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Die Gartenkunst — 13.1911

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Kiehl, W.: Die Dornburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0106

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98

DIE GARTENKUNST.

XIII, 5

Zeit friedlichen Glanzes hob an, als die Herzogin-Witwe
Anna Maria von Sachsen-Altenburg 1612 hier ihren Wit-
wensitz nahm. Von der Herzogin stammt auch das kunst-
volle Abendmahlsgerät in der Kirche, Augsburger Arbeit
aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, das heute noch
benutzt wird. Der bald hereinbrechende dreißigjährige
Krieg brachte auch über die Dornburg viel Unglück.
Man lasse sich hierüber von dem schon erwähnten
treuen Hüter der Schlösser berichten, wie die Bauern
plündernde Kroaten den steilen Berg, den Kroaten-
sturz, hinuntergestürzt haben, und lasse sich die
Steinkugeln zeigen, die gegen die Burg geschossen
wurden.

Die alte Dornburg und das heutige Goetheschloß
gingen später in den Besitz des Hauses Sachsen-Weimar-
Eisenach über, und gleich der Gründer dieser Linie,
Herzog Ernst August, erbaute sich hier an dem schönsten
Punkte der Saale einen Fürstensitz, das „Neue Schlöß-
chen" (Abb. 1). Dieser baulustige Fürst, der auch die
Schlösser in Ettersberg, Ilmenau, Zillbach, Wilhelms-
thal, Allstedt, Belvedere bei Weimar, den Schloßturm
in Weimar und das neue Fürstenhaus in Eisenach er-
baute, brauchte hierzu viel Geld, und er ließ die
Grotte unter der fünfeckigen Terrasse, die senkrecht
über den Felsen vor dem Schlosse aufsteigt, an-
legen, um hier mit Theophrastus Meinardus Gold zu
machen.

Glanzvolle Zeiten brachen unter der Regierung
Carl Augusts für das Schloß an. Seine Gemahlin
wohnte mit Vorliebe jeden Sommer hier. Carl August
war es auch, der Goethe nach Dornburg brachte. Er
stellte ihm das neben dem „Neuen Schlößchen" ge-
legene, nach seinem letzten Besitzer das „Stomannsche"
genannt, zur freien Verfügung. Noch vollständig ist
dies Schlößchen erhalten, wie Goethe es bewohnt hat

Keinen besseren Pfleger des Schlosses können wir
uns denken, als den alten Herrn Hofgärtner, der dieses
Kleinod hütet wie seinen Augapfel. Man kann von
Dornburg und seinen Gärten nicht reden, ohne auch
seiner zu gedenken. Ehrwürdige weiße Locken quellen
unter einem großen weißen Strohhut hervor, und auf
einen Stock gestützt zeigt er die beiden Schlösser und
gibt seine Erklärung dazu, die allein schon wert ist,
eine Fahrt nach Dornburg zu machen. Ich möchte
sagen, es gibt keinen größeren Goetheverehrer als
diesen Herrn, ja man möchte fast glauben, er habe mit
„Exzellenz von Goethe" hier zusammen gelebt, mit
ihm die Gärten geschaffen und die Pflanzen gepflanzt,
Mit Stolz zeigt er die Rabatte mit Epimedium alpinum.
das „Herr von Goethe" von seiner Italienreise mit-
gebracht hat, und dicht daneben ein großes MP, das
einst zu Ehren der Großfürstin Maria Paulowna in
Stiefmütterchen gepflanzt wurde. Der verstorbene Groß-
herzog Karl Alexander verbrachte jährlich einen Teil des
Sommers in Dornburg. Sobald die Rosenblüte begann,
traf er dort ein. Mit großer Ehrfurcht erzählt auch
hiervon der alte Herr, während er auf den regierenden
Großherzog scheinbar nicht gut zu sprechen ist, da

dieser seither nur einmal und auch nur für eine halbe
Stunde dort gewesen sei. —

Sehr geschickt ist das das Neue Schlößchen um-
gebende Gelände und der steil abfallende Hang nach
der Saale zu ausgenutzt. Zwischen Schloß und Straße
liegt in der Breite des Schlosses gegen den übrigen
Garten erhöht eine von Akazien beschattete Terrasse,
(Abb. 2, Plan A), von welcher einige breite Stufen in
das Hauptgeschoß des Schlosses führen; unter diesen
Stufen verbindet ein Weg die angrenzenden Garten-
teile miteinander (Plan B). Ein kunstvolles, etwa 1 m hohes
Gitter aus Schmiedeeisen grenzt die Terrasse ab und
ein hohes geschmiedetes Gitter bildet den Abschluß
nach der Straße, auf deren anderer Seite das wein-
umrankte Kavalierhaus liegt (Plan M, Abb. 2). Nach
Osten führen einige Stufen in einen etwas regellosen
Garten, dessen einzelne Beete mit Rosen bepflanzt
sind (Plan C). An diesen Teil grenzt weiter nach
Osten der Burghof. Nach Süden schließt ein durch
seine fast primitive Einfachheit schöner Laubengang
den Garten ab (Abb. 3, Plan D). Davor liegt, hart
an die hohe Stützmauer grenzend, ein mit Rosen-
stämmen bestandener Weg (Abb. 4, Plan E). Die
breite Brüstungsmauer bietet prachtvolle Sitzgelegen-
heit und von hier aus hat man den herrlichsten Blick
auf die alte Burg und das Saaletal. Die hohe Stütz-
mauer ist mit edlem Wein berankt. Beiderseits ist der
am Fuß der Mauer laufende Weg mit breiten Blumen-
rabatten eingefaßt; hier blüht alles, was es nur immer
an einjährigen Sommerblumen gibt (Abb. 5 und 6,
Plan F). Der nun weiter folgende Gang (Plan G) ist
anfangs mit Weinstöcken, dann mit allem möglichen
Gesträuch dicht bewachsen.

In der Achse des Schlosses liegt unterhalb der
Terrasse F eine bastionsartige Terrasse, (Plan H),
unter dieser die oben erwähnte Zaubergrotte. Westlich
an das Schloß grenzt eine geräumige Baumterrasse,
auf welcher bei gutem Wetter gewöhnlich der Tee ein-
genommen wurde (Abb. 7, Plan J). Von hier führen
wieder einige Stufen in einen kleinen reizenden
Garten, der durch einen rechtwinklig sich kreuzenden
Rosenlaubgang in vier Felder geteilt wird (Abb. 8,
Plan K). Das ganze ist eine so einfache Lösung, daß
man sich wundert, worin der große Reiz dieses
lauschigen Plätzchens liegt. Am Ende des von Ost
nach West führenden Laubenganges steht die schöne
Bronzebüste einer Bacchautin, (Abb. 9, Plan B), die einst
Napoleon III. dem verstorbenen Großherzog aus dem
Park von Fontainebleau geschenkt hat (Abb. 9). Von
der Baumterrasse J führen durch einen geschmiedeten
Bogen (Abb. 10), wieder einige Stufen in einen regel-
losen Gartenteil, dessen Beete hauptsächlich wieder mit
Rosen bepflanzt sind. An diesen Garten grenzt das
Goetheschloß (Abb. 11).

Die Abb. 12 zeigt einenBlick auf diedreiSchlösserund
saaleabwärts; einen nicht minder schönen Ausblick hat
man saaleaufwärts bis zu den Bergen bei Jena in das ge-
segnete schöne Land. Kiehl, Saaleck.

Für die Redaktion verantwortlich: Stadt-Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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