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Tafel CLXXXI-CCXL. 175

umgrenzt ist; ein gestickter Mantel bekleidet ihn unterwärts und ist um seinen linken
Arm geschlagen. Sein vollbärtiges Haupt ist mit einem Stirnband geziert; er hält in
der Linken den Donnerkeil, während die rechte Hand auf seinem Schoss ruht. Des
gebietenden Gottes Blick ist auf den ihm nahenden Herkules {Herde) gerichtet, der,
jugendlich unbekleidet und mit einem Stirnband geschmückt, mit der rechten Hand seine
Keule der Schulter annähert, in der linken aber auf seinem 'Löwenfell einen geflügelten
Knaben hält. Dieses Wunderkind ist im Olymp wohlgelitten; wie seine Rechte der
Schulter des Herkules aufruht, blickt es auch den Göttervaler zutraulich an. Seine
gewiss nicht blos allegorische (3) Bedeutung wird durch die räthselhafte Beischrift Epeur
oder richtiger Epiur (*) uns nicht aufgeschlossen, obwohl nach manchem früheren Fehl-
griff^) die griechische Bezeichnung eines Schutzgeisles und Wächters, stiwvqosC), darin
nachzuweisen sein dürfte. Es kann .damit mancher Dämon (7), insonderheit der prophe-
tische Dämon Etruriens, jener Tages gemeint sein, den wir als Sprössling des Her-
kules (s) aus einem anderen Spiegelbild kennen; die derbgedrungene Bildung des hier
dargestellten Knaben, sein kurzes und dünnes Haar, auch der undeutliche Gegenstand
in seiner gesenkten Linken, der allenfalls wiederum als Mohnslengel (°) sich deuten
Hesse, könnten auch hier den Knaben Tages, mit einem Zusatz von Flügeln ausge-
stattet wie andremal der prophetische Kalchas (Iu), uns erkennen lassen. Aber auch
dass die üblichste Bedeutung geflügelter Knaben, die eines Liebesgottes, auf diesen bei
Zeus so willkommenen Knaben anwendbar sei, ist trotz seiner derben Bildung keines-
wegs undenkbarsei es dass Zeus den Eros aus einem uns unbekannten Grund

(3) Wie Orioli dies Bild als dreifache Laufbahn der
Menschcnscelc auifasste, die er in diesem Fliigclknaben
dargestellt glaubte. Als Idee des Ganzen bezeichnet er
(Annali deü' Inst. VI, 184) il rkonciliarsi deW anima
colla virth, wofür ihm Helenas Versöhnung mit Menc-
laos der mythische Ausdruck ist, Helena nemlich als
Bild der menschlichen Seele, deren wiederverjüngte Ge-
stalt in dem von Herkules zum Zeus getragenen Flügel-
knaben (p. 187) zu sehen sei.

(4) Dass Epiur, nicht Epeur, auf dem Spiegel gelesen
werde, erschien vor längerer Zeit bei dessen Besichti-
gung mir unzweifelhaft; dieselbe Lesart findet jetzt auch
in Chabouillet's Verzeichniss sieh vor.

(5) Sehr gewaltsam nahm Schwenk jenes Epeur für
ein griechisches rjßaTos und erklärte demnach so, als
trage Herkules in dem Flügelknaben den Ausdruck sei-
ner eignen Verjüngung in der Hand (Rhein. Mus. N. F.
III S. 138 f.). Nicht minder unglücklieh wollte Orioli
aus dem griechischen ÖqSv oder tvnetv die Bedeutung
einer anschauenden Seele herleiten (Annali VI, 187).

(6) So erklärte schon Grotefend (Annali VII, 277), dem
Cavedoni (Annali XII p. 268 s.) mit Verweisung auf das

homerische Mi'vwa itxe K(ir]jrj InCovnov (II. XIII, 450)
folgte, wie auch meinerseits (Abh. etrusk. Gottheiten
Anm. 172) geschah.

(7) Cavedoni (a. 0.) dachte an den kretischen Talos,
wozu ihm als der dessen Ferse sichernde Nagel das in
der linken Hand des Knaben bemerkliche Attribut will-
kommen war.

(8) Tages, Sprössling des Herkules (oben Tafel CLXV),
ward in unserm Flügclknaben von Emil Braun erkannt.

(9) Unsro Zeichnung spricht ungleich mehr dafür als
für das von de Witte vorausgesetzte und, falls die Figur
einen Eros darstellt, auch ganz annehmliche Salb-
fläschehen.

(10) Kalchas geflügelt: unten Tafel CCXXIII.

(11) So heisst es nach de Witte's Vorgang in Cha-
bouillet's Verzeichniss: „Hcrcule apporte l'Amour cn-
fant, aile . . . ä Jupiter." Auf Eros ward die Figur
auch in meiner Abhandlung I. über die Metallspiegel
(Anm. 125) gedeutet. Das ganze Bild ist bei Chabouillet
bald als npotheose d'Hercule, bald als presentntion
d'Eros ä Jupiter bezeichnet.
 
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