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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 31.1908

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Kuzmany, Karl Michael: Jüngere österreichische Graphiker, [2]: II. Holzschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4232#0101
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lassen mitunter ein Thema rasch anklingen, das in einer Tafelmalerei seine Ausgestaltung findet.
Dazu beschäftigt sich Schmoll auch mit dem Kunstgewerbe und rein dekorativen Arbeiten; das
hat ja in den letzten Jahren viele der Bildermalerei abtrünnig werden lassen, zumal in dem damit
allzu reich gesegneten München, wo Schmoll seit seiner Studienzeit gewirkt hat bis zu seiner
jüngst erfolgten Berufung an die königlich technische Hochschule in Stuttgart. Ist bei Malereien,
die in einem architektonischen Rahmen sich ebensowohl durchsetzen wie einfügen sollen, vor-
nehmlich die Raumwirkung zu bedenken, so muß die geringere Fläche der Graphik, die von allem
Zusammenhang losgelöst ist, ihre Hauptabsicht auf den Rhythmus der hier mit mehr Freiheit gestal-
teten Fleckwirkung richten. Dabei vernachlässigt Schmoll in seinen Holzschnitten keineswegs die
perspektivische Tiefe, aber die Wahl der Farben neutralisiert sie. Denn alles geht in der zarten
Harmonie blasser, zumeist warmer Töne auf, daß man sich nicht körperlich berührt, sondern wie
von lyrischen Schwingungen umgeben fühlt. Es ist ein musikalisches Element darin und Romantik,
Schumann und Eichendorff, von einer sensibeln Malerseele nachempfunden. Auch die Vorgänge
selbst sind zumeist weltentrückt, und geht es einmal stürmischer zu (»Im Winde«), daß das
Gewand weht und schier hörbar flattert, so spürt man doch nur die erquickende Frische der Luft.
Kein grelles Licht, keine rauhe Jahreszeit scheint es für das glückliche Paar zu geben, das im
»Waldritt« sich in die Ferne zu verlieren scheint, an einem runden Parkbrunnen von dem
Lichterfleckenspiel eines blühenden Baumes umwoben ruht (»Das weiße Kleid«) oder in dem
»Kahlen Garten« voll Frühlingsahnen lustwandelt. Zugrunde liegt immer die von den durch-
sichtigen Farben hervorgerufene Stimmung des Friedenszaubers.

Ohne den stilistischen Zwang der Linien und ohne eine willkürliche dekorative Wahl der
Farben bringt Josef Stoitzner (geb. Wien 1884) die Landschaften aufs Papier. Ein letztes großes
Blatt zwar, die stadtseitige Fassade des Stiftes Klosterneuburg darstellend, ist grobschlächtig braun
auf blau gedruckt; aber eine gewisse Unbehaglichkeit sagt dem Beschauer, daß es ein nicht aus
Notwendigkeit entstandener Versuch sei, einmal auch das Schema auszuprobieren. Darum hält
man sich bei Stoitzner, den sein Lehrer an der Wiener Akademie Professor Rumpier vertrauensvoll
gewähren läßt, mit Genuß an seine naturfrischen Pinzgauer Bildchen. Für den geschmackvollen
»Ausschnitt« und für die technische Vorbereitung sind ihm die japanischen Farbenholzschnitte
wertvolle Helfer, aber auch nicht mehr. Mit einer andern Liebe als der zum musternd Dekorativen sind
die Baumcharaktere des Hochgebirgs und die dörfischen Häuser wiedergegeben; graue von
Schneeflecken gesprenkelte Felswände ragen wie eine ewige Mauer als Hintergrund für die zer-
rauften Äste einer Lärche oder für die auf einem Blumenteppich im Frühlingstrieb sproßenden
Birken. Der leichte, man möchte sagen luftige Farbenauftrag atmet die reine Atmosphäre der
Alpen. — Ateliernachbarn und Studiengenossen Stoitzners seit den bei Professor Kenner an der
Kunstgewerbeschule verbrachten Jahren sind die Zwillingsbrüder Hans und Leo Frank (geb.
Wien 1884). Auch sie holen sich die Motive aus den Bergtälern und von den Almwiesen; das
obere Stubai in Tirol ist ihr Revier. Doch Hans Frank fühlt sich verlockt, die Natur einem stren-
geren Stil zu unterwerfen, als er es in dem ersten dieser Richtung folgenden schönen Blättchen
(bläuliche Schwäne auf dem im Abendschein amarantroten Teich) getan. Darum legte er das
größere Flächen aus dem Holzstock hervorholende Messer aus der Hand und wandte sich dem
Verfahren des subtilen Holzstichs zu. Wie Miniaturen wirken die so entstandenen Arbeiten; vor-
trefflich sind Silberfasane in der Bewegung gegeben und doch so ruhig flächenhaft, daß der mit
Blumen und Grünwuchs gemusterte Hintergrund sich angenehm mit der Zeichnung des Tieres
verbindet.

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