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wird bis auf Dürer zurückgehen müssen, um im deutschen Holzschnitt Porträts von dieser Größe
der Anschauung zu finden.

Eine große Zahl von Radierungen übernimmt die Rolle der Handzeichnungen in Zähringers
Schaffen. Diese ausschließlich mit der kalten Nadel gearbeiteten Platten, die ganze Skizzenbücher
bilden, sind in der Tat häufig genug im Freien, vor der Natur, in fieberhafter Eile entstanden. Neben
skizzenhaften Niederschriften für das Gedächtnis stehen abgerundete Bildkompositionen, Virtuosen-
stücke neben romantisch gesteigerten Landschaftsvisionen. In der Eisbahn von Davos ist die
blitzartige Bewegung mit einem Können festgehalten, das parallel den ersten Holzschnitten, an die
französischen Impressionisten eher als an das anders gerichtete Wollen Zähringers denken läßt.
Auch auf den Radierungen erkennt man seit 1919 die zunehmende Energie einzelner Probleme,
die Körper, Licht und Raum stellen. Auf den in breiter Sonne schwimmenden Ansichten aus Murg
reizte offenbar die tiefenschaffende Kraft der perspektivisch verkürzten Mauern den Künstler, der
auf einem andern Blatt der gleichen Zeit den vollen Kubus eines Hauses auf einem durch eine
Mauerecke auf die Spitze gestellten Vordergrunddreieck balanciert oder mit einigen im Kreis
gestellten Telegraphenstangen den Raum rings um einen Turm absteckt. In den abgewogenen
Kompositionen des Bergsees und der Hügellandschaft aber, in denen er unter Verzicht auf alle
gewollten Probleme mit schlichten Mitteln dem rein graphischen Charakter der Radierung nachgeht,
erreicht er in dem klaren Bau der Kulissen und der Sammlung und Reinheit der Stimmung wahrhaft
altmeisterlichen Reiz. Zum Schluß sei noch kurz der Aquarelle Erwähnung getan, die, fast alle in
der Sammlung Stinnes in Köln verborgen, zeigen würden, wie farbig dieser Schwarz-Weiß-Künstler
die Welt sieht. Mit dem Auge seiner Zeit läßt er in kraftvollen Studien die Farben sich in ihrem
Eigenwert auswirken und steigert das Gelbrot der Herbstbäume in seiner Feuernatur, bis die ganze
Allee in Flammen zu stehen scheint. In anderen abgerundeten Blättern geht Zähringer mit leiser
Hand den zartesten Nuancen der natürlichen Farben und der Luftperspektive wie den ruhigen
Linien der flachen Hügelketten nach und erinnert in der stillen Wirkung mit den einfachen Mitteln
an die Kunst eines Kaspar David Friedrich und die in ihm erreichte Höhe deutscher Landschafts-
malerei.

Ida Ledermann.

fius
 
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