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Die Gartenkunst — 13.1911

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Brandes, Gustav: Die Umgestaltung der Festungswälle in Stade
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0222

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214

DIE GARTENKUNST.

XIII, 12

gänge mit schattigen Lauben und Ruheplätzen umzu- sagen, welche Wege die Industrie einschlagen wird,
wandeln und dieselben in einen, dem Auge ge- oder was die Verkehrsentwickelung uns noch an Über-
fälligen Zusammenhang zu bringen." Bis auf raschungen bringen wird? Weist nicht z. B. die mächtig
den heutigen Tag wachen die Bürger Bremens mit anwachsende Gartenstadtbewegung auch der Kleinstadt
lobenswertem Eifer darüber, daß diese ursprüngliche neue Entwickelungsmöglichkeiten?

Bestimmung nicht durchbrochen wird, und das Resultat Fürwahr, auch die kleinen Städte haben allen Grund,

dieser Gesinnung ist jener wundervolle, von breiten ihre Festungswälle als teures Vermächtnis zu hüten,

Wasserflächen durchzogene Barkstreifen, der in un- sie als eindrucksvolles Denkmal der Stadtgeschichte

unterbrochener Ausdehnung die ganze Altstadt umgibt, zu erhalten, indem man sie zu Erholungsstätten für die

der gesamten Bevölkerung ein unerschöpflicher Quell Bürger ausgestaltet. Das Vorgehen der Hannoverschen

des Segens. Stadt Stade im Gebiete der Niederelbe ist in dieser

Das Beispiel Bremens ist besonders lehrreich für Beziehung für änliche Fälle von vorbildlicher Bedeutung,

kleine Städte, die etwa heute vor die Frage gestellt Stade war bis zum Jahre 1866 Elbgrenzfestung

werden, was mit ihren Festungswerken geschehen soll, des Königreichs Hannover. Von Preußen, das durch

Gewiß wird man in vielen Fällen den Standpunkt ver- einen Handstreich in den Besitz der Stadt gelangte,

Stade im Jahre 1911.

treten, die Lage des Ortes lasse nicht auf eine wirt-
schaftliche Entwickelung schließen, welche diesen so
volkreich machen könnte, daß schon im voraus, wo-
möglich unter Aufwendung großer Mittel, ausgedehnte
Plätze zur Durchlüftung der vielleicht möglichen Groß-
stadt freigehalten werden müßten. Solchen, nicht ganz
von der Hand zu weisenden Einwänden gegenüber, bleibt
jedoch der berechtigte Wunsch nach leicht erreichbaren
Spaziergängen immer noch bestehen, ganz abge-
sehen von dem Denkmalswert, den wir heute in
höherem Maße als frühere Zeiten den Befestigungs-
werken zuerkennen. Und zudem sollte man immerhin
bedenken, daß fast alle Städte, als sie ihren Wall
preisgaben, doch auch klein waren. Wer will mit Sicher-
heit voraussagen, daß eine Kleinstadt auch in Zukunft
Kleinstadt bleibt? Kann jemand gegenwärtig unfehlbar

wurde die Festung als solche aufgegeben. Die Wälle
und Gräben blieben indessen zum großen Teil er-
halten, wenn auch nicht ganz unversehrt, und wurden
in ihrem Hauptbestande 1882 von der Stadtgemeinde
durch Kauf erworben. Die wesentliche heute noch vor-
handene Gestalt der Bastionierung ist ein Werk der
Schweden, welche Stade im dreißigjährigen Kriege er-
oberten und seit dem westfälischen Frieden als recht-
mäßige Herren verwalteten. Im 18. Jahrhundert er-
weiterte Hannover, dem das wechselvolle Schicksal die
Stadt in die Hand gegeben hatte, die vorhandene Be-
festigung durch zahlreiche Außenwerke. Ein Stich aus
dem Jahre 1775 gibt einen lehrreichen Einblick in das
damals entstandene komplizierte System der Ravelins,
Contregarden und Lünetten, das freilich schon am
Ende des Jahrhunderts wiederum der veränderten Kriegs-
 
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