß die Parkverwaltung beab-
sichtigt, an der Bürgerwiese ein Watbecken („Plansch-
wiese") von etwa 1200 qm Fläche einzurichten, in dem
die Kinder bis über die Knöchel im Wasser watend
spielen können.

Die Gesamtkosten der Anlage einschließlich der
Terrassen, aber ohne sonstige Baulichkeiten, werden
rund I Million Mark betragen. —

Der rege Besuch des der Öffentlichkeit übergebe-
nen Parkteils bestätigt schon heute das Bestehen
eines großen Bedürfnisses für einen zeitgemäßen Volks-
park im nördlichsten Berlin. So ist nun ein Teil der
reichen Bauerschen Idee Wirklichkeit geworden und
in zwei Jahren wirds die ganze sein. Aber schon jetzt
kann man erkennen, welche Summe von Schönheit
und Glück über das arg beschnittene, künftig von fünf-
stöckigen Reihenmietshäusern umgebene Stück Erde
nach einigen Jahren der Entwickelung ausgegossen sein
wird. Nicht nur die Bevölkerung Berlins ist dem
Schöpfer des Parkes, Bauer-Magdeburg, und dem
eifrigen Förderer moderner Gartenkunst in Berlin,
Bürgermeister Dr. Reicke, dankbar für das, was sie
ihr schenkten, sondern auch alle Gartenkünstler im
Lande zollen dem formvollendeten Kunstwerk und
seiner Ausführung, an der weite Kreise regen Anteil
nehmen, Lob und Anerkennung.

Rudolf Fischer, Charlottenburg.
 
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