DOI Artikel:
Dörnhöffer, Friedrich: Die graphischen Künste in der XII. Ausstellung des Wiener Aquarellisten-Clubs
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.4070#0074
59
Dampsschisse. Nach einer Zeichnung von Carlos Grelhe
erleben in allen Tiesen und in allem Reiehthume der Stimmungen, steht ihre Kunst in kernhaster
Gesundheit da. Der schwere träumerische Ernst der Worpsweder ist ihnen fremd, eine heitere
Objectivität beinahe Allen eigen. Bisweilen spürt man sich leise von einem Hauch schwäbischer
Gemüthlichkeit, um nicht zu sagen Philistertums wie von einem seinen Erdengeruche angeweht.
Stürmer und Dränger, die sich jauchzend ihren geahnten Zielen zu Opsern hinwersen, gibt es unter
ihnen nicht. Sie können, was sie wollen, und wollen, was sie können. In ihren Studien haben sie
uns genügende Documente vor Augen gestellt, wie sie zu diesem Können gekommen sind. Ver-
stehen sie es aber auch, sich mit unbedingter Ehrlichkeit und Selbstbescheidung der Natur zu
unterwerfen, so sind sie doch keineswegs Naturalisten, sie versahren vielmehr durchaus poetisch.
Es gibt wirkliche Dichter unter ihnen, die darum nicht aushören, wirkliche Maler zu bleiben.
Völlig modern in ihrem Bestreben des Einfachsehens, des Redueirens, des Zusammenfassens ins
Grosse, sprechend Klare — wie merkwürdig glücklich sind sie in diesem Bestreben! — halten sie
sich doch frei von aller gewaltsamen Modernität: Das Neue, aller Orten heiss Gesuchte fällt ihnen
von selber in den Schooss als Frucht ihrer reinen Naturliebe, ihrer Ehrlichkeit und unermüdlichen
Arbeit.
Wer es versucht, aus den Werken der Ausstellung dem Künstlerkreise selber näher zu treten,
den nimmt in erster Linie die klar, fast hart hervortretende Persönlichkeit des Grafen Leopold
v. Kalckrmth gefangen. Er gehört nicht zu den ganz Jungen; von seinem Wirken in Weimar und
München war schon Mancherlei zu hören. Auch hier in Wien haben wir schon Einiges von seiner
Kunst zu sehen bekommen. Nun hat er sich in Karlsruhe festgesetzt, sogar ein Professorat über-
Dampsschisse. Nach einer Zeichnung von Carlos Grelhe
erleben in allen Tiesen und in allem Reiehthume der Stimmungen, steht ihre Kunst in kernhaster
Gesundheit da. Der schwere träumerische Ernst der Worpsweder ist ihnen fremd, eine heitere
Objectivität beinahe Allen eigen. Bisweilen spürt man sich leise von einem Hauch schwäbischer
Gemüthlichkeit, um nicht zu sagen Philistertums wie von einem seinen Erdengeruche angeweht.
Stürmer und Dränger, die sich jauchzend ihren geahnten Zielen zu Opsern hinwersen, gibt es unter
ihnen nicht. Sie können, was sie wollen, und wollen, was sie können. In ihren Studien haben sie
uns genügende Documente vor Augen gestellt, wie sie zu diesem Können gekommen sind. Ver-
stehen sie es aber auch, sich mit unbedingter Ehrlichkeit und Selbstbescheidung der Natur zu
unterwerfen, so sind sie doch keineswegs Naturalisten, sie versahren vielmehr durchaus poetisch.
Es gibt wirkliche Dichter unter ihnen, die darum nicht aushören, wirkliche Maler zu bleiben.
Völlig modern in ihrem Bestreben des Einfachsehens, des Redueirens, des Zusammenfassens ins
Grosse, sprechend Klare — wie merkwürdig glücklich sind sie in diesem Bestreben! — halten sie
sich doch frei von aller gewaltsamen Modernität: Das Neue, aller Orten heiss Gesuchte fällt ihnen
von selber in den Schooss als Frucht ihrer reinen Naturliebe, ihrer Ehrlichkeit und unermüdlichen
Arbeit.
Wer es versucht, aus den Werken der Ausstellung dem Künstlerkreise selber näher zu treten,
den nimmt in erster Linie die klar, fast hart hervortretende Persönlichkeit des Grafen Leopold
v. Kalckrmth gefangen. Er gehört nicht zu den ganz Jungen; von seinem Wirken in Weimar und
München war schon Mancherlei zu hören. Auch hier in Wien haben wir schon Einiges von seiner
Kunst zu sehen bekommen. Nun hat er sich in Karlsruhe festgesetzt, sogar ein Professorat über-