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Germann, Max. Ferd. [Editor]
Beschreibung der im Jahre 1872 in Weimar und an anderen Orten zu Ehren der vierten Säcular-Feier des Geburtsjahres Lucas Cranach's des Aelteren, des Malers der Reformation veranstalteten Jubelfeier: (als Manuskript gedruckt) — Dresden, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.11454#0078
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günstig-, seine bürgerliche Thätigkeit endlich beschränkte sich darauf, erst als Kämmerer, dann
als Bürgermeister die Verwaltung von Wittenberg gelenkt zu haben; im späten Alter, nach
einem gesegneten Lebensabench schied er aus dem Leben.

Jn wie engen Verhältnissen verläuft nicht dieser Lebensweg! und dennoch ivächst der
Mann selbst in allen Richtungen über diese engen Grenzen hinaus, nicht durch äußere Um-
stände getragen, sondern weil seine gesunde sittliche Natur, seine selbstlose Hingebung an
alles Wahre und Gute, seine treue Pflichtcrfüllung, seine warme Liebe zu seinem Fürsten und
seinem Lande, ihn befähigte, auch das Kleine in Verbindung zu bringen mir den großen
Verhältnissen seiner Zeit. Dieser ideale Kern seines Wesens bewirkt, daß der einfache Künstler
und Gewerbsmann, der bescheidcne Kämmerer und Bürgermeister, der stets geehrte und ge-
liebte Gcnosse und eifrige Mitarbeiter der großcn Geister der Reformation, dcr treueste Freund
seiner Fürsten, der unvcrgessene und unvergeßliche Liebling des Volkes geworden ist, welches
in ihm nicht nur den Darsteller der Helden jener Zeit dcs Glaubenskampfcs ehrt, sondern
den im künstlerischen Schaffen wie im bürgcrlichen Handcln wahrbaft volksthümlichen Mann
liebt, dessen Jndividualität, wic sie Geschichte und Tradition überlicfern, die edelsten Seiten
im deutschen Volkscharakter uns verkörpcrt.

Solchc Männer habcn in der That vollbegründeten Anspruch auf die dankbare Er-
inncrung unseres Volkes; sic zu feiern ist kein müßiges Beginnen, sondern es hcißt nichts
anderes, als in dem Spiegel der Vergangenhcit der Nation die höchsten Ziele zeigen, denen
jeder Deutsche auch heutc nachzustreben hat, wenn er gleich dem Wittenberger Meister für
Dcutschlands Ehre und Wohlfahrt kämpfcn ivill. Die Gegner sind heute dicselben wie da-
mals und nur diesclben Waffen können zum Sicge führen, die Waffen, die ein Jeder sich
ans dem eignen Busen holcn muß: achte Frönunigkeit, sclbstlose Pflichterfüllung, Liebc zur
Wahrheit, und Treue dem Menschen, lvie dcm Vaterlande!"

Hieran schließe sich der Artikel über Cranach in der Jllustrirten Zeitung t4tr. l tülO,
20. Oct. 1t§72) von Herrn IX Lindau in Hainsberg b. Tharandt, von welchem demnächst ein
ausführtiches Wcrk über Cranach zu erwartcn steht. Obschon er mit dem eben mitgetheilten
Artikel der Weimarischen Zeitung übereinstimmt, schlägt er doch wieder neue Saiten an,
welche wohl verdienen, nicht so schnell im Geräusche des Tages zu vertlingen. Es heißt in
dem gedachten Aufsatze zur 4. Säcularfeier dcs Gcburtsjahres Lueas Eranachs des Aelteren:
„Schon am 16. October 1853 gedachtc man in Wittenbcrg dcs 300 jährigen Todestages
Lueas Cranachs des Aetteren, und es ist erklärtich und dankenswcrth, daß Wittenbcrg das
Andenken an diesen Mann mit dcrselben Pictät bewahrt und pflegt, die es mit dem ge-
sammten evangelischen Deutschland all den hervorragenden Charakteren schuldct, welche mit
ihrer geistigen Krast im Kampfe fiir rcligiöse Freihcit Wittenberg zum leuchteudcn Vorvrt
machtcn. Jede wiederkehrende Jahresfeier dcr Rcformation erneucrt nicht blos das Andenken
an den Kampf und Sieg jencr großen Zeit, sondern sollte auch ein recht lebendiges, geistiges
 
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