210
DIE GARTENKUNST.
XIII, 11
den nördlichen Teil, d. h. das Gebiet mit Ausschluß
des Gemüsegartens, Sportplatzes und Luftbades. Dieser
Hauptteil stellt die ursprüngliche Anlage dar, während
die Angliederung der anderen vorgenannten Teile dem
schrittweisen Ankauf des Geländes entsprechend er-
folgte. Der Hinweis hierauf scheint mir nicht unwichtig.
Das Haus ist die Dominante, zu ihm sind alle
Gartenteile in Beziehung gesetzt. Ich bitte die große
Achse zu beachten, die durch des Hauses Mitte, durch
Diele und Eßzimmer geht, ihre Fortsetzung in der
Hauptpartie und ihren Abschluß in dem Gartenhause
findet, ja selbst darüber hinausführt und in dem auf
später erworbenem Grund und Boden stehenden Obst-
laubengang ausklingt. Diese streng durchgeführte Achse
schlägt einen starken Ton an, bildet das Rückgrat
der ganzen Anordnung und bringt trotz der Verschie-
denheit der einzelnen Teile, diese zu einem einheit-
lichen Ganzen zusammen.
Das Haus als Dominante zeigt sich auch in der
dem Herrenzimmer nach Osten vorgelagerten Partie.
Daß die radial verlaufenden Wege sich gerade in dem
Mittelpunkt des halbrunden Erkers des Herrenzimmers
schneiden, dem möchte ich für diesen Teil eine be-
sondere Bedeutung zumessen. Prägt sich nicht hier
des Herrn, des Besitzers herrschender Wille über den
Garten aus? Mag es beabsichtigt gewesen sein, oder
sich folgerichtig aus der Lage von Blaus und Zimmer,
zum Treppenaufgang an der Straßenecke ergeben haben,
ich weiß es nicht. Es ist vorhanden, läßt sich aus dem
Plan, aus der Anordnung herauslesen. Von den hier
in geringer Entfernung voneinander, fast parallel ge-
führten Wegen möchte der eine bei oberflächlicher
Betrachtung als überflüssig erscheinen, doch ergibt sich
aus der verschiedenen Höhenlage und Zweckbestimmung
die Notwendigkeit beider. Der obere liegt sonnig und
dient der zweckmäßigen Aufteilung und Begrenzung,
der untere, schattig gelegen, bildet die Fortsetzung
des durch die dicht bepflanzten Gartenpartien führen-
den Pfades. Daß der untere Weg hart an die Mauer
sich anschließt, ohne die übliche Grenzpflanzung, ist
als günstig anzusehen; es ergibt sich eine wechselnde
malerische Belichtung des Weges; auch ist in prakti-
scher Hinsicht ein Ausguck auf die tiefer gelegene zur
Stadt führende Straße gewonnen, ohne ihn als wichtig
zu betonen und auf ihn besonders hinzuweisen.
Als sehr glücklich möchte ich die geschickte Ver-
bindung der an der Südseite des Hauses liegenden
Wohnräume mit dem Garten bezeichnen. Zumal das
geräumige lichte Speisezimmer wird dem von der Diele
Eintretenden, mit den spielenden grünen Lichtreflexen
und dem interessanten unbehinderten Ausblick in den
Garten, sich äußerst stimmungsvoll und behaglich dar-
stellen (Abb. S. 211). — Der fanatische Anhänger des Archi-
tekturgartens mag die teilweise in freier Linie geführten
Wege vielleicht betrachten als einen Rückfall, als eine
noch nicht ganz überwundene Anhänglichkeit an den
ach so viel geschmähten Landschaftsgarten. Vor einigen
Tagen erst las ich in der „Bauwelt" einen Aufsatz
mit Abbildungen aus dem Buch von Grisebach: „Der
Garten, eine Geschichte seiner künstlerischen Gestaltung",
in welchem dem Garten nur in der Form des streng
architektonischen eine Daseinsberechtigung zuerkannt
wurde. Der Garten hat aber nicht allein der vom ein-
seitigen Standpunkt diktierten Bedingung zu genügen
DIE GARTENKUNST.
XIII, 11
den nördlichen Teil, d. h. das Gebiet mit Ausschluß
des Gemüsegartens, Sportplatzes und Luftbades. Dieser
Hauptteil stellt die ursprüngliche Anlage dar, während
die Angliederung der anderen vorgenannten Teile dem
schrittweisen Ankauf des Geländes entsprechend er-
folgte. Der Hinweis hierauf scheint mir nicht unwichtig.
Das Haus ist die Dominante, zu ihm sind alle
Gartenteile in Beziehung gesetzt. Ich bitte die große
Achse zu beachten, die durch des Hauses Mitte, durch
Diele und Eßzimmer geht, ihre Fortsetzung in der
Hauptpartie und ihren Abschluß in dem Gartenhause
findet, ja selbst darüber hinausführt und in dem auf
später erworbenem Grund und Boden stehenden Obst-
laubengang ausklingt. Diese streng durchgeführte Achse
schlägt einen starken Ton an, bildet das Rückgrat
der ganzen Anordnung und bringt trotz der Verschie-
denheit der einzelnen Teile, diese zu einem einheit-
lichen Ganzen zusammen.
Das Haus als Dominante zeigt sich auch in der
dem Herrenzimmer nach Osten vorgelagerten Partie.
Daß die radial verlaufenden Wege sich gerade in dem
Mittelpunkt des halbrunden Erkers des Herrenzimmers
schneiden, dem möchte ich für diesen Teil eine be-
sondere Bedeutung zumessen. Prägt sich nicht hier
des Herrn, des Besitzers herrschender Wille über den
Garten aus? Mag es beabsichtigt gewesen sein, oder
sich folgerichtig aus der Lage von Blaus und Zimmer,
zum Treppenaufgang an der Straßenecke ergeben haben,
ich weiß es nicht. Es ist vorhanden, läßt sich aus dem
Plan, aus der Anordnung herauslesen. Von den hier
in geringer Entfernung voneinander, fast parallel ge-
führten Wegen möchte der eine bei oberflächlicher
Betrachtung als überflüssig erscheinen, doch ergibt sich
aus der verschiedenen Höhenlage und Zweckbestimmung
die Notwendigkeit beider. Der obere liegt sonnig und
dient der zweckmäßigen Aufteilung und Begrenzung,
der untere, schattig gelegen, bildet die Fortsetzung
des durch die dicht bepflanzten Gartenpartien führen-
den Pfades. Daß der untere Weg hart an die Mauer
sich anschließt, ohne die übliche Grenzpflanzung, ist
als günstig anzusehen; es ergibt sich eine wechselnde
malerische Belichtung des Weges; auch ist in prakti-
scher Hinsicht ein Ausguck auf die tiefer gelegene zur
Stadt führende Straße gewonnen, ohne ihn als wichtig
zu betonen und auf ihn besonders hinzuweisen.
Als sehr glücklich möchte ich die geschickte Ver-
bindung der an der Südseite des Hauses liegenden
Wohnräume mit dem Garten bezeichnen. Zumal das
geräumige lichte Speisezimmer wird dem von der Diele
Eintretenden, mit den spielenden grünen Lichtreflexen
und dem interessanten unbehinderten Ausblick in den
Garten, sich äußerst stimmungsvoll und behaglich dar-
stellen (Abb. S. 211). — Der fanatische Anhänger des Archi-
tekturgartens mag die teilweise in freier Linie geführten
Wege vielleicht betrachten als einen Rückfall, als eine
noch nicht ganz überwundene Anhänglichkeit an den
ach so viel geschmähten Landschaftsgarten. Vor einigen
Tagen erst las ich in der „Bauwelt" einen Aufsatz
mit Abbildungen aus dem Buch von Grisebach: „Der
Garten, eine Geschichte seiner künstlerischen Gestaltung",
in welchem dem Garten nur in der Form des streng
architektonischen eine Daseinsberechtigung zuerkannt
wurde. Der Garten hat aber nicht allein der vom ein-
seitigen Standpunkt diktierten Bedingung zu genügen