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fürchterlichen Unabänderlichkeiten des Lebens wenn schon nicht heiter, so doch gefaßt fügende
Weltanschauung, wie sie uns die besten seiner Werke offenbaren, höchst bezeichnend.

Ganz anderer Art als die bisher besprochenen Radierungen ist eine 1921 entstandene. Sie
stellt zwei nackte Frauen dar, eine sitzende, die sich das Haar richtet, und eine gebückt stehende,
die mit ihrem Fuß beschäftigt ist. Die beiden Akte sind in dunkler Rötelfarbe gedruckt, Fenster-
rahmen und -kreuze in einem kräftigen grünlichen Braun. Die Platte (circa 14 : 20 cm) ist größer als
die, von denen bisher die Rede war, auch die Akte sind großer als die anderen.

Dieses Blatt leitet insofern zu drei im Sommer 1922 in Kärnten entstandenen über, als es mehr
Naturstudie als Komposition ist. Für ein im Freien sitzendes Bauernmädchen, hinter dem zwischen
dünnen, laublosen Bäumchen Haus und Garten zu sehen sind, trifft das vielleicht noch nicht so zu,
aber die auf das Geländer einer Veranda gestützte und sich von der leeren Luft abhebende junge
Bäuerin und der hutbedeckte Kopf eines Bauernbuben, hinter dem, eines über dem anderen, die
Dächer seines Dorfes aufragen, sind beide unmittelbar vor der Natur auf das Kupfer gebracht. Die
Platte mit dem Bauernjungen ist übrigens die größte, die Sterrer bisher gebraucht hat: sie mißt
24:14 cm, während die kleinste, die Felslandschaft mit dem Liebespaar, nur 10:8 cm groß ist. An
den Kärntner Radierungen beobachten wir dasselbe wie an den entsprechenden Lithographien: die
der Natur nachgezeichneten befriedigen weniger als die der Phantasie entsprungenen.

Die Gesamtleistung aber, als die sich Sterrers kleines radiertes Werk heute schon darstellt,
zeigt ihn von einer neuen höchst anziehenden Seite, und zweifellos werden sich Freunde der
Radierung und seiner edlen Kunst mit dem Schreiber dieser Zeilen in dem Wunsch vereinen, daß
er künftighin häufiger Muße finden möge, seine Träume und Gesichte der Kupferplatte anzuvertrauen.

Arpad Weixlgärtner.



Karl Sterrer, Exlibris mit vier Kindern.

Lithographie.

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