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Die Gartenkunst — 13.1911

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Schubert, Wilhelm: Alleen und Laubengänge
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0096

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88

DIE GARTENKUNST.

XIII, 5

Villa Lante bei Bagnaja: Mittelstück der Hauptachse. Phot. Moscioni, Rom.

Ganz biologisch gesprochen; unsere Bäume sind doch fügen sich ganz besonders schmiegsam dem Willen

Waldbäume, sind doch von Natur bestimmt, dicht des Pflanzenden. Nimmt man den Zwischenraum

beieinander zu stehen, wollen eines das andere zwischen den Zeilen der Allee gangartig schmal, oder

schützen und sich durch gegenseitiges Drücken und setzt man 4 Baumzeilen in geringen Zwischenräumen

Schieben zur Höhe recken, und sie rächen sich für nebeneinander, so strecken die einzelnen Bäume ihr

solch natürlich-unnatürliche Menschenpflanzung durch Geäst ganz senkrecht zur Höhe, ergeben ein wunder-

Windbruch und Sturmschäden, während alte dichte volles Gestänge senkrechter Linien, die von wenig

Allen fest und gesund stehen, gepanzert gegen Wind vorhängendem Blattwerke reizvoll durchbrochen wer-

und Wetter. den. Erst ganz oben entwickeln sich die mächtigen

Wenn man alte Alleen ausmißt, so findet man, daß Kronen, und nach den beiden Außenseiten laden die

Linden- und Ulmenalleen meist 3—4 m, Kastanien- Bäume gewaltig aus, hängen im Alter fast bis zur

alleen 4—5 m, Platanenalleen noch etwas mehr Ab- Erde herab und schaffen so beinahe den Charakter

stand von Baum zu Baum halten. Es kommen aber eines Laubenganges. Nimmt man dagegen den Zwi-

noch engere Maße vor. In Körchow (Mecklenburg) schenraum zwischen den Baumzeilen sehr breit (Allee

z. B. ist ein Kreis von Linden, ein sogenannter Linden- von Belvedere), so bilden die Bäume nach innen eine

tempel, mit dem Durchmesser von 21 m, auf den sich rundbogige Torfahrt, nach außen schwere wulstige

23 Bäume verteilen, so daß, da ein Eingang von 6,5 m Kronen. Und zwischen diesen beiden äußersten Fällen

vorhanden, der Abstand der Bäume nur 2,65 m beträgt, liegen noch eine große Zahl von Möglichkeiten der

Die Bäume sind etwa 120 Jahre alt, mächtig im Stamm Pflanzung, jede mit anderem besonderen Charakter,
und kerngesund. In York (Engknd) sah ich in Ähnlich in der Wirkung mögen Catalpen sein,

einem Hausgarten eine ganz kurze Platanenallee, deren Ich sah noch nie eine dicht gepflanzte. Allee von

Bäume nur den Abstand von 3,2 m hatten. Die Bäume Catalpenbäumen; glaube aber, daß dieser eigenartige

waren noch jung, etwa 15 Jahre alt und bildeten doch Baum mit seinem graziösen Aufbau und dem gewaltig

schon, sinngemäß gezogen, ein vollständig dichtes großen und dichten Blattwerk Alleen bilden müßte von

Dach. märchenhaft bizarrer Art. Ahorne und Eichen, die

Das malerische Herabhängen der Zweige alter in ihrem Wuchs zu kugeliger Form streben, sind nicht

Kastanienbäume, wie es in Gärten gegen Seeufer so sehr geeignet zu Alleebäumen, und die Alten ver-

so oft als Motiv verwandt ist, läßt sich überhaupt nur wandten sie auch kaum, es sei denn den anmutigen

erreichen und in Form bringen, wenn man die Bäume Acer dasycarpum.

dicht pflanzt; sonst hängen die Äste eben nicht gegen Dagegen ist die Platane mit ihrem horizontal sich

den See, sondern der bizarren Laune der Natur fol- streckenden Geäst und ihrem ganz dichten Laubwerke

gend, gegen einander, halb schräg, gegen den Weg vorzüglich. Man kann sie im Abstand am weitesten

im verdrießlichen Durcheinander. Kastanienalleen pflanzen (meist 6 m); sie erträgt Ruß und Staub geduldig
 
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