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Genetti.
sich wie es scheint, unmittelbar an dem Unterrichte zu betheiligen. Der Jüngling besuchte die Berliner
Academie wo sich der wackere Professor Hummel seiner besonders annahm, und arbeitete viel bei dem
°~eschickten Porträtmaler 2?«sjj/. Nach seinem zwanzigsten Lebensjahre musste er im Lande der allgemeinen
Wehrpflicht ein sahr dem Kriegsdienste als Gardeschütze widmen; hierauf erlangte sein Oheim, durch
Vermittlung seiner einssussreichen Freunde, für den vielversprechenden Kunstjünger von der Königin der
Niederlande, einer preussischen Königstochter, ein Stipendium zu einer Bildungsreise nach Italien. Nun
konnte Genelli das Ziel erreichen, das ihm seit seiner Lehrzeit vorgeschwebt: Rom. Als Jüngling schon
war er von dem Gedanken durchdrungen, den er in späteren Jahren, da es ihm nicht gegönnt war,
das gelobte Land der Kunst wieder zu betreten, Cornelius gegenüber in den brieflichen Ausspruch
gefasst hat: „Der Fisch gehört in's Wasser, der Künstler nach Rom." Auch als er, nach zehnjährigem
Aufenthalte, die ewige Stadt verlassen hatte, blieb sie doch Zeit seines Lebens ihm die geistige Heimat;
es erging Genelli hierin nicht anders als einem um ein Menschenalter jüngeren, gleichfalls durch und
durch eigengearteten Kunstgenossen, mit dem er an seinem Lehensabend in der kleinen Musenstadt an
der Um zusammentrefsen sollte: Arnold Böcklin. Als Genelli 1822 Rom betrat, fand er dort noch
die bedeutendsten und ältesten Häupter der germanischen Künstlercolonie vor: Thorvaldsen, den
genialen Tiroler Landschaftsmaler Koch, den als Dichter bekannt gebliebenen Maler Müller, die Brüder
Johann und Franz Riepenhaufen, den Bildhauer Wagner, welcher in abenteuerlicher Weise die
Ägineten aus Griechenland nach Italien gebracht hatte und den Landsehafter Reinhart; es kamen die
Na-zarener und Romantiker dazu: Overbeck, reit, Schadow, Führich, He/s, Schnorr u. A.; schliesslich
fanden sich Preller und Rahl ein. Rom hat wohl niemals wieder so viele interessante und bedeutende
deutsehe Künstler zu gleicher Zeit beherbergt, wie während des Jahrzehnts, das Genelli dort zubrachte,
im Mufeum Thorvaldsen zu Kopenhagen, das ein ziemlich vollständiges Abbild der deutsehen Kunst
auf römischem Boden während jener Zeit enthält, betrachtet man nicht ohne Staunen, nach wie ver-
schiedenen Richtungen die begabtesten deutsehen Künstler und Kunstjünger sich bewegten. Dass
Genelli nicht vertreten ist, obgleich sein Freund Koch mit Thorvaldsen eng zusammenhing, erklärt sich
durch die geringe Produktivität Genelli's während seines Aufenthaltes in der Tiberstadt.
Gleich vielen anderen Kunstgenossen führte auch Genelli in Rom ein absonderliches Leben und
studirte mehr mit den Augen und dem Geiste, als mit Stift und Pinsel. In einem Briefe an seinen
Bruder Christoph, bei welchem er wegen seiner vermeinten Faulheit angeschwärzt worden war, spricht
er sich mit charakteristischen Worten über sein Verhalten in Rom aus und widerlegt die ihm als schwerer
Vorwurf erscheinende falsche Mittheilung, dass er bereits im ersten Jahre seines römischen Aufent-
haltes „einige Bilder" gemalt habe. So excentrisch wie andere österreichische und deutsehe Künstler,
von denen einer, nach Recht's Erinnerung,' sich durch Fang der im Palazzo di Venezia massenhaft
nistenden wilden Tauben ernährte, ein anderer als wilder Jäger mehr Zeit in den Pontinischen Sümpfen
zubrachte, als an der Stafselei, lebte nun Genelli nicht; allein bei ästhetischen Theegesellschaften
daheim in Berlin hätte seine Lebensweise auch nicht ohne Umschweife geschildert werden können.
Seine männliche Kraft und Schönheit, von welcher alle Genossen seiner römischen Zeit mit Bewun-
derung sprechen und die selbst in seinen vorgerückteren Lebensjahren an der Lysipposstatue ausfiel,
die Hähnel nach Genelli für das Dresdener Museum modellirte, liebte er gelegentlich recht seltsam
hervorzukehren, wie einige beglaubigte Begebenheiten darthun. So hat er einmal, wie er seinem
Bruder Christoph berichtet, fünf Tage ohne Speise und Trank ausgehalten und dann in anderthalb
Stunden den Umkreis der Mauern Rom's durchlaufen, ehe er durch ein Pfund Weintrauben die lange
Fastenzeit beschloss, um in Folge eines Streites zu beweisen, dass ein dem Könige Carl XII.
1 Vgl. Friedrich Pecht: „Deutsehe künstler des 19. Jahrhunderts," Nordlingen, C H Beck, 1879, II Reihe, S 27S
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