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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Haberditzl, Franz Martin; Schwarz, Heinrich: Beiträge zum Werke von Carl Schindler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0082
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an den feindlichen Linien. In keinem anderen
Werk kommt Schindler der Dämonie seines großen
Vorbildes Gericault so nahe wie in diesem meister-
haften Aquarell. Es verkörpert die letzte Phase
seiner künstlerischen Abstraktion. Die Reihe der
Werke Schindlers, die bereits bekannte Motive
variieren, verwenden oder vorbereiten, beschließt
ein kleines Aquarell, auf dem neben der Figur
eines Husaren eine Bildnisstudie des Langenauer-
Offiziers erscheint, der auf dem Ölgemälde »Der
Wachposten« (Kat. Nr. 20 und 92) dargestellt ist.

Die Reihe der bisher noch gänzlich unbe-
kannten Studien und Improvisationen eröffnet
eine, zwei aquarellierte Federzeichnungen umfas-
sende Folge, die in Schindlers früheste Schaffens-
periode zurückführt. Wie die meisten Werke dieser
Zeit behandeln auch diese beiden Aquarelle
Themen aus den Tagen derNapoleonischen Kriege,
ein französisches und ein österreichisches Heer-
lager (Abb. 6). Um 1836 entstanden, zeigen sie
neben den Anregungen, die Carl Schindler vor-
nehmlich von den französischen Militärlithogra-
phen empfing, noch unverkennbar den Einfluß Abb. 7. Carl Schindler, Menagefassung. Aquarell. 1S39. 17-5 : 12*5.

seines Vaters und Lehrers Johann Schindler und Nacl,Iaß Graf Siegfried w"^ffen-

seines Vorbildes Johann Nepomuk Höchle, von dem er sich in den folgenden Jahren befreit, und
gehen in Komposition und Formengebung auf die »Abbildungen sämtlicher k. k. österreichischer
Truppen« zurück, die Johann Schindler gemeinsam mit Höchle und Stubenrauch für Artarias
Verlag zwischen 1818 und 1829 schuf. Die Blätter enthalten gleichsam eine dichtgedrängte
Übersicht über alle Waffengattungen der beiden Armeen. Der jugendliche Künstler, ganz erfüllt
von dem Reichtum solcher militärischer Darstellungen, glaubt noch die bunte, farbenprächtige,
vielfältige Welt des Militärs im engbegrenzten Raum zweier Zeichnungen umfassen zu können.
Die Darstellung des österreichischen Biwaks übertrifft durch ihre frische Lebendigkeit und
durch die genauere Kenntnis der Uniformierungen das Gegenstück mit der französischen Lager-
szene und weist den Weg, den Schindler in seiner künftigen künstlerischen Entwicklung beschreitet.
Auch das 1839 entstandene Aquarell mit den menagefassenden Soldaten (Abb. 7) behandelt eine
Lagerszene. Der Tambour, die Trommel am Rücken, die Schlägel am Riemenzeug versorgt, in jeder
Hand einen Laib Brot, kommt, begleitet von seinem Hund, der im Maul die eben gefüllte Feldflasche
trägt, von der Feldküche, drei andere Soldaten eilen im Hintergrund mit Brot und Menageschalen
bepackt zu ihren Ubikationen. Schindlers Humor, der sich nur in einigen wenigen köstlichen Schöp-
fungen bildhaft entfaltete, sucht auch in dieser Darstellung aus dem Soldatenleben nach Ausdruck.
Aber der vormärzliche Publikumsgeschmack, der immer wieder erzählendes Genre verlangt und
schließlich durch diesen Konflikt zwischen Wort und Bild gänzlich verflacht, begnügt sich nicht
mehr mit Humor, sondern fordert die Drastik derberer Spässe, der selbst Schindler in Aquarellen,
wie dem menagefassenden Tambour, nachgibt.

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