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Genelli.







Palazzo Caffarelli ein noch vorhandenes Aquarell „Simson und Delila'' beigesteuert, unter seinen
biblischen Compositionen eine der erfreulichsten. Trotz der Abgeschiedenheit, in welcher Genelli lebte,
blieb seine Bedeutung den in Rom lebenden Künstlern und Kunstfreunden nicht unbekannt; auf den
blossen Eindruck seiner Persönlichkeit hin traute man ihm zu, dass er Grosses in der Kunst leisten könne.
So erlangte er ohne sein Zuthun eine für seinen Lebensgang entscheidende Bestellung. Ein junger, ideal
gesinnter Kunstliebhaber, Dr. H. Härtel aus Leipzig, hatte den Entschluss gefasst, in seiner Vaterstadt ein
Haus in römischem Villenstil zu bauen und es mit monumentalen Wandmalereien zu schmücken. Koch und
Genelli, die er in Rom kennen gelernt hatte, sollten, ausser anderen Künstlern, dabei thätig sein. Von
dem Ersteren hat der Bauherr nur Aquarellentwürfe zur Decoration eines Saales erlangen können, da
der Künstler sich in seinen alten Tagen nicht mehr entschliessen konnte, Rom zu verlassen; Genelli aber,
bei dem ebenfalls fest stand, dass er Zeit seines Lebens in Rom bleiben werde, ging nach Leipzig mit
dem ausgesprochenen Vorsatze, nach Vollendung seiner Arbeit dorthin zurückzukehren. Doch das
Schicksal hatte ein Anderes beschlossen: der Künstler sollte die ewige Stadt nicht wiedersehen.
Zehn Jahre, nachdem er die Heimat verlassen, 1832, betrat Genelli wieder deutschen Boden. Statt
der Episoden aus der Odyssee, welche der Bauherr gewünscht hatte und die Preller zu jenen berühmten
lieben Odyssee-Landschaften gestaltete, welche die Grundlage seines Hauptwerkes geworden sind, sollte
der Künstler, auf seinen eigenen Vorschlag, mehrere in keinem näheren Zusammenhange slehende
Compositionen aus dem olympischen Sagenkreise al fresco ausführen. Leider hatte Genelli sich mit
dieser Technik, welche eine grosse, nur durch längere Übung zu erlangende Gewandtheit voraussetzt,
in Rom nicht beschäftiot; auch hatte er von dort keine Cartons mitg-ebracht. Als er nun daran singf,
die Figuren gross auszuführen und al fresco zu malen, fehlten ihm einerseits die Modelle, die er in
Leipzig nicht auftreiben konnte, andererseits ging ihm die ungewohnte Freskomalerei nicht von
Statten. Genelli wurde nach mehreren fruchtlosen Bemühungen unmuthig und liess die Arbeit stehen;
der Besteller verlor nach längerem Warten auch die Geduld; Zwischenträgereien schürten die beider-
seits bestehende Unzufriedenheit, die endlich so weit ging, dass Genelli einen Rechtsstreit begann, in
welchem er, nach der klaren Sachlage, im Unrecht war und Unrecht behielt. Nahezu vier Jahre aus
der Periode der Vollkraft des Künstlers waren für sein Schasfen fast verloren; glücklicher Weise jedoch
fand er am Abende seines Lebens einen Mäcen, der ihm die Möglichkeit bot, die der römischen Villa
in Leipzig zugedachten Compositionen in grossen Ölgemälden auszuführen.
Betrachtet man diese Werke in der Galerie Schuck, so kann man nur lebhaft bedauern, dass sie
nicht in der Weise ausgeführt worden sind, welche dem Urheber der Composition vorschwebte, so sehr
entsprechen sie ihrer ursprünglichen Bestimmung. Gleich das Deckenbild „Bacchus unter den Musen''
ist meisterhaft für diese Verwendung concipirt, welche aus der Anordnung des Ganzen klar hervorgeht.
Wir gewahren Dionysos in Gesellschaft der Musen, vor denen Silen und Amor zu den Tambourschlägen
des sie umschwebenden Komus einen frohen Tanz aufführen; lächelnd sleht ihnen der auf einer Hänge-
matte ruhende Zephyr zu. Die Musen sind reizend gruppirt und nicht nur durch ihre Attribute gekenn-
zeichnet, sondern auch durch ihre Haltung fein charakterisirt. Vier Grisaillen in den Zwickeln enthalten
Momente der Dionysossage: Bacchus erschlägt einen bei der Stadt Tanagra auf schnöden Mädchenraub
ausgehenden Triton; Bacchus, auf einem Centauren reitend, tödtet den König Lykurgos — ein Stofs,
den Genelli auch in der grossen Schlacht des thracischen Fürsten mit den bacchischen Schaaren anders
behandelt hat; Bacchus führt den vom Olymp herabgeworfenen Vulcan auf einem geflügelten Esel zu
den Göttern zurück; Bacchus und Ariadne. Ein zierliches Ornament umrankt die Darsteilung und ver-
bindet die Zwickelbildchen. Die Wirkung der Composition ist so bedeutend, dass unser Facsimile des
in der Galerie Schack befindlichen Cartons der Reproduction des Bildes selbst vorzuziehen war.
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