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Geffcken, Johannes
Der Bildercatechismus des funfzehnten Jahrhunderts und die catechetischen Hauptstücke in dieser Zeit bis auf Luther (Band 1): Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1411#0082
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mag nit geliden, das in übel geschiet. Und wan der hunt alt wirt, so vergisset er aller der lieben, die im
sin müder bewiset hat, und hat eyn fremden also liep, als sin müder. Er bisset sich myt syner müder umb
eyn beyn als mit eyme fremden hunde. Also dut manicher böser mensch, der vergisset aller der liebden und
truwen, die yme vader und müder bewisl han, das sie in mit sorgen und arbeit ungezogen hant, und hat dar-
nach eyn fremdes also liep, als yr eyns. Dise kynder sint glichet den hunden. Etlich kynder sint glichet den
iungen fuchszen. Alle die wile die müder mylch in yren brüsten hat, so sugen sie die müder und folgen ir.
Und wan sie nit milch en hat, so zurrissen sie ir die brüste. Also dunt etlich kynder. So lange die müder
hat zu geben, so haben sie grosz liebe zu ine, und wan sie nit me zu geben haben, so ist die liebe auch usz,
und hetten sie gerne dot. Etlich kinder sint glichet den kraynchen, wan ir alteren alt sint, oder wan sie sich
imissent, das in die vederen entphallent, das sie nit me fliegen mögen, so arbeiten sich die iungen und holen
den allen yr spise. Also dunt alle gude kynder. Die hernerent yr altern, wan sie alt und kräng sint. Etlich
kynder sint glich den gyren, die hernerent ir alten eyn wile; wan er dan gesiet, dass sie essen mögen, so bisset
er sie dot. Also dunt etlich kynder, die erneren yr elderen wol eyn wile. Darnach verdrisset es, und wolten
das sie dot weren. Liebes kint also solt du nit tun, kundestu dynen alteren dinen licham geleiten, des werestu
plichtig zu tun, wan du bist von in geboren."

Rus rügt es, dass die Priester sich vielfach nicht als geistliche Väter beweisen, darum auch nicht
geistliche Kinder zeugen, "denne se synt vedere telende (erzeugend) se in dem duuele, dede ere vader is"
(ßl. 73). — Um zur Ehrfurcht gegen die Aeltern zu ermahnen, verweist er auf das Beispiel Christi. Auch den
bösen (quaden) Aeltern und Herren sollen wir gehorsam sein, aber nicht in dem "quaden," sondern nur in
dem, was mit dem Gesetze Christi übereinkommt. Wir sollen von Vater und Mutter leiden auch "unschuldige
sleege unde wedderstal. (?)" Wir sollen den Aeltern, aber auch der Mutter Kirche helfen. "Vortmer best du
hir ut, dat de sundighet yeghen dat IUI hot godes nicht eerende den vader Christum, noch de moder de
hillighen kerken. Wente he suel, dat de moder in eren lithmaten is besmittet in den sunden, unde nicht alleine
wischet he nicht äff de unsuverheit, he vormeret se edder besmert se noch mer, he vormert se leffkozende
edder slorkende mer in de sunde." Aber die Kinder Gottes stehen mächtig gegen die Kinder des Teufels "dat
se mochten driuen dat quade von erer moder, von der brud des heren Jesu Crisli." (Bl. 76.) Rus handelt
sodann von der dem Gebole gegebenen Verheissung, "Wente id is bequeme, dat deienne hebbe vrolicheit in
synen kinderen, de synem vadere deit vrolicheit. Were id auer, dat he nicht lifflike kindere hadde, dat he
gheistlike hebbe, de em navolgen in guden werken vroliken." Wie die Pharisäer (Matlh. 15, Rus nennt sie
dunkelguden, die sich gut diinkten), so lehrten auch viele Priester, wenn ich's opfere, so ist's dir viel nutzer
(wert dy vramen). Die Natur lehrt schon, die Aeltern zu ehren. "De beeste betalen eren olderen. De
iungen adebaren, wen ere olderen de vedderen vorlesen van olders weghen, unde können nicht mer vleghen,
denne bringhen se en ethen, unde mit eren snauelen boren se eren olderen de vloghele up.'' (Bl. 79.) — Jesus
sei den Kindern ein Beispiel, er sprach am Kreuz: "Vrouesname sue din sone, dar na to dem iunghere: Su
dine moder" und so war das Kreuz, an das Christus genagelt war, "ein lere stol der guden lere des mei-
sters." Endlich weist er darauf hin, dass die Aeltern für die Kinder sorgen und sie strafen sollen. Er bezieht
sich auf eine Erzählung des Boecius, ein Sohn, der gehängt werden sollte, "bad, dat he vor deme dode
synen vader küssen mochte, unde beit em de nese äff segghende, dat de vorsuminghe der veederliken strafßnghe
vorde em to deme henghende." (Blatt 80.)

Die bildliche Darstellung in der Bilderhandschrift (vgl. Beil. S. 5) und auf unserer vierten Tafel sind
einander sehr ähnlich. Die Kinder sind in der Erfüllung des Gebotes begriffen. Der Sohn unterstützt den
Vater beim Aufstehen, die Tochter speist die Mutter. Der Engel mahnt mit erhobenem Finger: Wiltu deyn
lang leben meren. So saltu vatir und muter eren. Der Teufel verspottet den Sohn: Ach worumme dinstu zo
 
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