Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 17.1894

DOI issue:
Heft V
DOI article:
Bode, Wilhelm von: Die Kleinmeister der holländischen Schule in der Galerie des Fürsten Liechtenstein in Wien, [1]: Holländische Bildnismaler, Das holländische Sittenbild, Die holländische Landschaftsmalerei
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3327#0117
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Kleinmeister
DER HOLLÄNDISCHEN SCHULE IN DER GALERIE DES
FÜRSTEN LIECHTENSTEIN.


IE grosse Mehrzahl der Bilder in der Liechtenstein-Galerie gehören den nieder-
ändischen Kleinmeistern des XVII. Jahrhunderts. Wenige öffentliche Galerien
haben alle diese Meister des Genres, der Landschafts- und der Stillebenmalerei so
zahlreich und in so vielen Werken vertreten als gerade diese im Style einer
öffentlichen Galerie angelegte und stets geleitete fürstliche Privatsammlung.
Freilich im künstlerischen Werth können sich diese Bilder nicht mit den Werken derselben Schulen
in der Galerie zu Dresden, in der Eremitage oder im Louvre messen: weitaus der grösste Theil
gehört den Künstlcrn zweiten oder dritten Ranges; ja die grossen Namen fehlten bis vor kurzem
fast ganz. Von einem Jacob van Ruisdacl, von Hobbema und A. Cuyp waren ebensowenig echte
Werke vertreten, wie von G. Terborch, P. de Hooch, Jan Vcrmeer, J. Stecn und anderen grossen
Meistern des holländischen Sittenbildes. Erst in neuester Zeit hat Fürst Johann diese Lücken
auszufüllen gestrebt und eine Anzahl von ganz hervorragenden Werken solcher Meister erworben.
Aber diese neueren Erwerbungen pflegen nicht alle oder nur vorübergehend in der Galerie aufgestellt
zu sein; auch ist ungewiss, ob sie dauernd derselben hinzugefugt werden. Ich kann daher nicht auf
alle diese Bilder Rücksicht nehmen.
Jener ältere Bestand an Werken von mehr oder weniger untergeordneten Malern hat zum
Theil dadurch eine über den künstlerischen Werth der Bilder hinausgehende Bedeutung, dass eine
ansehnliche Zahl derselben Werke von seiten vorkommenden Künstlcrn sind, während andere
bestimmte Künstler in eigenthümlicher Entwicklung kennen lehren. Wer der Geschichte der
holländischen und vlämischen Kunst ein näheres Studium widmet, wird der Liechtenstein-Galerie
— ganz abgesehen von den grossen Meistern dieser Schulen, die so vorzüglich vertreten sind und
die wir daher gleich am Eingang dieser Aussätze gewürdigt haben — gerade in Bezug auf diese
kleinen Meister eine dankbare Erinnerung zollen für mancherlei Belehrung, die er daraus geschöpft
hat. Bei mir selbst (es sei mir gestattet, diese ganz persönliche Empfindung hier zu äussern) ist diese
Erinnerung besonders lebhaft; habe ich doch gerade hier an den Bildern der holländischen Klein-
meister erst recht eigentlich die Eigenart der einzelnen Künstler erkennen und scharf auseinanderhalten
gelernt; den Studien in der Galerie verdanke ich vor allem das Verständnis für die Entwickelung
dieser Meister, für ihr Verhältnis und ihren Zusammenhang unter einander. Wenn ich jetzt die
Reihe jener Bilder im Geiste wieder an mir vorübergehen lasse, so weckt das eigenthümliche
Erinnerungen an jene begeisterten Studien der Jugendzeit, bei denen die Freude über die wirklichen


 
Annotationen