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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Eckhardt, Ferdinand: Berliner Graphiker der Nachkriegszeit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0028
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Gestalten« (8 Lithos bei Gurlitt), Holländische Motive (7 Radgn., Euphorion-Verlag 1922) und
Berliner Impressionen (7 Radgn., Euphorion-Verlag 1924).'

Fritz Heinsheimer, geboren 1897 in Moosbach bei Heidelberg, schließt sich in der Zeichnung
seiner Lithographien etwas an seinen Lehrer Slevogt an. Neu ist aber doch die Auffassung seiner
Sportblätter »Sechstagerennen«, »Boxkampf« und so weiter, in denen er noch um einen gehörigen
Grad moderner, weniger sentimental ist als Toulouse-Lautrec, an den die Arbeiten im ersten Augenblick
erinnern. Er druckt sie meist mehrfarbig, oft mit Farben, die etwa an die Skala einer Konservenbüchse
erinnern, und gerade dadurch weiß er das Gefühlskalte, Schmissige, doch überaus Lebendige dieser
Themen besonders treffend wiederzugeben. An Mappenwerken hat er »Das Gleichnis von den
Weingärtnern nach dem Evangelium Matthäi« (Selbstverlag, 1925) und die »FischeramBodensee«
(Vereinigung für historische Kunst, Berlin 1926), beide Male je 6 Radierungen, herausgebracht.2

Vom französischen Impressionismus her kommen zwei andere Künstler. Einer von den beiden,
Hans Purrmann, geboren 1880 in Speier, hat sich nie zum eigentlichen Graphiker entwickelt, obwohl
er eine große Anzahl Blättchen geschaffen hat. Seine künstlerische Entwicklung geht von Paris
aus, im besonderen von Henri Matisse, und eine gewisse Unselbständigkeit in dieser Richtung liegt
in seiner ganzen Kunst, obwohl er ein feiner Farbenkünstler ist. Seine Radierungen, Atzungen
und Kaltnadelblätter sind durchweg auf der malerischen Wirkung kurzer Striche aufgebaut, die
eine zarte, duftige, farbige Atmosphäre ausatmen, Landschaften vom Bodensee oder aus südlicheren
Gegenden, Frauenbildnisse oder Akte. Er bezeichnet selber seine Graphiken als Gelegenheitsarbeiten,
und das macht ihn und diese Blätter so sympathisch, weil sie nicht auf einen Eigenwert pochen
wie die meist viel unbedeutenderen Arbeiten anderer Maler, die sich auch in der Radierung ver-
sucht haben, sondern einzig und allein als das bewertet werden wollen, was sie wirklich sind,
überaus liebenswürdige Skizzen einer lyrischen Stunde.

Der zweite, Rudolf Großmann, geboren 1882 in Freiburg, ist zweifellos ein Talent, verwertet
dieses aber in der Hauptsache für die geschäftliche Auswertung seiner Kunst. Aus einer an Malern
reichen Familie hervorgegangen, kommt das verwöhnte Wunderkind nach den üblichen akademischen
Umwegen nach Paris, lernt dort nicht nur die leichte, lockere Art zu malen, sondern auch das Leben
genießen und schwankt seither zwischen Gesellschaftsmenschen und Künstler. In seiner mit Litho-
graphien illustrierten Selbstbiographie »Manege des Lebens« (Gurlitt, 1922) charakterisiert er sich
selbst am besten: »Die große Ewigkeitsgeste liegt mir nicht. Ich zeichne nicht um Ruhm, sondern
weil meine Launen mich dazu zwingen. Und ich hoffe, wenn auch nicht viel mehr, so doch immer-
hin den Deutschen das Schauspiel gegeben zu haben, wie menschliches Gebaren auf spielerische
Weise und mit der Eleganz, die nichts wichtig nimmt, aber alles ergründet, ein Wesentliches und
Wichtiges wird. Wie ich vorziehe, von besten Schneidern bedient zu werden, so reizt es mich, klare
und eindeutige Linien zu ziehen und die Reflexe vielseitig von der bunten Lebenswelle zu nehmen.
So leicht wie möglich, so nebensächlich wie erdenkbar, aber dennoch: darin abgespiegelt der tiefste
Lebensgehalt. Ich ziehe vor, dies ohne Geschrei und Haltung zu tun, politischen Dingen abgeneigt
und gleichgültig, durch Ebert gleicherweise wie durch König Ludwig erheitert, zeichnend, während
ich Äpfel esse und mich mit Frauen beschäftige. Daß ich bei solcher Einstellung von dem Ernst
meiner Mission und meiner zeichnerischen Bedeutung in höchster Verantwortlichkeit überzeugt bin,
erschienedemBanausen vielleicht grotesk,demLaien pikant, demHeiligen wohl nur selbstverständlich«.
Über die Arbeitsweise Großmanns kann man sich daraus leicht ein Bild machen. DieKaltnadelradierung

1 Brieger, L. U. (Graphiker der Gegenwart. Band 9). Donath, L. U., Seine Stellung in der modernen deutschen Malerei, Berlin 1921.
Cicerone 1920, S. 771 ff. (Schwarz). — 2 Literatur: W. Kurth in Kunst der Zeit, II. Jahrgang. Heft S—9.

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