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Die Gartenkunst — 13.1911

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Heick, Gustav: Der Naturschutzpark in den Parkanlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0234

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226

DIE GARTENKUNST.

XIII, 12

Bad Nauheim. Kastanienplatz an der Trinkkuranlage.
Nach Entwurf von Bauinspektor Jost, Darmstadt. Der von hohen Bäumen umstandene, früher von Diagonalwegen durchschnittene Platz hat
durch den Einbau der Hecken noch bestimmtere Form bekommen. Aufnahme von Heicke, Frankfurt a. M.

Blütenwolken des weißen Labkrautes, Galium alba,
die Blütenflocken der Wiesen-Spierstaude, Spiraea ul-
maria, rote Schäfte des Sumpfziests, Stachys palustris,
goldleuchtende Blüten des gemeinen Friedlos', Lysima-
chia vulgaris, oder gelber Weiderich; die weißen Sterne
der Wucherblume, blaue Glockenblumen . . . ein Blühen
ohne Ende. Und dann kam die Axt. Der Wald wurde
gelichtet, der Graben gereinigt, und durch die Baum-
wipfel zog die leise Klage nach Naturschutz . . .

Den Kern des Naturschutzparkes werden unsere
Waldbäume bilden, und würde es gewiß lohnend sein,
diese in einer solchen verpflanzbaren Größe zu wählen,
daß die Anlage schon nach einigen Jahren ihr unfertiges
Aussehen etwas verlöre. Und wie auf der Wiese, am
Waldrande, soll auch im Walde selbst der Boden mit
allerlei Kräutern, Moosen usw. bewachsen sein. Es
würde auch lohnend sein, einiges rasch wachsende Ge-
hölz anzupflanzen, das aber später entfernt werden
müßte. Denn einer Pflege bedarf die Anlage in den
ersten Jahren wohl. Wenn aber alles so weit gediehen
ist, daß sich die Natur weiter helfen kann, dann wird
ihr freie Bahn gegeben, tritt die Anlage in das Recht
des Naturschutzparkes ein. Keine Axt, keine Schere,
keine Gärtner, keine Arbeiter haben mehr etwas darin

zu tun. Es wächst und verdorrt dort; vermodert; und
neues Leben erblüht wieder aus dem Vergangenen.
Ein Stückchen Urleben mitten im unruhigen Getriebe
des modernen, hastenden Lebens. Das erleben die-
jenigen, die die Anlage geschaffen, nicht mehr. Aber
ein befriedigendes Genießen ist es doch auch für alle,
dieses Weben und Leben der Natur aus geringer Ent-
fernung zu ehren, ein wenig davon zu schauen. Denn
kein Weg, kein Pfad führt durch diese Zufluchtsstätte
der Natur, kein Unberufener darf sie betreten. Nur
die Eingeweihten dürfen hin und wieder den heiligen
Friedensort durchforschen, und durch deren Veröffent-
lichungen erfahren die andern von den stillen Ge-
heimnissen.

Schneller wird dort das Ziel erreicht, wo ein vor-
handener Wald in eine öffentliche Anlage umgewandelt
werden soll. Hier wird man ein Stück, und sei es
nur I Hektar groß, oder etwas weniger, oder viel mehr,
auswählen. Es würde ein kleines Waldjuwel daraus
entstehen können, wenn sumpfige, feuchte und trockene,
felsige, hügelige und vertiefte Stellen sich dort vor-
fänden. Wie mannigfaltig kann sich dort eine inter-
essante Flora ungestört entfalten. Aus den übrigen
Waldteilen wird manches ausgerottet werden müssen,
 
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