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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 21.1898

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Dörnhöffer, Friedrich: Die graphischen Künste in der XII. Ausstellung des Wiener Aquarellisten-Clubs
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https://doi.org/10.11588/diglit.4070#0073
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vielfach früher zu spüren ist. Indem diese Werke zu uns reden, so ohne Pomp, ohne »Redner-
geberde und Sprechergewicht«, gleichsam im Privatgespräche, ist eine Täuschung zwischen ihnen
und dem Beschauer kaum möglich und jene intime persönliche Wirkung, die sicherlich der Haupt-
zweck aller Kunstbethätigung und Kunstfreude ist, erreicht.
Nicht über die Ausstellung als solche soll im Folgenden berichtet werden, sondern nur über
den graphischen Theil derselben, d. h. über diejenigen hier vertretenen Künstler, deren Arbeiten
auf graphischem Gebiete einen wesentlichen Theil ihres Gesammtschaffens ausmachen. Diesen
Charakter trägt die ganze Thätigkeit des Karlsruher Vereines, dessen Mitglieder sämmtlich den
graphischen Künsten obliegen, nicht als Gelegenheits-Graphiker, die dann und wann einmal aus
Laune dieser Bethätigung einen flüchtigen Reitz abgewinnen, sondern als ernste eindringende
Leute vom Fach. Einer Technik namentlich, der farbigen Lithographie sind ihre Bestrebungen
mit einem Erfolge zugewendet, dass sie, was abgeschlossene bildmässige Wirkung anlangt, heute
wohl nirgends einen Nebenbuhler finden dürften.
Fügt es sich so, dass in diesem Berichte ausschliesslich von Gästen des Wiener Aquarellisten-
Clubs, nicht von seinen Mitgliedern die Rede sein wird, so ist zugleich unumwunden anzuerkennen,
dass dort das künstlerische Schwergewicht der ganzen Ausstellung ruht, dass namentlich die
Leistungen des Karlsruher Künstlerbunds die Überraschung der Ausstellung, dasjenige
Ereignis sind, welches ihr den Charakter gibt. Sind auch einzelne der hier vertretenen Namen
schon länger vom besten Klange, wie der Kallmorgens, Sckönlebers, Pötzelbergers, Grethes, welchen
letzteren uns erst eine vor wenigen Tagen geschlossene Ausstellung des Künstlerhauses eingehend
vorführte, so tritt doch der »Künstlerbund« als solcher in seiner starken Eigenart zum ersten Mal
vor uns. Was uns bisher Karlsruher Publicationen, die Hefte des Vereines für Originalradirung
vom Kunsttreiben in der Badischen Hauptstadt erkennen Hessen, erregte hohe Spannung.
Nun sind sie selbst da und übertreffen diese Erwartung. Sie treten auf mit einer Ruhe und
sicheren Kraft, die gefangen nimmt, als eine fest geschlossene, einheitlich gerichtete und
fühlende Genossenschaft, deren Einheit sich aber bei schärferem Zusehen sofort wieder
in eine Zahl interessanter, klar umrissener Persönlichkeiten auflöst. Darf man da von
»Schule« reden? Wer ist der Meister und wer die Schüler, welche der Art jenes folgend in
der Nachahmung ihr Ziel finden? Wohl gibt es Altere und Jüngere unter ihnen, aber von
Schulcharakter, von akademischer Methode ist hier nichts zu spüren. Ein Schaar Gleich-
gesinnter schliesst sich zusammen; sie siedeln sich irgendwo in der weiten Welt an, stossen
den Spaten in den Boden, entschlossen, ihn künstlerisch urbar zu machen und ihm
Früchte zu entlocken. Was sie bindet, ist das gemeinsame Object ihres Schaffens,
die umgebende Natur, gemeinsam ist der freudige Arbeitswille —
Jeder ein Gebender, Jeder ein Nehmender. Das ist die einzige fruchtbare
Art von Akademie unserer Zeit. So wurde »Barbizon« bedeutungsvoll,
so entstand »Glasgow«, so »Worpswede« und so tritt jetzt »Karlsruhe-
Grötzingen« in die Erscheinung. Es ist das ein Name, den man, wenn
nicht Alles trügt, noch öfter nennen hören wird.
Der Karlsruher Bund ist, wenn auch vielleicht beeinflusst durch
die Thatsache jener anderen Colonisationen im Gebiete der Kunst,
doch eigenstämmig wie sie, von ihnen verschieden nach der indivi-
duellen Art des Bodens, in dem er wurzelt. Entrückt dem grossstäd-
tischen Tumulte, liebevoll hingegeben der heimatlichen Natur, die sie
 
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