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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 31.1908

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Kuzmany, Karl Michael: Jüngere österreichische Graphiker, [2]: II. Holzschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4232#0100
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die scheinbar ausgeblichenen oder verwaschenen Aquarelldrucke, welche Gusty von Becker
(geb. Wien 1879) in einem komplizierten Verfahren herstellt. Unter ihren Münchner Lehrern war
es Theodor Hummel, der sie auf diesen Weg diskreter Harmonien geführt hat. Alle ihre figuralen
Blätter haben einen leisen Stich ins Phantastische, und wie das eine mit dem in farbige Dämmerung
gehüllten Pierrot könnten alle »Im Zwielicht« betitelt werden. Die schwankenden Farbmischungen
und der nicht immer ganz kongruente Überdruck rufen jene eigentümliche Wirkung hervor, die
sich unserem Bewußtsein wie halb vergessene und aus verschiedenen Elementen bestehende

Erinnerungs-
bilder einprägt.

Ganz abseits
steht mit seiner
Kunst Karl
Anton R e i -
chel(geb.Wels
in Oberöster-
reich 1874). Sie
ist nicht leicht
zu ergründen;
den Zuschnitt
seiner Arbeiten
auf die archai-
sierendenWen-
dungen des
Franzosen Gras-
set zurückzu-
führen, streifte
nur ein ober-
flächliches
Merkmal, eben-
so der Hinweis
auf alte deut-
sche und ober-

Karl Schmoll von Eisenwerth, >Mädchen und Hund«

Nach dem Origmalfarbenholzschnitt.

italienische
Meister, deren

leuchtende
Temperafarben
hier vorbildlich
gewesen sind.
Auch an Email-
tafeln fühlt man
sich gemahnt,
da die stark be-
tonten Kontu-
ren die einzel-
nen Farben-
komplexe der
Figuren oder
Landschaften
wie die Stege
des Zellen-
schmelzes ab-
grenzen oder
wie die Ver-
bleiungen bei
Glasfenstern;
das ist es: wie
bei Glasfen-

stern sind die Farbflächen von einem jenseits glühenden Licht durchdrungen. Eine unaussprech-
liche Mystik webt in diesen primitiv hartlinig umrissenen Geschöpfen, in den halbwüchsigen
Mädchen, die naiv harmlos sind oder künftige Verruchtheit ahnen lassen, und in dem Knaben, den
man einen »Giovannino« nennen möchte, wozu der massive Heiligenschein und die asketisch dürf-
tigen Formen berechtigten. Aber den Hintergrund bildet in strenger Stilisierung eine alpine Land-
schaft, die Reichels nächste Umgebung seiner Behausung in der Nähe Salzburgs widerspiegeln mag.
Nicht mehr so mosaikartig zusammengesetzt ist die Darstellung einer Buddha-Statue, nachgiebiger
modelliert und in sanftere Farben gehüllt; darin scheint sich eine Wendung anzukündigen, denn die
schwere Süße der Vollreifen Farben, die so seltsam an die herbe Formgebung stieß, löst sich hier
zu weicheren, ausgleichenden Anschauungen.

Für Karl Schmoll von Eisenwerth (geb. Wien 1879) bedeuteten die Holzschnitte nur einen
Teil seines Schaffens. Ihnen sind die Algraphien ebenbürtig und nah verwandt, die Radierungen

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