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Abb. 4. Karl Rössing, Pallas Athene führt Odysseus zur Burg des Alkinoos. Lithographie.

Aus diesem Kreis der Gesichte zorniger Ablehnung einer entwurzelten Welt flüchtet der Künstler
immer wieder in das Reich der Schönheit. Ein Blatt »Zerstörung eines reichen Lebens« (Abb. 3)
bringt dies zum Ausdruck. In einfachsten Formen sind die wunderbar beruhigenden Bildelemente
dreier Berglandschaften, Heimaterinnerungen, und zwei Frauenakte, einer in ruhigem Leuchten
gelagert, der zweite sich stehend entschleiernd, zueinander gestellt und dazwischen die Greuel
des Militarismus, des Krieges und des Straßenkampfes gesetzt.

Mehr noch als im Holzschnitt hat Rössing in der Lithographie, der er sich besonders in den
letzten zwei Jahren wieder zuwendet, diese Richtung der Flucht in die Welt der Antike und in die
Goethesche Walpurgisnacht gepflogen. Auch in seinem lithographischen Werk haben noch die
zürnenden Auseinandersetzungen mit der Umwelt in grimmigen Karikaturen nachgeklungen und
Blätter von Daumierscher Wucht daraus entstehen lassen. Dann wieder einzelne Blätter ruhender
und sitzender Akte, wie er solche auch im Holzschnitt in früheren Jahren geschaffen. Immer wieder
aber steigt die Welt der klassischen Schönheit vor seinen sehnsüchtigen Augen empor und drängt
nach Gestaltung. Die Irrfahrt des göttlichen Dulders Odysseus erlebt er in Visionen, in denen sich
der antiken Welt moderne Bildelemente verweben. So in dem schönen Blatt »Pallas Athene führt
Odysseus zur Burg des Alkinoos« (Abb. 4), Odyssee, 7. Gesang, Vers 19 — 31:

»Da begegnet ihm Zeus blauäugige Tochter Athene. Wie ein blühendes Mädchen mit einem Wassergefäße

Stand sie nahe vor ihm.«

Wie anders hätte diesen Vorgang der mit dem ganzen Winckelmann belastete Akademiker des
vorigen Jahrhunderts gestaltet. Das griechische Haus und Kostüm genau nach dem Jahrtag a. Chr. n.,

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