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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 13.1890

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Heft 6
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Kupferstiche und Holzschnitte Alter Meister in Nachbildungen der Deutschen Reichsdruckerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.3812#0165
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I

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Stempel der Reichsdruckerei. Unter Glas und Rahmen an der Wand — und dafür eignen fleh nicht
wenige der Blätter — wird kaum jemand sie für Nachbildungen halten.
Unter den Reproduktionen nach Stichen der deutsehen Schule macht Martin Schongauer mit
seinem »Christus am Kreuz« den Anfang. Ihm folgen Israel van Meckenem (zwei kleine Blätter),
Albrecht Dürer (Raub der Amymone und der grosse Satyr, B. 71 und 73), der ältere Cranach,
Heinrich Aldegrever, Wenzel Hollar, dann der Erfinder der Schabkunst: Ludwig von Siegen mit
seinem erden Schwarzkunstblatt, dem Bildnils der Landgräfin Amalia Elisabeth von Hessen und
endlich der Berliner Georg Friedrich Schmidt mit dem vorzüglichen Bildniss des Malers Antoine
Pesne und einer ganz rembrandtischen »Darbringung Christi im Tempel« nach Dietrich. Die drei
grossen italienischen Stecher Andrea Mantegna, Giulio Campagnola und Marcantonio Raimondi
sind durch höchst charakteristische Proben ihrer Kunst zur Anschauung gebracht. Die fein getönten
Blätter Mantegna's stellen ein Bacchanal (B. 19) und den Heiland zwischen den heiligen Andreas
und Longinus dar (B. 6); von Campagnola sind zwei kleinere Stiche auf einem Blatt vereinigt.
Marcanton tritt mit vier capitalen Werken auf. Eine frühe Arbeit des Meisters ist der Drachentödter
Georg; ihm schliesst sich an die Anbetung der Hirten. Berühmt ist das Blatt der beim Baden über-
raschten Krieger nach einer Gruppe aus Michelangelo's Carton: »Die Schlacht bei Pisa«. Dieses Blatt,
»Die Kletterer«, erscheint unter den Tafeln unteres Heftes. Eine Zeichnung Raffael's liegt dem
vierten Blatte Marcanton's zu Grunde, den sogenannten fünf Heiligen (der Heiland mit Maria und
Johannes auf Wolken thronend, unten Paulus und die heilige Katharina).
Der holländischen und vlämischen Schule gehören an die Blätter nach Lucas van Leiden, Jan
Gossaert, Allart van Everdingen, Jacob van Ruisdael, Willem de Heusch, Jan van Vliet, Johannes
Mueller und Schelte a Bolswert. Endlich enthält die Mappe noch vier schöne Blätter französischer
Meister, des Jacques Callot, Claude Gellee, Antoine Masson und Jean-Jacques de Boissieu.
Schon aus dieser Aufzählung geht hervor, welch' edlen Genuss die tresfliche Auswahl zu
bieten vermag. Wie kein anderes ist das in vornehm schlichter Ausstattung auftretende Werk
darnach angethan, die Freunde und Kenner alter Kunst zu befriedigen und bei allen, welche ein
künstlerisches Interesfe hegen, zu werben um Liebe und Ehrung für jene alten Meister, deren
Werke die Zeit überstanden und überstehen werden, so lange die Sprache wahrer Kunst verstanden
werden wird.
 
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